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Special - Grand Theft Auto V - Gastkommentar : GTA-V-Gewalt: die Sicht eines Vaters

  • PS3
  • X360
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Vor ein paar Tagen ist hier an gleicher Stelle ein Artikel erschienen, in dem ein Lehrer seine Erfahrungen mit Spielen wie GTA V beschrieben hat – ein viel gelesener, viel kommentierter Bericht, der bei Lesern und auch bei vielen Medienkollegen Beachtung gefunden hat und der uns allen gezeigt hat, welchen immensen Generationsproblemen wir aktuell gegenüberstehen. Die Redaktion hat daraufhin gefragt: Wie sehen die Eltern diese Probleme? In allen aktuellen Diskussionen werden sie als der zentrale Schlüssel zur Medienerziehung genannt – aber ist es wirklich so einfach? Ein paar Antworten eines überzeugten Spielers und begeisterten Vaters.

(Wie immer der übliche Hinweis: Die hier veröffentlichte Meinung ist die persönliche des Autors und spiegelt deshalb nicht zwingend die Meinung der Redaktion wider.)

Also ein Spieler aus Überzeugung – eigentlich ist das schon etwas untertrieben. Vor 25 Jahren habe ich zur Jugendweihe in der damaligen DDR als wahrscheinlich einziger Jugendlicher im Warschauer Pakt meine Geldgeschenke in einen KC 87 von Robotron gesteckt – und das, obwohl die Optionen Stereokassettenrekorder und Moped bei den Mädels in der Klasse deutlich mehr Eindruck gemacht hätten. Ein abgebrochenes Informatikstudium und endlose durchgespielte Nächte später habe ich mein Hobby zum Beruf gemacht: Zehn Jahre lang war ich Redakteur in einem der größten deutschen Fachverlage für Computerspielmagazine. Und heute arbeite ich in der Spiele-Industrie als Manager – ich gestalte also die Dinge, die mich damals so gefesselt und begeistert haben. Mit ganzem Herzen kann ich sagen: Ich mag Computer- und Videospiele.

Ich liebe Spiele mit guten Geschichten und starken Charakteren und in den vergangenen 20 Jahren habe ich sicherlich mehrere Tausend Spiele quer durch alle Plattformen mit Begeisterung gespielt. Seit 2008 bin ich nun auch Vater eines Sohns, mit dem ich zusammen gerade ganz langsam anfange, die große bunte Welt der Videospiele zu entdecken. So viel zur Vorgeschichte – was haben also nun ein grau melierter Spieleveteran und sein fünfjähriger Sohn zur aktuellen Problematik, wie sie so treffend im eingangs erwähnten Artikel  skizziert wurde, beizutragen?

Steigen wir mal gleich mit der richtig dicken Keule ein: Ich spiele Call of Duty, Tomb Raider sowie GTA V und muss mich dabei ganz ernsthaft fragen: Haben die Entwickler noch alle Latten am Zaun? Der dargestellte Gewaltlevel in aktuellen Top-Produktionen hat sich in den letzten Jahren geradezu dramatisch verändert. Wurde vor wenigen Jahren bei kritischen Szenen noch „virtuell abgeblendet“, sehe ich jetzt Lara gepfählt im Abgrund hängen oder ich zerfetze das Gesicht meines Gegners aus nächster Nähe mit einer 45er. Call of Duty versucht jedes Jahr aufs Neue, mit einem Tabubruch in der Gewaltdarstellung noch eins draufzusetzen: Hinrichtung, Atombombe, Folter, die berüchtigte Flughafenszene und in GTA V muss ich nun eine armselige Pixelwurst gleich mehrfach foltern, um eine Geheimdiensthinrichtung zu legitimieren.

Fast meine ganze berufliche Karriere in der Spielebranche habe ich gegen diese unsäglichen Killerspieldiskussionen angekämpft – mein Hobby und Beruf wurde jahrelang hart attackiert von Leuten wie Christian Pfeiffer und Manfred Spitzer, von den Redaktionen von „Frontal 21“ und „Hart aber fair,“ aber auch von vielen konservativen Politikern. Alle geeint in der Kernaussage: Computerspiele machen dumm, süchtig und gewalttätig. Und immer habe ich mich in die erste Reihe gestellt, habe die Spiele verteidigt, die kritischen Berichte in Artikeln, Foreneinträgen, persönlichen Gesprächen zerfetzt. Und nun?

Nachdem wir über Jahre wie Rottweiler mit Beißreflex alle kritischen Diskussionen niedergekämpft haben, sind wir heute an einem Punkt, wo die kritische Auseinandersetzung mit Computerspielen und ihren Inhalten kaum noch stattfindet. Die Lösung aller Probleme heißt „USK 18“. Die Spiele sind für Erwachsene gemacht, somit ist alles erlaubt – einfache und saubere Lösung, perfekter Jugendschutz. Mit der Realität hat das allerdings wenig zu tun: Die Eltern sollen die Kinder vor Inhalten, die ungeeignet sind, schützen oder den Kindern und Jugendlichen „Medienkompetenz“ beibringen.

Fangen wir mit dem „Schutz“ an: Das aktuelle Jugendschutzsystem ist aus meiner persönlichen Sicht als Vater ein Witz. Ein USK-18-Titel wie GTA V wird auf alle freien Kanälen massiv beworben. Alle Computerspielmagazine berichten rund um die Uhr mit Artikeln, Bildern, Videos. Auf YouTube gibt es Let‘s Plays vom gesamten Spiel in Tausenden Variationen. Alle diese Inhalte sind für Kinder und Jugendliche frei zugänglich. Keine Frage: Das Problem existiert praktisch für alle kontroversen und problematischen Medieninhalte und gehört nicht exklusiv der Computerspielecke. Aber was mich als Vater wirklich ankotzt: Da kämpft eine ganze Industrie über Jahre um Anerkennung und heute zeigt kaum einer der Beteiligten die Verantwortung, die er über Jahre eingefordert hat.

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