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Test - Moto GP 21 : Die Formel 1 für Motorräder

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Entwickler Milestone versoftet alles, was zwei Räder hat, und knausert dabei nicht. Wer das Glück hatte, eine PS5 oder Xbox Series abzugreifen, kann inzwischen gleich drei Motorrad-Rennspiele für die neue Konsolengeneration genießen. PC-Spieler natürlich auch, aber es ist durchaus bemerkenswert, wie konsequent Milestone Next-Gen-Kunden bedient. Nach Allerwelts-Motorrädern und Motocross sind nun die Zweiradgeschosse des Profirennsports an der Reihe. Was bringt Moto GP 21 auf die Waage?

Jedem Tierchen sein Pläsierchen könnte glatt Milestones Firmenmotto sein. Drei Motorrad-Rennspiele erschienen jüngst aus diesem Hause. Zuerst der grobe Rundumschlag mit Gran-Turismo-Ambitionen namens Ride 4. Das erschien zwar schon im Herbst 2020, doch dank des Next-Gen-Updates vom Januar sieht es nun besser aus denn je. Monster Energy Supercross beglückt derweil alle Stunt-Suchtis, denen Schlamm und Matsch nicht hoch genug spritzen kann. Fehlt nur noch die Profiserie Moto GP, die ab heute mit dem 2021er Ableger bedient wird.

Moto GP ist die Königsklasse des motorisierten Zweiradrennsports, quasi die Formel 1 auf zwei Rädern, wenn auch nicht so berühmt oder beliebt. Im Fernsehen reißt sich jedenfalls keiner so richtig um Lizenzen, darum überträgt der österreichische Red-Bull-Hofsender Servus TV die komplette Saison auch in Deutschland.

Doch an Spannung fehlt es dem Sport sicher nicht. Piloten, die mit 300 Stundenkilometern auf einem Plastikbock über den Asphalt jagen und sich in Kurven mehr als 45 Grad dem Boden zuneigen, müssen Eier aus Stahl haben. Oder lebensmüde sein. Oder beides. Knochenbrüche nach einem Sturz sind jedenfalls keine Seltenheit. Diese Woche erst stürzte der Spanier Jorge Martin im Training, was für ihn wohl ein paar Wochen Zwieback lutschen im Krankenhaus bedeutet.

Go with the Flow

Wie hart so eine Moto-GP-Karriere ist, vermittelt das zugehörige Spiel absolut unzweifelhaft. Das ist hartes Brot für Anfänger. Und selbst Veteranen, die länger nicht gespielt haben, brauchen eine gewisse Eingewöhnungszeit. Sanft bremsen, langsam in die Kurve, schnell wieder raus, im richtigen Winkel hineinfahren, möglichst gerade die Kurve verlassen – das sind Standardregeln des Rennsports. Doch auf einem Motorrad mutieren sie zum Evangelium nach Knochenmarkus, denn wenn jemand aus der Reihe tanzt, von der Ideallinie abkommt, zu spät oder zu heftig bremst, dann sind Kollisionen inklusive Stürze garantiert.

Es gibt zwar alternative Herangehensweisen an Kurven, wie auch eine Kampflinie, aber die meiste Zeit über muss man sich strickt an einen Flow halten, der einen idealen Kurveneinschlag bei höchstmöglicher Geschwindigkeit garantiert. Diesen Flow zu finden, ist die erste Hürde beim Einstieg, daher ist es nicht ratsam, gleich mit der höchsten Rennklasse zu beginnen.

Wie bei den früheren Umsetzungen darf man sich in den unteren Klassen Moto GP 2 und 3 auf langsameren Motorrädern an die Eigenheiten des Hochgeschwindigkeit-Motorradfahrens herantasten. Wie früh muss sich der Fahrer in die Kurve legen? In welchen Situationen kann die Hinterradbremse nützlich sein? Und wenn, dann wie lange, ohne dass der Bock zu schlingern beginnt? Wo überholt man am besten?

Nun gut, so viel langsamer sind die Zweiradgeschosse in den unteren Klassen auch nicht, aber leichter und besser zu beherrschen. Im Verlauf eines Rennwochenendes mitsamt all seinen Trainings- und Qualifikationseinheiten gewinnen selbst blutige Anfänger genug praktische Erfahrung für erste Erfolgserlebnisse. Klar, vom Bock fliegen wird dadurch nicht auf magische Weise verhindert, aber wenn man die halbstündigen Trainingsphasen voll ausnutzt und die Rückspulfunktion sinnvoll einsetzt, erkennt man in den meisten Fällen, woran es hakt.

