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Test - Roguebook : Der neueste Geniestreich vom Erfinder von Magic: The Gathering

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Was macht eigentlich Magic-Erfinder Richard Garfield in letzter Zeit? Wer beim Entrümpeln der alten Magic-Kartensammlungen über diese Frage gestolpert ist, der findet mit Roguebook die Antwort. Denn da hat Garfield seine Finger mit im Spiel, und mit den Faeria-Machern von Abrakam steht ihm ein erfahrenes Studio in Sachen Deckbuilder-Spiele zur Seite. Warum der auf den ersten Blick wenig innovative Genre-Mix ein echtes Wohlfühl-Rogue-like ist, verraten wir in unserem Test.

“Neuer Lauf”, das sind die Worte, die euch zu Beginn des Spiels immer wieder antreiben werden. Diese neun Buchstaben sollen unseren Welttorhüter nicht etwa motivieren, sich gefälligst mehr zu bewegen, sondern sie begründen den Beginn eurer Reise durch das Roguebook - und zwar immer und immer wieder. Denn ihr werdet mindestens so oft sterben, wie ihr wieder von vorne beginnt. Rogue-like eben, nur in einem Buch, mit Karten, aber nicht Magic: The Gathering oder Hearthstone, sondern eher Faeria, aber zugänglicher. Hui, was für eine Mischung! Aber geht das überhaupt alles gleichzeitig?

Oh nein, schon wieder ein Rogue-like?!

Wenn es um das Thema Rogue-likes geht, scheiden sich die Geister. Die einen genießen den hohen Schwierigkeitsgrad, die Belohnungsspirale und das zumeist pixelige Indie-Gameplay. Die anderen sind von Frustmomenten genervt, von uralt-retro-Optik gelangweilt und sehnen sich nach weniger zermarternder Kost für entspannte Abende.

Roguebook kann beide Lager versöhnen. Zugegeben, es ist in der Tat spielerisch ein Faeria-Klon mit Slay-the-Spire-Anlagen, in dem ihr Angriffs- und Abwehrkarten in rundenbasierten Kämpfen zückt und einen vierköpfigen Haufen bunter Charaktere jeweils zu zweit durch die märchenhafte Spielwelt bewegt. Neue Karten craftet oder findet ihr unterwegs, werdet nebenher mit Storyschnipseln beworfen und wenn dann doch mal alles schiefgeht, geht’s eben von vorne los.

Das, meine lieben Kartenfreunde und Garfield-Fans (nicht der mit der Lasagne natürlich) - das ist nur der erste Blick. Auf den zweiten Blick blendet Roguebook alle unangenehmen Elemente des Rogue-like-Genres aus, wie beispielsweise Frust und Trial-&-Error, und verpasst dem Deckbuilder-Aspekt auch noch den ein oder anderen interessanten Twist. Und das fängt schon bei der Spielwelt an.

Malen nach (Hex-)Zahlen

Ähnlich wie der spirituelle Vorgänger Faeria setzt Roguebook auf eine von den Entwicklern als “living game board” bezeichnete Spielwelt. Im Roguebook besteht die Spieloberfläche aus kleinen Hex-Feldern, von denen zunächst nur ein recht linearer Pfad zum Endboss eines Kapitels eingezeichnet ist. Alle anderen Hexfelder sind derweil noch nicht ausgemalt. Ja, ihr habt richtig gelesen, man muss die Spielwelt erst vollständig ausmalen, damit man sie ungehindert bereisen kann - ihr solltet also euren inneren Rembrandt wecken (keine Angst, so arg wird’s nicht).

Mit Pinsel und Farbe im Anschlag werden Stück für Stück mehr Hex-Felder aufgedeckt, Geheimnisse offenbart und neue Karten für das eigene Deck gefunden, das so ziemlich flott anwächst. Unterwegs stellt ihr euch Kämpfen, die auf der Karte eingezeichnet sind. Wer das nicht will, malt sich einen Weg drum rum. Allerdings belohnen euch die Karten-Fights mit mehr Pinselpower, Farbe zum Aufdecken weiterer Hexfelder oder zusätzlicher Kohle, die ihr im Shop für weitere Karten und Power-ups ausgeben könnt. Es gilt also abzuwägen, ob man lieber pazifistisch unterwegs ist oder als Artefakte jagender Entdecker durchs Buch ziehen will.

