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Test - Arcane: League of Legends : Warum Arcane selbst für MOBA-Muffel ein Hit ist

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The Witcher hat schon eine, Castlevania auch, nun ist League of Legends an der Reihe: Die Rede ist von einer eigenen Serie. Und was Riot Games und Netflix da mit Arcane abgeliefert haben, ist nichts weniger als ein richtiger Hit geworden. Vom Franchise-Untertitel des MOBAs sollte sich aber niemand abschrecken lassen: Diese Serienpraline ist für Gamer und Nicht-Gamer gleichermaßen zu genießen!

Wer bisher die Ausrede vorgeschoben hat, Arcane: League of Legends nicht zu schauen, weil man das namensgebende MOBA nicht kennt oder keine Lust auf LoL habe, der sollte tunlichst seine Vorbehalte loswerden. Denn mit dieser Ausrede verpasst man die beste animierte Serie der letzten Jahre, große Erzählkunst und ein spannendes Universum, von dem die meisten vermutlich nicht einmal wissen, dass es existiert.

 

Um eines vorweg zu nehmen: Ich habe zwar League of Legends gespielt, aber noch nie einen Plan von der komplexen Lore des Spiels, die man sich mühsam in Storyschnipseln und Beschreibungen zusammenklauben muss - zumindest bis zuletzt nicht. Trotzdem (oder gerade deshalb) habe ich Arcane genossen. Die clevere Story, bildhübsche Animationskunst und coole Charaktere machen die Serie selbst für League-Muffel zu einem Must-Watch.

Nicht schwarz, nicht weiß

Im Zentrum der Geschichte stehen zwei ungleiche Schwestern, Vi und Powder, die in den verdreckten Slums der Fortschrittsstadt Piltover leben. Zhaun, so heißt die Unterstadt, wird von ruchlosen Banden, durchgeknallten Wissenschaftlern und brutalen Verbrechern regiert und ist daher definitiv kein guter Ort, um Kinder aufwachsen zu sehen. Vi trotzt der Unterstadt als draufgängerische Anführerin einer kleinen Bande, während Powder als Anhängsel der Truppe mehr im Weg zu stehen scheint, als ihr zu nutzen - schon alleine aufgrund ihres Alters von nur sieben Jahren. Dafür wird sie von den anderen Kindern als „Jinx“ bezeichnet, ein schlechtes Omen für Beutezüge also.

 Während einer dramatischen Auseinandersetzung werden die beiden Schwestern auf tragische Weise getrennt und finden sich auf unterschiedlichen Seiten eines uralten Konfliktes wieder: Die Stadt Piltover trachtet mit magischer Kraft und dem cleveren Geist ihres Senators Jayce nach Wohlstand, während sich Zhaun aus der Dunkelheit erhebt und seinen Platz an der Sonne einfordert. Zwischen den Machtkämpfen geraten Vi und Powder bisweilen unter die Räder – so weit sogar, dass Powder sich gänzlich in die durchgeknallte Jinx verwandelt. Korruption und Hass wüten zwischen Ober- und Unterstadt, und im Schatten der Magie kommt es sogar zu politischen Zerwürfnissen innerhalb der Senatsstrukturen Piltovers. Freunde werden zu Feinden, Verbündete zu Liebschaften und jede der fein ausgearbeiteten Figuren vereint mehr hinter sich, als nur die eine gute oder böse Zielsetzung.

 Dass sich die Serie so viel Zeit mit dem Entwurf ihrer Charaktere nimmt, sorgt für eine enge Bindung mit dem Zuschauer und echtes Verständnis für die Wünsche, Vorhaben und Ängste der Figuren. Zu keiner Zeit wirken Jayce, Vi und die anderen Champions eindimensional oder platt entworfen. Vis Hoffnung, ihre Schwester wieder zur Besinnung zu bringen, äußert sich beispielsweise in einem ständigen Zwiespalt zwischen der Sehnsucht nach der gemeinsamen Vergangenheit und der Realität, in der Jinx schon lange nicht mehr die kleine Powder ist.

 

Besonders an der Figur des wissenschaftlichen Assistenten Viktor lässt sich erkennen, mit wie viel Bedacht die Autoren der Serie, Christian Linke und Alex Yee, ihre Charaktere ausstaffiert haben. Viktors Herkunft, stammt er doch selbst aus der Unterstadt und hat sich mit brillantem Geist hoch nach Piltover gearbeitet, steht immer wieder zwischen ihm und seinem Freund Jayce. Einerseits treibt Viktor den Fortschritt magischer Technologie für Piltover voran, andererseits erliegt er den Verlockungen der skrupellosen Unterstadt und verletzt den moralischen Kodex der Wissenschaft gleich mehrfach. Viktor ist keiner von den Guten, kein Verbrecher, kein Moralapostel und doch mit einem moralischen Kompass ausgestattet, der ihn mit seinem Schicksal in der Geschichte hadern lässt.

