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Test - Turtles: Shredder’s Revenge : Supergeiler Chaos-Klopper mit Nostalgie-Kick

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Nostalgie ist ein starker Motivator. Aber von Nostalgie allein kann ein aktuelles Videospiel nicht leben. Wie man Nostalgie und modernen Spielablauf kombiniert, beweist Entwickler Tribute Games mit dem neuesten Mehrspieler-Knaller Teenage Mutant Ninja Turtles: Shredder’s Revenge, der sich an Konamis Prügelklassikern orientiert. Ein Spiel aus demselben Vertriebszweig wie Streets of Rage 4 – aber ganz anders in seiner Spielweise. Und das ist auch gut so.

Wenn ich Ninja Turtles lese, muss ich automatisch an Frank Zander denken, denn er sang einst den deutschen Titelsong zu jener Zeichentrickserie ein, mit der die große Turtles-Welle begann. Ich sag nur „da fliegt mir doch das Blech weg“. Erinnerungen an einen Mega-Kult, die ich nicht missen will, denn obwohl die Turtles einst als düsterer Noir-Comic entworfen wurden, mutierte die kinderfreundliche Neuadaption zu einem Phänomen, das in den frühen Neunzigern beinahe alle Kids an den Bildschirm fesselte. Selbst mich, obwohl ich zu dem Zeitpunkt aufgrund meines Alters ganz knapp aus der Zielgruppe gerutscht war.

Bei so viel Zuspruch galt jede gelungene Videospielumsetzung des Stoffs als vergnügliche Krönung des Hypes. Und davon gab es reichlich auf allen damals erhältlichen Systemen. Abgesehen von einem mäßigen ersten Action-Adventure lieferte die Edel-Spieleschmiede Konami einen Knaller nach dem anderen ab. Allem voran Prügelspiele, die zwar als Münzschlucker für die Spielhalle konzipiert wurden, aber auch auf Heimcomputern und Konsolen wie dem NES und dem Super Nintendo eine Spitzenfigur abgaben. Selbst das verspätete Turtles: Hyperstone Heist für Segas Mega Drive, das nicht mehr darstellte als eine Best-of-Compilation sämtlicher vorangegangener Nintendo-Prügler, verkaufte sich wie geschnitten Brot.

Höchstwahrscheinlich ist es diese gegenseitige Befruchtung der Medien, die den Hype um die Comic-Schildkröten nie komplett versiegen ließ. Und damit meine ich nicht die halbwegs erfolgreichen Nickelodeon-Reboots oder die Kinofilme von Michael Bay, sondern die stetig neu aufsprudelnde Begeisterung für alte Prügelklassiker wie Turtles in Time. Warum sonst sollte schon bald eine Compilation erscheinen, die all diese Klassiker beinhaltet.

Allerdings könnte die genannte Spielesammlung bis zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung längst überflüssig sein. Publisher Dotemu liefert nämlich einen Multiplayer-Brawler ab, der beinahe alle guten Eigenschaften der Konami-Klassiker in sich vereint, ohne einfach nur Altbekanntes zu wiederholen. Shredder’s Revenge ist ein derart hervorragend gestaltetes Prügelspiel-Brett, dass es von Konami selbst stammen könnte. Anhand seiner simulierten Retro-Auflösung von 480 x 270 Pixel versucht es sogar mit aller Gewalt diesen Eindruck zu erwecken.

Wie anno dazumal – nur besser

„Keine Kunst, wenn man den Spielablauf fast eins zu eins kopiert“, höre ich die Zyniker unter euch frotzeln. Dem kann ich nur begrenzt widersprechen. In der Theorie gleichen sich die Basis-Designs frappant. Man läuft mit einem Turtle - beziehungsweise im Koop-Spiel mit mehreren Kampf-Schildkröten - von links nach rechts und prügelt den Robo-Soldaten des Foot-Clan mithilfe recht simpler Buttonkommandos sämtliche Kabel aus der Unterbuchse, bis man am Ende des Abschnitts einem dicken Boss gegenübersteht. Jeder der Helden verfügt dafür über andere Attribute. Donatello ist beispielsweise ein langsamer Kämpfer, teilt dafür aber mächtig aus und hat mit seinem Bo-Kampfstab ordentlich Reichweite. Mikeys Waffen sind kurz, doch dafür verteilt er seine Backpfeifen viel schneller als Don.

