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Test - Street Fighter 6 : Lang lebe der neue Klopp-König!

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Moment mal, GTA- und RPG-Elemente in einem Street Fighter? Hat bei Capcom jemand zu oft einen Uppercut gegen die Kauleiste bekommen?! Vielleicht. Aber wir machen keine Scherze: Die sogenannte World Tour schickt euch tatsächlich in eine offene Spielwelt mit reichlich Haupt- und Nebenquests, unglaublich vielen Kämpfen und einem speziellen Humor.

Zunächst baut ihr euch einen Charakter im Editor – von der Frisur bis zum Oberschenkelumfang dürft ihr alle möglichen Parameter einstellen. Nach einer kurzen Einführung werdet ihr schließlich auf Metro City – die Stadt aus dem Capcom-Klassiker Final Fight – losgelassen. Und damit beginnt die Prügel-Party! Im Vorbeigehen quatscht ihr alle möglichen Leute an und fordert sie zum Zweikampf heraus. Zack, wechselt der Bildschirm in die typische Seitenansicht, und ihr kloppt das anfängliche Fallobst in den Asphalt. 

Zu Beginn nutzt ihr nur die Angriffe von Luke, der euer Mentor ist. Im weiteren Verlauf der Geschichte trefft ihr aber auch die anderen Kämpfer aus dem Roster und könnt zu ihrem jeweiligen Stil wechseln. Es sieht vielleicht etwas eigenartig aus, wenn eine 100-Kilo-Kante grazil wie Chun-Li durch die Gegend tänzelt, aber funktionieren tut es.

Dicke Backen für die Oma

Eine freie Charakterentwicklung sieht der Modus allerdings nicht vor. Ihr seid stets auf den aktuell ausgerüsteten Stil festgelegt. Wählt ihr Blanka, entsprechen eure Bewegungen und Angriffe genau den seinen. Personalisieren könnt ihr lediglich eure Special Moves, und das auch nur mit entsprechendem Charakter- und Story-Fortschritt. Die ersten Stunden gestalten sich darum etwas zäh. Mit wenigen Angriffen verprügelt ihr Schulmädchen, Büroangestellte im feinen Zwirn, Imbissbuden-Besitzer, Feuerschlucker und sogar Omas. Optisch mag das irgendwo zwischen witzig und fragwürdig liegen, doch spielerisch sind diese Auseinandersetzungen komplett belanglos. Wichtig daran ist vor allem der Zugewinn von Erfahrungspunkten, mit denen ihr euren Avatar in verschiedenen Bereichen wie Schlagkraft und Verteidigung verstärkt. 

Erfüllt ihr (vor dem Kampf einsehbare) Sonderbedingungen der Marke “Lande drei Niederschläge”, winken regelmäßig Items und Klamotten als Belohnungen. Energy Drinks oder Ramen bringen verlorene Kräfte zurück. Dagegen sorgen Caps, Pullis, Hosen und mehr für zusätzliche Verbesserungen eurer Werte. Weil sich über Geschmack trefflich streiten lässt, könnt ihr komplett ausgeflippt gekleidet herumlaufen oder nur die Boni nutzen – eine entsprechende Option verhindert in dem Fall, dass ihr den Gegenstand tatsächlich an eurer Figur seht. Ideal für alle, die ihren geliebten Maßanzug keinesfalls gegen ein schlabbriges Shirt eintauschen möchten. Zusammen mit der Möglichkeit, gezielt bei Händlern einzukaufen, habt ihr bald einen prall gefüllten Kleiderschrank. 

Story? Welche Story?!

Aber warum haut ihr überhaupt drölftausendsiebenhundert Leute um? Welcher Sinn steckt dahinter? Nun, ihr wollt wahre Stärke erreichen. Das war’s schon. Ja, es gibt eine Art Hauptquest mit wechselnden Schauplätzen – sogar in ferne Länder führt sie euch kurzzeitig. Doch was ihr dabei macht und seht, ist immer zumindest leicht bekloppt. So zappelt ihr in Brasilien als grauenhaft verkleidetes Blanka-Double durch den Dschungel, während am Strand von Jamaika ein heißes Tänzchen mit Dee Jay ansteht. Wieso, weshalb, warum? Keine Ahnung. Zumal diese Passagen oft nur wenige Minuten dauern. 

