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Test - The Last of Us: Part II Remastered : Das Upgrade eines Meisterwerks

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Wer hat an der Uhr gedreht? Sind denn wirklich schon dreieinhalb Jahre seit der Erstveröffentlichung von The Last of Us: Part II vergangen? Es fühlt sich nicht so an, was aber auch daran liegen kann, dass wir in unserem kollektiven Gedächtnis versuchen, die durch Beschränkungen zerpflückten Covid-Jahre zu verdrängen oder sogar komplett auszublenden. Die neue Remaster-Fassung für die PlayStation 5 streut dabei noch Salz in die Wunde, denn sie fühlt sich nicht an wie eine Überarbeitung.

Zwei Spiele der letzten Konsolengeneration hinterließen aus dem gleichen Grund einen bleibenden Eindruck: Red Dead Redemption 2 und The Last of Us: Part II. Beide bohrten den Spielerinnen und Spielern einen Dolch in die Brust, als sie versuchten, den jeweiligen Hauptdarstellern einen Funken Hoffnung zuzusprechen.

Beide wichen ab vom Wohlfühl-Gesäusel typischer Videospiel-Erzählungen, von zelebriertem Heldentum, von Handlungsbögen mit Happy End. Sie zeigten uns die hässlichen Fratzen der Realität, den Hass der Menschen untereinander und mangelnde Empathie in Begleitung von ausbleibendem Glück in einem sowieso schon zermürbenden Schicksal. Sie boten erwachsenes, in gewissen Zügen sogar an Shakespeare angelehntes Storytelling in einer Unterhaltungssparte, die auch heute noch allzu gerne als Kinderkram abgetan wird. Besonders The Last of Us: Part II schmerzt beim Spielen. Deswegen fällt es schwer, das Schicksal von Ellie und Joel ein weiteres Mal zu durchleiden.

Eine bittersüße Tortur

Spoiler-Alarm! Überspringt die nächsten beiden Absätze, wenn ihr noch nicht wisst, was im Spiel passiert.

Wer schon Bescheid weiß, kann erahnen, worauf wir uns beziehen. Es ist nicht nur der brutale Mord an Joel, der an der Seele knabbert, sondern auch Ellies sinnloser Rachefeldzug, der ihr alles nimmt, was ihr einmal etwas bedeutete. Am Ende kann sie nicht einmal mehr das fortführen, was ihr Joel in menschlicher Hinsicht als Ersatzvater mitgegeben hat. Und als ob das nicht genügen würde, muss man auch noch in Abbys Haut schlüpfen, Verständnis für ihre Seite der Geschichte aufbringen, ja sogar ihr Schicksal positiv beeinflussen. Ein Handlungs-Kloß, der mehr als nur im Hals steckenbleibt. Zeitweise meint man, an ihm zu ersticken.

Das ist eben das Faszinierende an großartigen Geschichten. Selbst wenn sie Schmerz erzeugen, sind sie doch süß und unwiderstehlich. Es ist allgemein bekannt, wie Romeo und Julia endet und welche Tragik in Hamlet zur Schau gestellt wird. Trotzdem durchleiden wir ihre Erzählungen gerne, weil sie uns bewegen. Allerdings scheiden sich die Geister an der Frage, ob uns die Geschichte von The Last of Us: Part II womöglich ein wenig zu viel abverlangt.

Geringfügige Änderungen

Zweifellos blieb die Story im Gedächtnis hängen und wurde weiterempfohlen. Andernfalls hätte das Spiel nicht unzählige Preise abgestaubt und wäre nicht 10 Millionen Mal verkauft worden. Allerdings baut ein Teil des Erfolges auch auf der spielerischen Komponente auf, die wie schon bei Teil 1 Horror, Stealth und Action vereint.