Vor und zurück und vor ...

Frischer Wind weht in Roguebook vor allem in den Kämpfen. Garfield und Abrakam bringen mit einer Positionsmechanik eine spaßige Idee mit in das gewohnte Deckbuilder-Konzept. Immer einer eurer zwei gewählten Charaktere steht auf dem Kampffeld in vorderer Reihe, während der andere Charakter entsprechend hinten auf dem Spielfeld verweilt.

Je nachdem, welche Karten auf der Hand sind und wie viele Mana-Kristalle ihr noch zur Verfügung habt, kann man die Position der Charaktere tauschen und damit strategische Vorteile erwirken. Die vielseitigen, mit visuellem Detailreichtum und witziger Vertonung versehenen Gegner greifen nämlich - bis auf wenige Ausnahmen wie bspw. Bossgegner - immer den vorderen Charakter an. Diesen mit dem hinten stehenden Helden zu tauschen, ist deshalb wichtig, weil auf diese Weise beide Figuren nicht nur den Schaden untereinander aufteilen, sondern auch ihre Stärken individuell ausspielen können.

Aurora kann sich beispielsweise einmal pro Kampf vollständig heilen und ist damit ideal als Tank in vorderster Reihe geeignet. Sharra hingegen dient eher als Glaskanone, die in der Front deutlich zu viel Schaden nimmt und mit der ihr deshalb sehr vorsichtig vorgehen müsst. Zum Glück sind unter den etwa 50 Karten, die jeder Charakter mit ins Spiel bringt, immer wieder Karten dabei, mit denen ihr ein stetiges Vor und Zurück spielen könnt - natürlich nur, wenn euer Mana das auch hergibt. Das lädt sich in jedem Zug wieder auf, ganz ähnlich wie in Hearthstone, und lässt euch einen strategischen Nachteil so auch ziemlich schnell wieder drehen.

Einige eurer Karten erzielen ihren Effekt außerdem nur dann, wenn sie beispielsweise aus der hinteren Position gewirkt werden, andere sind wiederum nur an der Front dienlich. Zusätzliche Begleiter, die sich ebenfalls per Karte ausspielen lassen, unterstützen den Wechsel der Position mit nützlichen Boni wie beispielsweise Blutungs-Schaden oder Heilung und sorgen damit für ein sehr abwechslungsreiches Kampfgeschehen.

Das dynamische Hin und Her zwischen der Front und der hinteren Position verleiht den Kämpfen zusätzlich die Geschwindigkeit, die man bei strategischen Kartenspielen wie Hearthstone oder auch in Faeria oft vermisst und die letztlich für deutlich mehr Kurzweil in den Fights sorgt. Das Kampfsystem ist eingängig, sodass auch Deckbuilder-Novizen schnell durchsteigen und sich Erfolge zügig einstellen. Sicher, Garfield ist hier nicht der große Innovationswurf gelungen, den braucht es aber auch gar nicht. Die Kämpfe in Roguebook machen mit ihrem flotten Platztausch auch so jede Menge Spaß - und das auch noch nach 20 oder sogar mehr Spielstunden.

Das Wohlfühl-Roguelike

Euch stört das spröde Indie-Gefühl, das viele Roguelikes von kleineren Spieleschmieden ihr Gameplay nennen? In Roguebook müsst ihr euch darüber keine Sorgen machen, denn die Spielmechaniken greifen in Abrakams Deckbuilder ebenso geschickt ineinander, wie es in den offenkundigen Vorbildern Faeria, Slay the Spire oder Roguelikes wie Darkest Dungeon der Fall ist. Alle Animationen laufen butterweich ab, versprühen märchenhaften Charme und stören auch nicht mit Pixeloptik oder lästigen Bugs.

