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Special - Keyselling-Interview : Wie legal sind Keys aus dem Ausland?

  • Multi
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Ich kann es weder aus betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten noch nach rechtlichen Erwägungen nachvollziehen. Wenn ein Richter jedoch schon offen zugibt, dass er die Rechtsprechung des EuGH als falsch erachtet, lässt sich mit diesem schlecht reden. Insofern ist es bedauerlich, dass diese meiner Meinung nach falsche Rechtsansicht nicht zur Überprüfung höherer Gerichte gestellt werden konnte.

Gameswelt: Wenn man den Key eines Spiels einzeln verkauft und den Datenträger zerstört, wo liegt das Problem für den Handel?

Marian Härtel: Das ist eine gute Frage, im Wesentlichen dürfte dahinter der veraltete Gedanke einiger Publisher sein, dass Marktabschottung etwas Gutes wäre. Viele dieser Anbieter sind noch nicht in der Realität des Internets angekommen und werden es vielleicht auch nie. Zumindest ist diese Aussage richtig in Europa. Wenn spezielle Keys beispielsweise in Indien angeboten werden, weil das Preisniveau dort ein ganz anderes ist und man als Anbieter verhindern will, dass diese extrem billigen Preise Käufern in Industrienationen zugutekommen, dann ist das, zumindest im Ansatz, durchaus verständlich. Wenn ein Anbieter jedoch Preisunterschiede zwischen Großbritannien und Deutschland versucht durchzudrücken, dann ist das nicht nur gegen den Gedanken eines vereinigten Wirtschaftsraumes, den ich absolut unterstütze, sondern vielmehr unsinnig und anachronistisch. Ich würde sogar so weit gehen, dass diese Maßnahmen zu kurz gedacht sind und aufgrund des Abschneidens von Vertriebsmöglichkeiten Umsätze geringer ausfallen, Verkaufszeiträume sich verkürzen und letzten Endes Verbraucher sogar in die Illegalität getrieben und Raubkopien gefördert werden. Markt war schon immer eine Frage des Bedarfs nach Nachfrage und beides haben dumme Unternehmen versucht zu kontrollieren (und sind dabei meist gescheitert), während kluge, erfolgreiche Unternehmen dies für sich ausgenutzt haben. Dazu muss man allerdings weiter denken können als bis zum nächsten Schreibtisch.

Gameswelt: Im Gespräch über Keyselling fallen häufig Worte wie "UsedSoft-Entscheidung" oder "Erschöpfungsgrundsatz". Für Gesetzesneulinge: Was heißt das?

Marian Härtel: Die Frage ist SEHR weitläufig und es fällt schwer, diese auch nur zum Teil so zu beantworten, dass als juristischer Laie der juristische Hintergrund und die Tragweite erkannt werden können. Ich versuche es aber trotzdem einmal.

Der Erschöpfungsgrundsatz ist eine fundamentale Regelung im Urheberecht, die besagt, dass, im Falle eines rechtmäßigen Erwerbes eines Werkes (ursprünglich ein Buch, ein Bild oder solche Dinge), dieses Werk ohne weitere Zustimmung des Erschaffers (oder Rechteverwerters) weiterverkauft werden darf.

Die Macher des Urheberrechts hatten damals jedoch keine Ahnung von Computer-Spielen, schon gar nicht von Produktschlüsseln. In besagter UsedSoft-Entscheidung ging es nun um die Frage, ob jemand, der Produkte gekauft hatte (sogenannte Volumenschlüssel), diese weiterkaufen durfte. Hierbei gab es Reibungspunkte zwischen deutschem und europäischem Recht und daher musste der Europäische Gerichtshof entscheiden. Dieser hat sodann entscheiden, dass im Grundsatz ein Weiterkauf möglich ist und Software-Lizenzen wie physische Werke zu behandeln sind. Das Urteil hatte weittragende Folgen, einige Einschränkungen und viele Zusätze.

Es hat und wird in Zukunft noch viele Gerichtsentscheidungen beeinflussen bei der Frage, wie mit digitalen Gütern umzugehen ist, wann beispielsweise bei Software, die im Laden gekauft, aber im Internet registriert werden muss, der Vertragsschluss stattfindet und vieles Weitere. In den Details streiten sich Gerichte und andere Juristen, wie auch im vorliegenden, und es ist ein weiteres Zeichen dafür, dass das Urheberrecht überholt werden muss, und zwar grundlegend. Dabei spricht aus mir jedoch nicht das Herz beispielsweise eines Piraten, dass Software frei sein müsste und dergleichen, sondern vielmehr, dass sich unsere Gesetzgebung und somit Rechtsprechung, aber auch das Verständnis und die betriebliche Wirklichkeit von Anbietern der digitalen Realität endlich anpassen müssen.

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