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Special - Grand Theft Auto V - Gastkommentar : GTA-V-Gewalt: die Sicht eines Vaters

  • PS3
  • X360
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Die Hersteller liefern sich ein Wettrennen um Tabubrüche, nur um den nächsten Verkaufsrekord einzufahren. Und die Medien als klassisches und freies Kontrollmedium opfern jede Verantwortung für ein paar mehr Klicks in der Bildergalerie und für ein paar Views eines Videos, das die härtesten Gewalt- und Sexszenen unreflektiert und unkommentiert darstellt. Eine kritische Auseinandersetzung mit den Inhalten der aktuellen Computerspielgeneration findet praktisch nicht statt.

Bleibt also das Thema „Elternverantwortung“ und „Medienkompetenz“. Jede kritische Diskussion um Gewaltinhalte in Medien wird aktuell mit dem gleichen Argument beendet: Die Verantwortung, was die Kinder konsumieren, liegt bei den Eltern. Sie sollen den Zugang kontrollieren oder wenn sie den Zugang gewähren oder eben nicht kontrollieren können, die Jugendlichen begleiten und erklären, was dort passiert. Das klingt auf den ersten Blick gar nicht so dumm und kommt meinem Verständnis von Erziehung auch relativ nah.

Und da sitze ich nun und schaue mir den aktuellen Gewaltlevel in Spielen und auch in anderen Medien an – einige Spiele schaue ich mir nur an, um mir selbst eine Meinung über kritische Szenen bilden zu können: Foltersequenzen, dramatische Todesszenen, cineastisch und dramaturgisch extrem fordernd für den Spieler und Zuschauer. Und ich schaue „Breaking Bad“ und „Game of Thrones“, die als die besten Serien aller Zeiten gefeiert werden und eine Gewaltdarstellung bieten, die ich als Erwachsener kaum aushalte. Und führe in meinen Gedanken Gespräche mit meinem Sohn – wie erkläre ich ihm diese Inhalte? Ganz ehrlich, mir fällt dazu absolut nichts Passendes ein: Die Macher proklamieren, es sei mal Satire, mal wichtig für die Dramaturgie, mal unerlässlich für die Darstellung des Charakters. Ich schaue mir das dann an und denke mir: Das ist nichts anderes als stupide Gewaltpornografie.

Und dann denke ich mir: Wie weit werden wir das Rad noch drehen? Welches Tabu brechen wir als nächstes, welche Grenze überschreiten wir im nächsten Spiel, in der nächsten HBO-Serie? Ich bin nicht bereit, mein persönliches Empathieempfinden der aktuellen Medienentwicklung anzupassen: Ich breche regelmäßig Spiele ab, wenn mir die Darstellungen zu grob werden. Auch wenn die Medien „Breaking Bad“ zur besten Serie des Jahrtausends wählen, werde ich mir nicht freiwillig anschauen, wie ein Mensch in einem minutenlangen Todeskampf mit einem Bügelschloss erwürgt wird. Eine Konsequenz, die man natürlich einem Erwachsenen zutrauen kann. Wie man das heranwachsenden Kindern und Jugendlichen beibringen soll, die medial unter Dauerbeschuss stehen und von einem Hype zum nächsten gehetzt werden – ich habe keine Ahnung.

Was ist nun das Fazit aus all diesen Überlegungen? Zum einen: Jugendschutz in Deutschland ist nicht existent, USK-Einstufungen sind praktisch wertlos, kritische Medieninhalte sind flächendeckend verfügbar, Eltern haben in der modernen Medienwelt kaum eine Chance, ihre Kinder vor irgendwas zu schützen. Und zum anderen: Die Eltern stehen vollkommen alleine da. Von Machern, Medien und Politik ist keine Hilfe zu erwarten. Die Macher werden sich nicht mäßigen, für die Medien ist der Hype um die Produkte aus vielerlei Gründen überlebenswichtig und die Politik sieht aktuell keinen Handlungsbedarf. Der einzige Weg, den ich derzeit als Vater sehe, ist, meine ethischen Grundwerte nicht aufzugeben – mit allen Konsequenzen, die das für meine Kinder nach sich zieht. Das wird leider oft dazu führen, dass mich mein Sohn als ziemlich uncool wahrnehmen wird, aber so ist es dann eben.

Noch ein letzter Punkt, der immer gerne als Totschlagargument angeführt wird: „Es ist doch am Ende alles nur ein Spiel und nicht real“. Ja, bin ich dabei, unterschreibe ich, und ja, wir sollten unseren Kindern schon ein bisschen was zutrauen in der Bewertung von Medieninhalten. Allerdings fordere ich dafür auch ein kleines Zugeständnis von der „Gegenseite“ ein: Medienkonsum beeinflusst Menschen – für Filme, Musik und Bücher ist das akzeptiert und es gibt genügend gute und auch bittere Belege dafür in der Menschheitsgeschichte. Es wird Zeit, dass wir diesen Fakt auch für Computerspiele akzeptieren. Ich als Vater und nach wie vor begeisterter Spieler würde mir wünschen, dass alle Beteiligten – Hersteller, Medien und Konsumenten – zu einem verantwortungsvolleren und auch kritischeren Umgang mit dem noch jungen Medium Computerspiele finden. Zeit wird’s.

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