Weil alles so herrlich rund läuft, verliert man sich schon nach kurzer Zeit in der liebevoll inszenierten Welt des Buches und vergisst in den packenden Kämpfen beinahe, dass Spannung, Nervenkitzel und Geschwindigkeit in Roguebook durch das simple rundenbasierte Auslegen von Karten generiert wird. Dazu gesellt sich eine fast kindliche Freude, die einen bei der strategisch motivierten Erkundung der malerischen Spielwelt überkommt und die in Roguelikes zumeist etwas zu kurz kommt, weil der plötzliche Tod hinter jeder Ecke lauert.

Der Schwierigkeitsgrad schließt sich dieser butterweichen Spielerfahrung an. Zu keiner Zeit überfordert Roguebook mit seinen Mechaniken, die alle grundlegend einfach und zumeist bereits aus zahlreichen anderen Deckbuildern bekannt sind. Wer im Buch dann doch mal das Zeitliche segnet, der scheitert nicht an einem zu hohen Schwierigkeitsgrad, sondern weil das Kartenglück nicht mitgespielt hat oder man auf die falschen Karten- oder Charakter-kombinationen gesetzt hat. Mit jedem neuen Run hat man dann auch wieder die Wahl der Charakter-Kombination, Kartenzusammensetzung und des Weges, den man sich erpinselt - und kann versuchen, aus den Fehlern der Vergangenheit zu lernen.

Erfahrungspunkte und dauerhaft freischaltbare Power-ups vergibt das Spiel übrigens unabhängig davon, ob man überlebt oder nicht. Schon alleine daher fühlt sich Roguebook deutlich weniger bestrafend an als andere Roguelikes. Fortschritt ist zudem spürbar, schon in den kleinsten Nuancen. Wenn man die ersten permanenten Perks für seine Charaktere freigeschaltet hat, geht es deutlich zügiger durch die Kämpfe und auch die Spielwelt lässt sich großflächiger aufdecken.

Zwischen den Zeilen …

Nun, da steht leider nicht ganz so viel, wie manch einer erhoffen mag. Wer das Roguebook nach spannenden Heldensagen durchwühlt, dem sei an dieser Stelle gesagt: falsches Buch. Für eine gute Geschichte bitte in Richtung Darkest Dungeon oder Hades abbiegen. Die Story hinter Roguebook ist so platt wie ein Blatt Papier. Das mag für die meisten Spiele ein hartes Urteil sein, für Roguebook ist dies aber nebensächlich.

Roguebook - Launch Trailer

Richard Garfields nächster Streich ist der Rogue-like-Deckbuilder Roguebook, der euch in ein märchenhaftes Zauberbuch entführt.

Die liebevolle Welt schafft es auch ohne nennenswerte Story sehr schnell den Wunsch im Spieler zu wecken, tiefer in das Buch einzutauchen, um weiteren Worten aus dem anthropomorphen Mund unseres Dachs-Mentors Naddim lauschen zu können oder eines der zahlreichen mysteriösen Geisterwesen zu treffen, die das Buch beleben. Die gesamte Atmosphäre generieren Garfield und Abrakam zwar bunt und verspielt, aber zu keiner Zeit kindisch oder gar albern - mehr wie ein Märchen mit einer wohl dosierten Portion Action.

>> Immer und immer wieder: Die 10 besten Roguelike-Games <<

Die Märchenwelt schafft einen angenehmen Sog, der vor allem durch Kleinigkeiten erzeugt wird. Öffnen unsere Gefährten ein Tor auf der Spieloberfläche, dann schieben sich die Riegel des Tores in einer kleinen, liebevoll animierten Sequenz auseinander und geben erst dann den weiteren Weg frei.

Das Gleiche gilt für Gespräche mit den illustren Charakteren in der Buchwelt: Jeder Dialog, und sei er noch so klein und möglicherweise unwichtig, wird mit markanten Details in Szene gesetzt, wie das schelmische Zwinkern Naddims oder die mürrischen Töne Seifers, die dem Buch einen spürbaren Hauch von Leben einflößen. Nötig wäre all das freilich nicht, doch es vermittelt das Gefühl, immer wieder auf kleine Aufmerksamkeiten seitens der Entwickler zu stoßen, die allesamt zu einem sehr stimmigen Spielerlebnis beitragen.

Roguebook erschien am 17. Juni für PC, eine Version für Switch, PlayStation und Xbox soll später erscheinen.

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