Alle wichtigen Aktionen fußen auf zwei Kommandos, nämlich einem Sprungknopf und einem für Attacken. Vier weitere Controller-Knöpfe wurden mit weiteren Kommandos belegt, die aber nur nebensächliche Aktionen auslösen. Standard-Angriffe, Sprung-Kicks, Sprints und Flik-Flaks fühlen sich derart vertraut an, dass Veteranen, die die Klassiker genauso oft durchgenudelt haben wie ich, augenblicklich ins Spiel finden. Selbst Schulterwürfe schüttelte ich als Kenner aus dem Handgelenk, wobei der berühmte Wurf gegen die Kamera, den man aus Turtles in Time kennt, ebenfalls vollzogen werden kann – und trainiert werden sollte, da ein Bosskampf diese Wurfmethode für den Sieg voraussetzt.

Trotzdem geht es keineswegs um ein Plagiat, denn gravierende Modernisierungen verbessern das Spielgefühl gewaltig. Einerseits erweitern drei Spielfiguren das Roster in allen Extremen. Meister Splinter (langsam, aber unheimlich kraftvoll) und Reporterin April O’Neil (schwach, aber sehr flink) darf man von Anfang an wählen, ein weiterer Bonuscharakter kommt nach dem Durchspielen dazu.

Anderseits sammeln alle Kämpfer durch wiederholte Schlagkombos Energie für einen Spezialangriff, was mich zumindest in Solo-Sitzungen streckenweise zu überlegteren Handlungen motivierte, denn die mühselig angesammelte Energie wird beim Einstecken eines Hiebes wieder auf null gesetzt. Kombinations-Angriffe, die man durch das Variieren des Angriffswinkels, der Schlagrichtung und der Laufgeschwindigkeit bestimmt, sorgen ebenso für Abwechslung wie das Aufsammeln diverser Typen von Pizza, die mal Lebensenergie wiederherstellt und mal Spezialattacken begünstigt.

Außerdem darf man in Mehrspieler-Sitzungen sowohl gemeinsame koordinierte Angriffe ausüben (super-spaßig!) als auch besiegte Kumpane wiederbeleben. Meiner Meinung nach eine höchst theoretische Angelegenheit, denn eine Wiederbelebung kostet viel Zeit, in der ich meinen Schildkrötenkrieger wehrlos dem Mob ausliefere. Es gelang ein paar Mal, doch inmitten eines hektischen Kampfgetümmels sind Wiederbelebungsversuche nur selten von Erfolg gekrönt.

Mit all diesen Komponenten entsteht ein unglaublich dynamisches Prügelspiel, dessen Spielspaß aus allen Nähten platzt. Dass seine Wurzeln auf den Konami-Klassikern beruhen, kann niemand abstreiten. Ich fand sogar etliche Referenzen, die ich als Ehrung der Klassiker interpretiere. Doch unterm Strich spielt sich Shredder’s Revenge dank einer Vielzahl an Animationsphasen und einer gesteigerten Spielgeschwindigkeit schneller, flüssiger und leichtfüßiger als das oftmals gefeierte Turtles in Time. Kurzum: Es ist geiler als jemals zuvor!

Konkurrenz für Streets of Rage 4?

Streets-of-Rage-4-Fans erkennen anhand der letzten Absätze, dass es beim neuen Turtles-Klopper keineswegs um ein Spiel ähnlicher Machart geht. Diese beiden Neuauflagen von 90s-Oldies stehen sich sogar als extreme Kontraste gegenüber. Das ist aber nichts Schlechtes. Vielmehr ergänzen sich diese beiden Ansätze hervorragend, statt miteinander zu konkurrieren. Wo Segas Prügler Strategie und Timing verlangt, begnügt sich Shredder’s Revenge mit schnellem Button-Mashing und ein wenig Geschicklichkeit. Letzteres darf man vor allem in den drei Spielabschnitten beweisen, in denen sich die Helden auf Raketen-Skateboards bewegen oder auf Hoverboards durch die Luft düsen, während sie den Mob verprügeln.

