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Special - Unabhängige Helden : Der Abstieg der Indie-Götter

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    Kennt man alles schon

    Hollywood hat Ende der 60er-Jahre eine ähnliche Entwicklung durchgemacht: Gelangweilt von den ewig gleichen Großproduktionen der etablierten Movie-Monstrositäten haben sich immer mehr Kinogänger Independent-Produktionen zugewandt. Damals wanderten die für eine professionelle Produktion nötigen Werkzeuge in immer erschwinglichere Preisregionen. Die Folge war eine ganze Generation junger Regisseure, die ohne den Schulterschluss mit großen Studios aktiv werden konnte. Zu dieser Generation zählten heute große Namen wie Dennis Hopper, Francis Ford Coppola, George Lucas und Steven Spielberg.

    Doch wie die Spielebranche heute reagierte auch Hollywood fix: Die Nachwuchstalente wurden rasch rekrutiert und durften von da an mit viel kreativer Freiheit günstige Produktionen für die großen Verleihfirmen drehen. Produktionen, die sich wie Indie-Filme anfühlten, aber längst keine mehr waren. Filme wie "Easy Rider" oder "Der weiße Hai". Der Rest ist Geschichte: Die Kleinen von damals wurden zu den Großen von heute. Aus den Indies wurden Majors.

    Die Parallelen zur aktuellen Indie-Bewegung im Spielesektor sind überdeutlich: Hat ein Medium eine gewisse Größe erreicht, dann kommt es zwangsläufig zur Palastrevolution, in deren Verlauf sich eine Horde junger Kreativer von den eingefahrenen, aktuell geschwächten Strukturen lösen will. Doch letztlich trägt man durch diese Bemühungen meist nur dazu bei, die verhassten Ketten am Ende noch fester zu schmieden.

    Frühe Indie-Hits wie Limbo haben den Hype um die Kleinststudios losgetreten: Die meisten bestachen durch stilsichere Reduktion, retrospektive Zitate und einen knackigen Schwierigkeitsgrad.

    Zugegeben: Die Verfügbarkeit einfacher, digitaler Vertriebswege hat die Rechnung geändert. Aber die damit einhergehende ständige Verfügbarkeit stärkt zugleich ein Bewusstsein der Gleichgültigkeit. Der kleine Indie-Film oder das kleine Indie-Spiel, das man eben noch großartig fand und das man so begeistert auf Facebook verlinkt hat … das hat man fünf Minuten später schon wieder vergessen. Auf diese Weise entsteht eine Beliebigkeit, die den Tod fast jeder Nachhaltigkeit bedeutet.

    Es sei denn, man hätte genug Geld, um sich mittels Marketing immer und immer wieder ins Gedächtnis des Publikums zu rufen. Und das eigene Produkt mit einer haptischen Erfahrung zu flankieren, für die Kleinststudios nach wie vor die Mittel fehlen: ein Produkt in der Box. Denn im Zeitalter der zunehmenden digitalen Distribution sind limitierte Editionen gefragt wie nie. Die Fans wollen Figuren, Artbooks, gedruckte Weltkarten, schicke Boxen und andere wertige Dreingaben. Etwas, das bleibt. Etwas, das die Erinnerung an das Gespielte auch dann noch weckt, wenn der Titel längst wieder von der Festplatte gelöscht wurde.

    Auf diese Weise an die Emotionen und das haptische Bedürfnis des Kunden appellieren zu können, ist nach wie vor den Firmen vorbehalten, die entweder schon groß sind oder aber durch ihren Erfolg zumindest schnell genug groß werden. Siehe Rovio: Das Angry-Birds-Imperium ist zwar wieder im Schrumpfen begriffen, doch Geld gescheffelt wird hier vor allem mit Fan-Artikeln, mit Vögeln und Schweinen zum Anfassen. Piep-Piep und Grunz-Grunz für Kuschel-Kuschel.

    All das spricht für eine Independent-Bewegung, die zwar niemals ganz verschwinden wird, die ihre Hochzeit aber schon wieder hinter sich hat: Die Ära des großen Hypes ist vorbei – die Indie-Hexenmeister sind nach einigen fetten Jahren wieder in der Realität gelandet. Nur wenige haben den Aufstieg in den Olymp geschafft. Doch die großen Hersteller sind nicht geschwächt, sondern sogar gestärkt aus dieser Entwicklung hervorgegangen. PS4 und Xbox One haben wieder die Lust aufs Blockbuster-Spiel geweckt.

    Trotzdem wird sich eines nie ändern: die Lust auf die sprichwörtliche Möhre und die Hoffnung darauf, zumindest einmal herzhaft abbeißen zu dürfen. So lange wird es auch Indies geben, die es immer wieder versuchen. In diesem Sinne: Guten Appetit!

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