Die Flucht vor den Infizierten, das von Herzklopfen untermalte Luftanhalten, wenn sich ein Clicker an unserer Heldin vorbei zittert oder das Festbeißen am Controller, wenn man plötzlich einem Bloater gegenübersteht. Zusammen mit der Erkundung der zerfallenen Überreste der Zivilisation sind es diese spielerischen Komponenten, die den Story-Schmerz erträglich machen. Sie funktionieren wie lose gespannte Hängebrücken zwischen schwebenden Inseln. Man ist sich nie sicher, ob man wirklich unbeschadet auf der anderen Seite ankommt. Und selbst wenn, erspäht man bereits den nächsten gefährlichen Übergang.

Das Problem ist nur, dass das Remaster nichts mitbringt, was den spielerischen Teil besser oder den Handlungs-Anteil erträglicher gestaltet. Nicht einmal optisch hebt es sich merklich vom PS4-Original ab, das bereits hervorragend aussah. Ja, die PS5-Version hat eine minimal bessere Beleuchtung mitsamt schärferer Schatten, was mitunter auf der Haut der Darsteller sichtbar wird. Hier und da wurde der Farbton einer Szene ein wenig verändert, indem er von einem Grünstich in ein kälteres Blau verschoben wurde oder umgekehrt. Insbesondere bei den Rückblick-Passagen, die Ellies und Abbys Vergangenheit schildern, scheinen Pflanzen in einem noch saftigeren Farbton zu erstrahlen und ein freundlicheres, regelrecht hoffnungsvolleres Tageslicht einzufangen. Aber das sind nicht mehr als Nuancen.

Texturen, Animationen, Partikel und viele weitere zählbare Werte auf der technischen Seite haben sich derweil nicht oder nur unwesentlich verändert. Klar, es ist komfortabel, eine Wahl zwischen 30 FPS und 60 FPS bei leicht verringerter Auflösung zu haben. Auch das haptische Feedback am PS5-Controller, das bei allen Waffen einen anderen Druckpunkt fürs Abfeuern spürbar macht, kann sich sehen lassen. Niemand kann bezweifeln, dass die PS5-Fassung dem PS4-Original den Schneid abkauft, allein weil sämtliche Grafiken schärfer wirken. Das rechtfertigt am Ende aber nicht den Neukauf des Spiels für rund 50 Euro.

The Last of Us: Part II Remastered - Trailer stellt Features des Remasters nochmal vor

Das Video fasst noch einmal die Features und Neuerungen im Remaster von The Last of Us: Part II zusammen.

Streckung des Materials

Somit stellen einige wenige erweiterte Szenen das einzige Feigenblatt dar, das dem Remaster als Überzeugungshilfe bleibt. Und nicht einmal diese schaffen es, das Portemonnaie von seinen Zwiebelleder-Dämpfen zu befreien. Nicht, dass die drei verlorenen Spielabschnitte, die im Original nicht zu sehen waren, nun aber separat bewundert werden dürfen, keine interessanten Einzelheiten zu erzählen hätten. Aber ehrlich gesagt sind es doch nur gestreckte, ja sogar zu Recht gestrichene Spielpassagen, die zum Teil nicht einmal für das Remaster fertig entwickelt wurden. Entwickler-Kommentare, blanke Wände ohne Texturen und halbfertige Level-Schläuche vermitteln Making-of-Charakter, bringen dem Spielinhalt aber wenig. Schon gar nicht in einer Geschichte, die unterm Strich sowieso schon zu lang und zu ausgewalzt erscheint.

The Last of Us: Part I mag mit seinen zehn Stunden Spielzeit ein wenig zu kurz geraten sein, war aber knackiger und im Zusammenhang besser nachvollziehbar. In Part II hangelt man sich gelegentlich von einem Schauplatz zum anderen – bei vollem Bewusstsein, dass das nächste Szenario nur ein Lückenfüller sein wird.

Siehe beispielsweise die Szene, in der Ellie und Dina inmitten der überschwemmten Innenstadt Seattles in einem Gebäude festsitzen, in dem ein Bloater auf sie wartet. Würde man dieses Kapitel aus dem Spiel streichen, ginge nichts Wesentliches verloren. Auch später, in den Wäldern bei der Seraphiten-Gesellschaft, verheddert sich die Erzählung in Einzelheiten, die für das Spiel als Gesamtwerk wenig Bedeutung haben. Wenn in solchen Hängepassagen noch Haare mit der groben Axt gespalten werden, liegt die Gefahr in der Luft, eher genervt zu stöhnen als interessiert aufzuhorchen.