Nicht falsch verstehen: Bei den Turtles kommt man nicht blind draufloshämmernd an allen Hindernissen vorbei. In den insgesamt 14 Abschnitten warten etliche abwechslungsreich gestaltete Gegnertypen, bei denen man für gelungene Treffer abwarten muss, bis sie ihre Schwachpunkte preisgeben. Andere überrennen unsere Ninjas oder bauen Schutzschilde auf, die überwunden werden wollen. Der Schwierigkeitsgrad bewegt sich trotzdem ein ganzes Stück unter dem von Streets of Rage 4, weil die Entwickler von Tribute Games ein ganz anderes Spielziel verfolgen.

Ihr sollt euch nicht mit einzelnen Gegnern aufhalten, sondern johlend drauflosprügeln, euch kopfüber ins Chaos stürzen, mal so richtig Radau veranstalten. Bis zu sechs Spieler dürfen online wie offline teilnehmen, und je mehr dabei sind, desto genialer wird es. Jeder weitere Spieler erhöht die Anzahl gleichzeitig generierter Gegner, wodurch das auf dem Bildschirm dargestellte Prügel-Tohuwabohu immer deftiger wird. Man gerät geradezu in einen Prügelrausch. Einzige Ausnahme bei der Spielerzahl ist die Playstation-Familie, denn hier sind bei lokalen Sitzungen nur vier Spieler gleichzeitig möglich.

Vier, sechs, vielleicht auch nur zwei – schnurzegal! Sobald ihr zu mehreren losprügelt, vervielfacht sich der Spielspaß, weil der Ablauf eine völlig neue Dynamik erfährt. Was nicht heißen soll, dass Solisten keinen Spaß haben, aber sie verpassen zweifellos etwas. Umso erfreulicher, dass TMNT: Shredder’s Revenge im Game-Pass-Abo enthalten ist. Dadurch dürfte es bei Microsoft nicht an zünftigen Online-Partys mangeln.

Nochmal und nochmal und nochmal

Der Kontrast gegenüber Streets of Rage 4 lässt sich wunderbar anhand der Spieltiefe messen. Segas Prügelspiel will bezwungen werden. Es ist an mancher Stelle so knüppelhart, dass man bei dem ein oder anderen Boss eine Nacht drüber schlafen muss, damit man mit neuem Elan an die Sache herangeht.

Ganz anders bei Turtles, denn dessen Story-Modus knackt man gegebenenfalls in einer Sitzung. Was allerdings auch daran liegt, dass das Lebenspolster in jedem neuen Spielabschnitt neu gefüllt wird und alle Helden mit der Zeit Upgrades freischalten. Sobald man eine gewisse Anzahl Gegner verprügelt hat, gewinnt man automatisch Lebenspunkte dazu, verdoppelt die Energieleiste für Spezialattacken oder lernt sogar ganz neue Kombinations-Angriffe.

Kleinere Nebenquests motivierten mich, alle Level ein weiteres Mal abzugrasen, etwa um versteckte Personen und Gegenstände zu finden, die hinter zerstörbaren Türen und Objekten liegen. Zudem versuchte ich in jeder Spielstufe das Spezial-Ziel zu erreichen, das in der deutschen Version etwas ungeschickt als „Hürde“ übersetzt wird. Mal sollte ich zum Ziel kommen, ohne Spezialattacken zu nutzen, ein andermal hieß es, ich solle nicht öfter als zweimal in eine Falle tappen. Das hält noch eine Weile bei der Stange, streckt die Spielzeit aber nicht übermäßig.