 Diese Vielschichtigkeit in der Persönlichkeit der Charaktere sorgt für eine tiefgründige Auseinandersetzung mit den Figuren und nicht einfach nur dafür, dass eine Geschichte abgespult wird, die eigentlich mit jeder austauschbaren Gestalt bemannt werden könnte. Das macht die Origin-Story besonders sehenswert, ganz unabhängig davon, ob man die Charaktere zuvor kannte oder sich gänzlich unbedarft in das Abenteuer wagt.

Keine Angst vor Komplexität

Neben starken Figuren schreckt die Serie außerdem zu keiner Zeit vor anspruchsvollen Themen zurück. Schon nach wenigen Folgen wird die neunteilige Serie moralisch und in der Konstruktion ihrer Figurenzusammenhänge ziemlich komplex. Genauso wenig schwarz-weiß wie die Charaktere fällt das gesellschaftliche Miteinander aus. Auf beiden Seiten der Stadt, in Piltover und Zhaun, erleben wir als Zuschauer Momente zwischenmenschlicher Wärme, ehe im nächsten Schnitt Korruption, Hass und Hinterlist ihre hässliche Fratze präsentieren. Insgesamt fallen die Themen der Serie damit deutlich erwachsener aus, als das MOBA vermuten lässt.

 Statt breitgetretener Fantasy-Klischees über epische Schlachten und heroische Taten liefert Arcane unerwartet facettenreiche Bilder des Verlusts und nicht selten sogar verstörende Szenen, in denen man um das Leben einer liebgewonnenen Figur zittern muss oder sogar Zeuge ihres brutalen Ablebens wird. Besonders die Auseinandersetzung mit der alles zersetzenden Korruption ist mutig von Riot portraitiert - immerhin hängt mit Tencent seit 2015 ein chinesischer Großinvestor hinter der kalifornischen Spieleschmiede und der sieht solch kritische Themen meist gar nicht gerne.

Arcane: League of Legends - Dev Diary: World of Arcane

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Zum Glück feuert Arcane diese erwachsenen Themen aber nicht einfach nur der Reihe nach ab, sondern veranschaulicht damit die Vielfältigkeit der Einwohner von Piltover und Zhaun. Im Verlauf der Serie dürfen wir als Publikum stets selbst entscheiden, ob uns der Wandel eines Charakters zusagt oder ob wir davon abgeschreckt oder gar verstört werden -  Arcane selbst bewertet diesen Wandel nicht. Deshalb bleibt das Gefühl aus, man würde moralisch durch die Serie erzogen.

Mit Stift und Pinsel

Eines der herausstechendsten Merkmale von Arcane: League of Legends ist zweifellos sein markanter Zeichenstil, den das französische Studio Fortiche Production für die Serie entwickelt hat. Im Gegensatz zu den meisten Animationsserien von heute wird auf 3D-Grafik weitestgehend verzichtet. Stattdessen werden „die Hintergründe digital von Hand gezeichnet und die Texturen der Charaktere so speziell angefertigt, dass sie zu den Hintergründen passen“, beschreibt Animationsdirektor Bathelemy Maunoury den ungewöhnlichen Look der Serie.

Außerdem benutze man ausschließlich 2D-Animationen für Spezialeffekte wie Explosionen, Tränen oder Rauch, was den gemalten Look noch unterstütze und authentischen Steampunk, wie er in der Lore von League of Legends vorgesehen ist, transportiert. Besonders in emotionalen Szenen ist dem Team von Fortiche eine beeindruckende visuelle Tiefe durch diese Technik gelungen. Die Mimik hinter einzelnen emotionalen Ausbrüchen sucht derzeit seinesgleichen - selbst teure Produktionen wie Castlevania sehen dagegen alt aus. Außerordentlich auffällig ist das gerade zu Beginn der Serie: Die Gefühle der jungen Powder lassen sich authentisch aus ihren gequälten, lachenden, verweinten oder gepeinigten Gesichtszügen lesen.

Auch aus kinematographischer Perspektive ist Fortiche mit Arcane ein echter Leckerbissen in Sachen Schnitthandwerk und Bildsprache gelungen: Blenden gehen in geschicktem Zusammenspiel ineinander über, Lichtquellen dienen bisweilen als clevere Überleitungen in eine andere Szene und das Spiel aus kontrastreichen Farben verdeutlicht oftmals elegant den Konflikt einer Szene. Vis pinke Mähne steht beispielsweise nicht umsonst im starken Kontrast zur Melange ihrer Heimat, der sumpfig grünen, von rotbraunen Gasen durchzogenen Unterstadt Zhaun, immerhin rebelliert Vi gegen den Verfall Zhauns.

Arcane: League of Legends - Official Trailer

Werft einen Blick in den offizieller Trailer der Animationsserie Arcane: League of Legends.

Für Neulinge und League-Veteranen bietet dieser visuelle Stil die Möglichkeit, mehr über das Universum zu erfahren und einen Zugang zur Welt Runeterra zu erlangen. Die blassen Champions des Spiels gewinnen so an Kontur und lösen Anteilnahme und Verständnis für ihre Situation aus - oder auch das komplette Gegenteil. Ganz gleich, ob man nun Fan des Universums oder einfach nur ein Liebhaber spannender Geschichten ist, egal ob Cineast oder Freund ausgefallener Kunst - Arcane ist einen Blick aus jeder Perspektive wert.

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