Deutlich mehr Zeit verbringt ihr in Metro City, aber auch hier steht Ulk der besonderen Art ganz oben auf der To-do-Liste. Unter anderem fälscht ihr eine Handtasche, haut Lkws klein und prügelt euch ständig mit der Mad-Gear-Gang, deren Mitglieder Pappkartons auf dem Kopf tragen. Wollt ihr von einem Hausdach aufs andere gelangen? Nutzt einfach Chun-Lis Spinning Bird Kick, um den menschlichen Helikopter zu mimen. Diese skurrilen Momente reißen nicht ab.

Damit dürfte Capcom jedoch ein primäres Ziel verfolgen, nämlich vom eintönigen Spielverlauf abzulenken. Leider gelingt das nicht. Neue Techniken, bessere Attribute und stärkere Kontrahenten ändern nichts am Gefühl, immer das Gleiche zu machen: herumlaufen, quatschen und ganz viel kloppen. Das kommt einer Tretmühle gleich: Nur wenn ihr praktisch keinem Fight aus dem Weg geht, ist euer Charakter stark genug, um es mit den richtig dicken Brocken aufzunehmen. 

Präsentiert ist das alles in einer mittelmäßigen Grafik. Egal, wie ihr euren Charakter auch anzieht und entwickelt: Hübsch sieht er oder sie niemals aus, sondern eher wie die Kreation aus einem frühen PS4-Rollenspiel. Leider seid ihr damit in bester Gesellschaft, denn die Einwohner respektive Gegner wirken optisch ebenfalls nicht taufrisch. Umso mehr fallen nachladende Texturen und Pop-ups auf. Einige hübsche Ecken und manch bekloppt aussehender Gegner halten euch jedoch bei Laune. 

An wen richtet sich die World Tour also? An alle, die kruden Humor mögen und noch dazu richtig scharf sind auf Erfahrungspunkte, T-Shirts und andere Errungenschaften, die das viele Prügeln mit sich bringt. Die spielerischen und grafischen Qualitäten von Street Fighter 6 kommen aber erst in den anderen Modi zur vollen Entfaltung.

Draufhauen und Spaß haben

Der Fighting Ground beinhaltet den Arcade-Modus mit wahlweise fünf oder zwölf Duellen, Versus-Kämpfe allein oder im Team und das Special Match, bei dem ihr Regeln und Gimmicks selbst festlegt. So müsst ihr beispielsweise vorgegebene Aktionen ausführen und dabei einem aggressiven Stier ausweichen, der permanent durch die Arena rennt. Je nach gewählter Konstellation rangiert das Erlebnis zwischen fordernd, witzig und chaotisch – und ist damit wie gemacht für den Schlagabtausch mit Freunden auf der heimischen Couch.

Seid ihr Gelegenheitszocker und beschränkt euch auf die Offline-Modi, könnt ihr einfach zum Controller greifen und drauflos prügeln. Das fällt im neuen Teil sogar leichter als jemals zuvor: Dank der Steuerungsvariante “Modern” löst ihr diverse Special Moves ganz entspannt per Tastendruck aus. Jedoch ist nur eine Handvoll Aktionen für jeden Charakter auf diese Weise verfügbar, sodass die neue Methode nicht zum Cheat-Code verkommt.

Spielbar sind insgesamt 18 Charaktere. Aus früheren Teilen bekannt sind Ryu, Ken, Chun-Li, Blanka, Dee Jay, Cammy, E. Honda, Zangief, Dhalsim, Guile, Juri und Luke. Billige Kopien aus vergangenen Spielen sind sie aber nicht, sondern bringen sowohl klassische Moves als auch neue Angriffe mit. Auch kleidungstechnisch probieren die Haudegen etwas Neues aus: So trägt Ken neuerdings einen Mantel, Blanka rollt mit einer Latzhose ins Feld und Guile schlüpft in ein Jeans-Outfit. Letzten Endes wissen Street-Fighter-Veteranen trotzdem, was sie mit den jeweiligen Charakteren bekommen, denn an ihrer Grundausrichtung hat sich kaum etwas verändert. 