Der wahre Reiz und der Kern aller Langzeitmotivation liegt im unkomplizierten Spielspaß, der dazu einlädt, das Spiel immer wieder aufs Neue durchzuspielen. Und genau hier tritt die zweite Spielvariante in den Vordergrund: Der klassische Arcade-Modus. Er begrenzt die Anzahl an möglichen Fehlschlägen erheblich und muss am Stück bezwungen werden. Obwohl der Schwierigkeitsgrad im Vergleich zu Streets of Rage niedriger ausfällt, wächst die Herausforderung durch das verlangte Durchhaltevermögen enorm.

Kleine Haare in der Schildkrötensuppe

Ich bin noch nicht einmal beim Fazit angekommen, aber der festen Überzeugung, dass ihr meine Begeisterung längst wahrgenommen habt. Spielerisch habe ich auch nichts auszusetzen, außer, dass mir das ein oder andere entspannte Bonuslevel fehlt. Hier hätte sich eine Pseudo-3D-Ansicht wie im Zukunfts-Level der Super-Nintendo-Umsetzung von Turtles in Time angeboten. Auch hätte mir eine etwas größere Darstellung der Figuren gut gefallen, damit sie eher an die Spielhallen-Originale erinnern als an die 16-Bit-Konsolen-Umsetzungen. So charmant der Pixel-Look auch sein mag, er nimmt mehr vom Detail weg als nötig. Angesichts der schwarzen Umrandung aller Spielfiguren, die mich ein wenig an den Grafikstil von Scott Pilgrim vs The World erinnert, kommen mir selbst die großen Bosse ein wenig gestaucht und unnötig grob vor. Schade, aber nicht weiter schlimm, weil nur eine persönliche Präferenz.

Ein Fest für Retro-Liebhaber - Video-Preview zu Teenage Mutant Ninja Turtles: Shredder's Revenge

Felix konnte die ersten beiden Level aus dem kommenden Beat 'em Up Teenage Mutant Ninja Turtles: Shredder's Revenge anzocken. Und das ist ein wahres Fest für Retro-Fans!

Was mir leider viel mehr abgeht, ist das Fehlen einer knackigen Musikuntermalung. Komponist Lee Toper, der schon bei Streets of Rage 4 zugange war, liefert gut komponierte Musikstücke ab, die für sich allein betrachtet prima ins Ohr gehen, oft Konami-Klangfarben emulieren und gehörige 80er-Vibes versprühen. Sie sind mir nur zu brav, weil sie die meiste Zeit über in ihrem bluesigen Trott vor sich her düdeln, statt meinen Puls mit aufpeitschenden, rockigen Beats hochzujazzen. Ähnliche Musikstücke verwendete auch Konami, allerdings nur in den sekundären Spielabschnitten seiner Klassiker, die der Abwechslung halber ein wenig vom Gas gingen.

>> Voll in die Fresse: Die 10 besten Brawler <<

Das ist ganz offenbar eine bewusste Entscheidung, denn dass Lee Toper weiß, worauf Konami damals abzielte, erkennt man bei Begleittracks zu Bosskämpfen. Da packt er endlich die Beat-Peitsche aus, sodass man ohne schlechtes Gewissen von aalglatten Sound-Plagiaten sprechen könnte. Krangs Bossthema übernahm er abseits kleiner Spielereien sogar eins zu eins. Schade, schade.

Dem spaßigen Prügelchaos bricht das keinen Zacken ab, aber ein paar knackige Tracks im Stil eines Sewer Surfing hätten dem Gesamterlebnis die Krone aufgesetzt. Bei den Soundeffekten gab sich Tribute Games schließlich auch nicht so zimperlich. Eine ganze Palette von Klängen wurde zwar nicht schlicht kopiert, aber sehr ähnlich nachempfunden. Darunter beispielsweise der Ton, der vermitteln soll, dass einer der Turtles gestorben ist. Ganz zu schweigen von der Sprachausgabe von den Sprechern der Ur-Zeichentrickserie. Die Sprüche klingen dadurch nicht nur genauso wie in Konamis Klassikern, sie sagen oft auch dasselbe – etwa „Oh no, Shell-shock!“ beim Ableben oder „Pizza Power“ beim Einsammeln von Lebensenergie.

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