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Special - Unabhängige Helden : Der Abstieg der Indie-Götter

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    Das Modell des Indie- oder Self-Publishings war eine Palastrevolution im großen Stil: Gefeiert wurde die Entkoppelung vom Modell des AAA-Publishers – das Sprengen kreativer Fesseln und die Emanzipation des Machers vom Verkäufer. Doch inzwischen hat sich der Rauch des Aufstands wieder verzogen. Das, was von den Guerilla-Truppen der Angreifer übrig geblieben ist, hat oft ordentlich an Idealismus eingebüßt. Eine Entwicklung, die abzusehen war.

    Menschen mögen Helden. Überlebensgroße Figuren, die ihre Werte verteidigen oder die auf beispielhafte Art die Träume leben, die man gerne selbst verwirklichen würde. Umso beliebter ist die Sorte Held, die aus unserer Mitte kommt. Helden zum Anfassen, deren Werdegang man nachvollziehen kann. Lieber Batman als Superman. Der ist wenigstens ein Mensch.

    Auch in unserer realen Welt gibt es solche Götter, Halbgötter und Ikonen: Sie besitzen die Superkräfte des Intellekts, der Sportlichkeit, der Prominenz, des Reichtums, der Illustration, der Programmierung, des Komponierens oder irgendeines anderen Attributs beziehungsweise Talents, das sie vom restlichen Feld ihrer Disziplin abhebt.

    Ob Schauspieler, Comic-Zeichner, Bestseller-Autor oder eben Spielentwickler: Überlebensgroße Figuren gibt es überall. Je bodenständiger ihr märchenhafter Aufstieg in den Olymp des Erfolgs einst begonnen hat, desto näher fühlen wir uns diesen "Superhelden des realen Lebens". Der vermeintliche Selfmade-Millionär ist uns lieber als der superreiche Fatzke, der mit dem sprichwörtlichen goldenen Löffel geboren wurde.

    Indie-Erfolg aus Deutschland: Beatbuddy von den Threaks konnte nur mit Gründerzuschüssen realisiert werden.

    Das Modell "vom Tellerwäscher zum Millionär" ist die moderne Variante des Aschenputtelmärchens und des mittelalterlichen Ritterschlags und das Mantra "jeder kann es schaffen" ein wesentlicher Bestandteil der westlichen Zivilisationskultur. Es ist die sprichwörtliche Möhre, die man uns vor die Nase hält, damit wir ewig weitertraben.

    Jeder will mal, jeder darf mal

    Kaum verwunderlich, dass mit zunehmender Verbreitung und Prominenz unseres verspielten Mediums immer mehr junge Nachwuchsentwickler an die spieleaffinen Hochschulen und Fakultäten drängen. Mit Heißhunger der Möhre hinterherhecheln. Deutschland macht da keine Ausnahme: ob Games Academy, MD.H oder die Hochschule in Trier. Ob staatlich, öffentlich oder privat. Auch hierzulande springen immer mehr Institute auf den fahrenden Games-Zug auf und bieten die passenden Studiengänge oder Ausbildungen.

    Wer hier abgeht, der hat den Bachelor, den Master oder irgendein anderes Zertifikat. Ist beglaubigter Spieleprofi mit der Lizenz zum Programmieren, Illustrieren, Modellieren, Designen, Musizieren. Und nicht selten hat er während seiner Ausbildung Gleichgesinnte kennengelernt. Hat beim ausgiebigen "Networking" ein Team formiert, das oft auch nach dem Abschluss zusammenbleibt und den Schritt in die Selbstständigkeit wagt, weil man das nächste Minecraft erschaffen will. Oder Braid. Oder Fez. Oder Limbo.

    Ein ECHTER Indie-Titel: Das mit dem RPG Maker umgesetzte A Bird Story punktet vor allem mit seiner herzergreifenden Geschichte.

    Das sind die Spiele, die den Indie-Hype einst losgetreten haben. Ihre Erfinder und Ingenieure waren es, die auf strahlenden weißen Rössern über die damals noch frisch gepflasterten Datenautobahnen der Download-Stores galoppiert sind, um die Welt zu verändern und die Großen in die Knie zu zwingen. Sie haben mit ihrem Vorstoß in ein ausgesprochenes Machtvakuum gedrängt, als die Spielerschaft von den alternden Konsolen und den immer selben Blockbuster-Spielen gelangweilt war. Hungrig war auf etwas Neues. Genau das haben ihnen die Indie-Entwickler gegeben: neue Spiele und neue Spielkonzepte.

    Vor allem aber gaben sie ihnen einen Traum: den Traum von einer Welt, in der alles möglich ist. In der auch die Kleinen große Erfolge landen können – ohne Entwicklerhundertschaften, millionschwere Marketing-Etats oder gigantische Vertriebsstrukturen im Rücken. Das Modell vom kleinen unabhängigen Team, das mit nichts als seiner Kreativität und Energie einen gigantischen Erfolg landet – das beschwört Bilder aus der Gründerzeit unseres Hobbys herauf. Als eine wilde Horde aus jungen Träumern noch erdbebenartige Schockwellen durch die Entertainment-Branche geschickt hat. Als alles greifbarer erschien, nachvollziehbarer und weniger abstrakt. Als Erfolge nicht in erster Linie den Marketing-Architekten zu verdanken waren, sondern den Entwicklern selbst. Und ihren Fans.

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