Street Fighter 6 - World Tour Gameplay & Avatar Battle Trailer

Für das neue Beat'em-Up wurde nun auch ein Charakter-Editor angekündigt; zudem wurde viel Gameplay - auch mit den individuellen Charakteren - gezeigt.

Für frischen Wind sorgen vor allem die neuen Figuren. Zwar lässt sich auch bei ihnen relativ viel über Viertelkreisdrehungen auslösen. Aber bis ihr die Reichweiten und Effekte der verschiedenen Manöver verinnerlicht habt, vergehen einige Stunden. Marisa gleicht einer antiken Gladiatorin und setzt auf heftige Faustschläge mit großer Reichweite, die jedoch relativ langsam ausfallen. Dagegen agiert die jugendliche Lily ausgesprochen flink, doch ihre Aktionen treffen hauptsächlich auf kurze Distanz. Nochmal anders spielt sich JP: Der ältere Herr im feinen Zwirn setzt neben seinem Gehstock auch Portale ein, um Stacheln heraufzubeschwören und sich durch die Arena zu teleportieren.

Ebenfalls neu ist der Grafikstil. Etwas dunklere Farben, detailliertere Gesichter und Kostüme, definierte Körper mit sichtbaren Muskelpartien und vergleichsweise realistische Stages heben sich klar vom Comic-Stil des fünften Teils ab. Ein wenig erinnert die kühlere Aufmachung an die Grafik der jüngeren Tekken-Spiele. Geblieben ist die Qualität der Animationen: Vom einfachen Schlag bis zur komplexen Combo sieht alles enorm geschmeidig aus. Viele Feinheiten, darunter schmerzverzerrte Gesichter nach einem Treffer, fallen erst in der Wiederholung auf. 

Der richtige Drive

Leicht zu lernen, aber schwer zu meistern – dieser alte Grundsatz der Reihe gilt auch für Street Fighter 6. Diesmal ist es das Drive-System, mit dem sich Fortgeschrittene und Profis auseinandersetzen müssen. Die entsprechende Leiste wird einfach durch erfolgreiche Angriffe aufgefüllt. Anschließend kann die gesammelte Energie auf verschiedene Arten eingesetzt werden: Mit dem Drive Impact durchbrecht ihr die gegnerische Offensive, der Drive Reversal startet nach einem Block den Gegenangriff und der Drive Parry wehrt alle eingehenden Attacken ab.

Dank hilfreicher Tutorials habt ihr die Grundzüge des Drive-Systems bald verstanden. Danach beginnt die Arbeit, denn in Kombination mit den unterschiedlichen Kämpferinnen und Kämpfern, ihren mächtigen Super-Arts-Attacken, diversen Cancels und weiteren Feinheiten tun sich viele Möglichkeiten in der Offensive und Defensive auf. Kurzum: Ausgiebiges Training muss sein, um das Drive-System richtig einzusetzen. 

Eure Fortschritte stellt ihr im Online-Modus namens Battle Hub auf die Probe. Dessen Aufmachung gleicht einer riesigen Spielhalle: Mit eurem Avatar aus der World Tour lauft ihr herum und setzt euch an einen der zahlreichen Street-Fighter-6-Automaten, um zu kämpfen. Findet sich gerade kein Kontrahent, könnt ihr die Wartezeit mit einer Trainingsrunde überbrücken.

Sobald jemand bei euch einsteigt, beginnt das Match – und damit nicht selten eine ordentliche Abreibung. Weil Filterfunktionen für das Matchmaking fehlen, seht ihr euch regelmäßig Leuten gegenüber, gegen die ihr als Anfänger oder Gelegenheitszocker (zunächst) keine Chance habt. Ohne Frusttoleranz und Lernbereitschaft könnt ihr allein auf euer Glück beim Matchmaking vertrauen. Spürbare Lags blieben bei unseren Testpartien auf dem europäischen Server glücklicherweise eine Seltenheit. Niederlagen waren darum fast durchweg der Klasse unserer Gegner geschuldet – oder dem eigenen Unvermögen.  

Ach ja, einen Shop mit Kostümen, Emotes und mehr gibt es in Street Fighter 6 auch noch. Die dafür notwendige Währung könnt ihr freispielen; alternativ kauft ihr euch die kosmetischen Extras mit Euro.

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