Trotzdem sei betont: Moto GP ist für Anfänger ein Brocken. Die Lernkurve ist steil, selbst in der Moto-GP-3-Klasse, und der Anspruch steigt stetig. Völliger Automatismus durch Gewohnheit, wie ihn so manch andere Rennsim ermöglicht, stellt sich nie ein, da so ein Motorrad aufgrund seines geringen Gewichts und der einzelnen Gleichgewichtsachse viel empfindlicher reagiert als ein Auto. Ein gutes Beispiel wären Hügel auf der Fahrbahn. Eine aufsteigende Strecke erschwert die Sicht auf die nächste Kurve, Abfahrten bergen hingegen die Gefahr eines ungewollten Sprungs oder der Gewichtsverlagerung auf das Vorderrad. Man hat immer das Gefühl, einen Drahtseilakt auf einer Zweiradrakete zu vollziehen.

Im Ausgleich dafür lässt der Anspruch nie Langeweile aufkommen. Milestones Sim offeriert zwar Optionen, mit denen die Zügel ein wenig lockerer gespannt werden, beispielsweise bei der Interpretation der Strafen. Dennoch kommt nie auch nur ein Hauch Arcade-Lässigkeit auf. Siehe etwa das Thema: Egal ob man nur fünf Runden fährt oder ein Rennen authentisch im vollen Umfang nachstellt, der Benzinvorrat ist immer so knapp, dass man ihn durch ein vorausschauendes Gasgeben einteilen muss. Wer zu hart Stoff gibt (und in Konsequenz wieder zu hart bremst) steht am Ende ohne Sprit auf der Strecke und scheidet aus – oder muss einen zeitraubenden Boxenstopp einplanen, der die Chance auf einen Podiumsplatz vernichtet. Anfängern sei deswegen geraten, den simulierten Spritverbrauch vorerst abzuschalten.

Evolution statt Revolution

Aber wie steht es denn um den Wert für Könner? Lohnt sich die neue Auskopplung für Leute, die das 2020er Gegenstück gekauft haben? Nun, das liegt im Auge des Betrachters und hängt auch ein wenig von der gewählten Plattform ab.

Ähnlich wie die beliebte Formel-1-Umsetzung aus dem Hause Codemasters bringt Moto GP in seinen jährlichen Updates nicht viel Neues mit. Es geht um eine sanfte Evolution mit stetigen Verbesserungen und – wie sollte es anders sein – aktualisierten Lizenzen für Strecken und Piloten. Solltet ihr einen der Vorgänger gespielt haben, dann wisst ihr, was euch erwartet. Etwa eine volle Karriere mit dem (geplanten) Ablauf der 2021er Saison, Klassik-Szenarios auf alten Maschinen und klassischen Kursen, Time Trail, Online-Rennen ...

Das Übliche eben. Abseits kurzer Ladezeiten sowie kleiner Grafik-Aufbesserungen (schärfere Schatten) und der konstanten 4K-Auflösung bei 60 Bildern pro Sekunde und HDR-Kontrasten, die auf den Next-Gen-Konsolen offenbar zum neuen Standard mutieren, gibt es wenig zu vermelden. Aber das Wenige hat durchaus Gewicht.

Siehe beispielsweise die Einführung der Strafspuren. Gebt ihr beim Start zu früh Gas oder leistet euch einen anderen schweren Fehler, so müsst ihr einen Umweg in einer besonders engen und nur langsam befahrbaren Schleife – der Long Lap Penalty Lane – in Kauf nehmen. Gewisse Trainingsaufgaben zwingen euch sogar dazu, diese zusätzliche Außenschleife kennenzulernen. Ein minimal übersichtlicheres HUD mitsamt klareren Indikatoren zur Reifenabnutzung und schnellem Zugriff auf elektronische Helferlein gehört ebenfalls dazu.

MotoGP 21 - Gameplay-Trailer

Im Trailer seht ihr Gameplay zum Next-Gen-Jahrgang von MotoGP 21.

Im Großen und Ganzen ändert sich aber nicht viel. Selbst die Menüs und kurzen Einspieler zwischen den Rennen, in denen Race-Babes die Piloten per Sonnenschirm vor einem Hitzschlag bewahren, wurden direkt vom Vorgänger übernommen. Am grafischen Detail hat sich also wenig getan. Sogar so wenig, dass einige LOD-Übergänge und Schattenkaskaden auf der PS5 noch immer auf demselben niedrigen Niveau rangieren wie auf der PS4 Pro.

Aber immerhin: Der DualSense-Controller der PS5 wird sinnvoll eingesetzt. Die adaptiven Trigger vermitteln anhand ihres Widerstands ordentliches Gefühl für Gas und Bremse. Allerdings fällt das Feedback nicht so umfangreich aus wie bei Ride 4. Erstaunlicherweise gibt der Controller so gut wie nichts weiter, wenn man über eine klapprige Curb brezelt oder wenn man stürzt. Da wäre mehr möglich gewesen.

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