Kein Zurück

Schon lange vor der Veröffentlichung des Spiels wurde bekannt, dass der Multiplayer-Modus, der als Live-Service gedacht war, es nicht ins Spiel schaffen wird. Was nun aber integriert wurde, ist der Rogue-Modus mit dem Namen „Kein Zurück“. Er verfrachtet euch mit einem von zehn wählbaren Spielfiguren in ein zufälliges Szenario, das immer in einer Basis beginnt. Dort könnt ihr anhand von Fotos auf einer Pinnwand den möglichen Verlauf einer mehrstufigen Herausforderung einsehen und sogar wählen, welchen Pfad ihr nehmen wollt. Habt ihr eure Station gewählt, werdet ihr (nach einem kurzen Ladebildschirm) sofort dorthin versetzt.

Jedes Szenario setzt euch lediglich für ein paar Minuten einem Kampf aus, in welchem mehrere Wellen von stetig nachwachsenden Gegnern auf euch zukommen. Ihr müsst lediglich überleben, bis der Timer euch erlöst, habt allerdings so gut wie keine Chance, euch zu verstecken. Mal sind es Infizierte, mal gut bewaffnete Menschen, die euch ans Leder wollen. Sie alle scheinen euch quasi riechen zu können, denn selbst blinde Infizierte laufen schnurstracks in eure Richtung. Da ihr stets mit nichts als einem Messer und einer zum jeweiligen Charakter gehörenden Standardwaffe beginnt, bleibt euch erst einmal keine andere Strategie, als stetig in Bewegung zu bleiben und alles aufzulesen, was ihr in die Finger bekommt. So verteidigt ihr euch mit Mühe und Not gegen die Angreifer.

Alles, was ihr an Gegenständen gefunden habt, könnt ihr nach dem Ende eines Szenarios in der Basis verwerten, um neue Waffen einzukaufen oder vorhandene aufzuwerten. Medipacks dürft ihr hingegen jederzeit herstellen, sofern euch die nötigen Mittel dafür zur Verfügung stehen. Allerdings kann euch das während eines Ansturms von Feinden unnötig aufhalten. Je öfter ihr spielt (und je weiter ihr kommt), desto mehr Spielfiguren, aber auch Spielelemente schaltet ihr frei, sodass ihr neben Ellie und Abby bald auch einige Nebencharaktere auswählen könnt. Das wiederum bestimmt einen Teil des Spielstils und der vorhandenen Ausrüstung, mit der ihr startet. Je mehr ihr euch mit dem Spielmodus beschäftigt, desto mehr Abwechslung verspricht er also.

Zudem schaltet ihr Nebenaufgaben frei, sogenannte Gambits. Sie geben euch vor, einige Gegner mit Kopfschüssen zu erledigen, andere zuerst auszuschalten, schnell hintereinander Angriffen auszuweichen und mehr. Auch das Beschützen von NPCs wird im weiteren Verlauf zur Voraussetzung und treibt euch in den manchmal klaustrophobisch engen Umgebungen schnell Schweißperlen auf die Stirn.

Da der Modus ausschließlich (zufällig durcheinandergewürfelte) Umgebungen verwendet, die in der Story vorkommen, empfehlen wir allen, die den Plot noch nicht abgeschlossen haben, diesen Spielmodus erst einmal zu meiden. Es käme milden Spoilern gleich, viele ikonische Szenarien in einer aus dem Zusammenhang gerissenen Sequenz zu sehen. Am Ende ist der spannende, wenn nicht gar nervenzerfetzende Modus die mit Abstand wertvollste Dreingabe des Remasters. Andere Extras, etwa das freie Gitarrenspiel, konnten wir nur belächeln, auch wenn wir uns darüber freuten, neue Gitarren freischalten und Effektgeräte aktivieren zu dürfen.

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