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Special - Videospiele in der Therapie : Videospiele als Medizin?

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Interview mit dem Schlaganfallpatienten H. P.

Der Schweizer H. P. ist 72 Jahre alt und erlitt vor sechs Monaten einen Schlaganfall. Nach einem längeren Aufenthalt im Basler Kantonsspital ist er nun in der Reha Rheinfelden in Behandlung.

Gameswelt: Sie benutzen Videospiele als Teil ihrer Therapie. Spielen Sie außerhalb der Therapie ebenfalls solche Spiele?

HP: Nein.

GW: Was für Videospiele benutzen Sie in der Therapie hauptsächlich?

HP: Ich spiele Tennis und Bowling in Wii Sports. Daneben mache ich Reaktionsübungen am Computer, aber das sind keine Spiele im eigentlichen Sinne. Zum Beispiel eine Software, bei der man mittels PC-Maus und Tastatur Ballons abschießen muss. Damit trainiere ich meine Hand-Augen-Koordination.

GW: Welchen Teil nimmt Wii Sports in Ihrem Trainingsablauf ein?

HP: In meiner Therapie gibt es einen Abschnitt, der Eigentraining heißt. Ich darf dort auswählen, mit was ich üben will. Ich benutze in dieser Zeit häufig Videospiele, um meine Reaktionsfähigkeit und meine Beobachtungsgabe sowie die Hand-Augen-Koordination und die Geschwindigkeit zu verbessern.

GW: Was waren Ihre ersten Gedanken, als Sie vernahmen, dass Sie in der Therapie ein Videospiel spielen sollten?

HP: Ich war völlig überrascht. Ich fand dann aber schnell, dass ich das ausprobieren wollte. Ich merkte bald, dass mir die Videospiele viel bringen, speziell Tennis. Ich habe als junger Mann selbst diese Sportart ausgeübt. Die alten Reflexe vom Tennis konnte ich wieder abrufen, das Tennisspiel auf Wii ist ziemlich präzise. Man kann die Präzision wirklich gut üben.

GW: Dann war es für Sie also nicht unangenehm, Videospiele in der Therapie zu nutzen?

HP: Im Gegenteil.

GW: Haben Sie vorher schon einmal gehört, dass Videospiele im medizinischen Bereich für Therapien eingesetzt werden?

HP: Das war für mich etwas völlig Neues. Mich überrascht es, dass Videospiele nicht häufiger eingesetzt werden. Denn ich sehe es bei meinen Mitpatienten, wie beliebt die Spiele sind. Einige meiner „Kollegen" nehmen sogar einen Therapeuten mit und spielen mit ihm gemeinsam das Tennis- oder das Bowling-Spiel - manchmal während der Trainings, manchmal aber auch in der Freizeit. Die Videospiele sind außerdem bei den Therapeutinnen und Therapeuten eine beliebte Freizeitbeschäftigung.

GW: In Videospielen geht es ja oft darum, eine besonders gute Leistung zu erbringen. Es gibt Highscore-Listen, Levels und so weiter. Spielen solche Aspekte in der Therapie ebenfalls eine Rolle?

HP: Aber sicher, man will sich ja ständig verbessern. Ich möchte schließlich, dass meine Reflexe so gut werden wie vor der Erkrankung. Das geht sehr gut, denn man bekommt im Spiel mit den Highscore-Listen sofort ein Feedback, ob man wirklich besser war.

GW: Kennt sich das Personal gut mit Videospielen aus?

HP: Das ist unterschiedlich, es gibt aber immer zwei bis drei Experten, die bei Fragen hinzugezogen werden. Es war also nie so, dass ich nicht mehr weiterwusste und blöd dastand. Es war immer jemand dabei, der mir sagte, was ich im Spiel tun sollte.


Wii Fit

GW: An welchem Punkt im Reha-Prozess wurden Videospiele bei Ihnen eingesetzt?

HP: Das kam relativ spät. Ich bin der Meinung, es würde viel bringen, wenn man die Spiele bereits früher einsetzen würde. Vor allem um den Ablauf der Motorik und der Reflexe zu verbessern. Speziell wenn man die kranken Körperteile, in meinem Fall den linken Arm, den ich fast nicht mehr einsetzen kann, intensiver einbeziehen würde. Ich weiß aber nicht, was man diesbezüglich im Spiel programmieren müsste.

GW: Hat es Sie gestört, dass die Präsentation der Figuren und Schauplätze in Wii Sports sehr kindlich ausfällt?

HP: Überhaupt nicht. Wichtig ist ja, dass man die entsprechenden Felder gut trifft. Was für Figürchen im Spiel drin sind, das ist egal. Als Verbesserung würde ich aber vorschlagen, dass man Roger Federer oder andere bekannte Tennisprofis ins Spiel implementiert, das würde es vielleicht aufwerten. Und Federer wäre sicher froh, wenn er etwas für Geschädigte und Behinderte tun kann.

GW: In Wii Sports gibt es noch andere Sportspiele. Haben Sie diese ebenfalls ausprobiert?

HP: Nein. Boxen hätte ich gerne gespielt, denn ich habe früher 20 Jahre lang geboxt. Aber das geht nicht wegen meiner Behinderung am linken Arm. Das hätte vielleicht Reflexe wieder hervorgebracht. Golfen habe ich schon ausprobiert. Das fand ich auch ganz amüsant. Ich und mein Therapeut haben dabei Striche auf den Boden gemalt, um den Abschlagspunkt möglichst genau zu bestimmen und so hohe Punktzahlen zu erreichen.

GW: Haben Sie negative Aspekte beim Einsatz von Videospielen in der Therapie miterlebt?

HP: Absolut keine.

GW: Glauben Sie, Sie werden nach der Therapie weiter Videospiele wie beispielsweise Wii Sports benutzen?

HP: Ich werde noch ein paar Sachen spielen. Sicher Wii Sports, aber noch andere. Zum Beispiel um die Merkfähigkeit zu fördern. Das Gedächtnistraining, Memory-Software und solche Dinge.

GW: Haben Sie Unterschiede bei den Patienten bemerkt, was die Beliebtheit von Videospielen angeht?

HP: Ja. Diejenigen Patienten, die über eine hohe Intelligenz verfügen, ließen sich in der Regel viel schneller auf Videospiele ein. Es gibt außerdem Leute, die mit Videospielen nichts anfangen können, weil sie für ihre Behinderung einfach zu schwierig sind.

GW: Vielen Dank für das Interview und gute Besserung.

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