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Special - „Shit, I did Videogames ... again.“ – Kolumne : Rockstah goes Gaming #1: Intro

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Immer mehr Kisten mit Hüllen, Pappschachteln und Kabeln stapelten sich um mich herum, bis ich vollständig eingekreist war. „Sie haben hier verschiedene Teile. Wenn ich sage, ich brauche zum Beispiel einen DVD-Brenner von Samsung, dann nehmen Sie eins dieser Laufwerke und eine von diesen Blenden, auf denen 'Samsung' steht, schrauben das alles ordentlich zusammen, nehmen einen der Samsung-Kartons, falten diesen, verstauen das Laufwerk ordentlich in dem Verpackungsmaterial und legen es auf den Tisch. Fertig!“

„Und wenn es ein Dell-Laufwerk wird? “ - „Dann nehmen Sie das gleiche Laufwerk und machen eine Dell-Blende drauf.“ - „Also sind das alles keine Originallaufwerke?“ - „Natürlich nicht.“ - „Sondern?“ - „Keine Ahnung. China halt. Das sind auch keine echten Samsung-Verpackungen und keine echten Blenden. Das ist alles importiert.“ - „Also ist das alles nicht ganz legal, oder?“ Er umging die Frage. „Man hat mir gesagt, Sie wollen Geld verdienen und man könne Ihnen vertrauen.“ - „Natürlich.“ - „Dann kann ich davon ausgehen, dass Sie den Mund halten?“ - „Selbstverständlich.“ Willkommen bei Computer Blue.

Ich atmete aufgeregt und freut mich ein bisschen, weil es wahrscheinlich das Gefährlichste war, was ich jemals in meinem Leben bis dato machen durfte. „Wann können Sie anfangen?“ - „Ich habe heute nichts mehr vor.“ - „Das wollte ich hören. Ich hoffe, Sie haben die nächsten Wochen viel Zeit. Hier ist die Liste an Laufwerken, die wir bis Ende des Jahres benötigen. Die Arbeitszeiten können Sie sich frei einteilen, solange Sie bis März damit fertig sind.“ Ich blickte auf eine vierstellige Zahl. „Das kriege ich hin.“

Fast Pass Spaß auf der gamescom - Folge 3
Chris, Kuro und Max alias Rockstah streifen über die Messe und verteilen Fast Passes. Gegen kleine Gegenleistungen natürlich.

So saß ich dort, Tage, Wochen, Monate, den iPod in den Ohren, der nur ab und an durch das Knacken von eindrehenden Schrauben übertönt wurde. In meiner Einsamkeit entwickelte ich Techniken und Wege, den Vorgang zu beschleunigen und die Laufwerke noch echter wirken zu lassen. Meine Texte kritzelte ich auf zerknitterte Blätter aus meiner Hosentasche. Meine Familie bekam mich zwischen Sport und Arbeit nur noch selten zu Gesicht und das Geld stapelte sich zu Hause in der Schreibtischschublade. Die Lagerhalle wurde voller, mein Körper schmaler und mein Chef immer glücklicher. Computer Blue wurde Marktführer und regierte in seinem Segment das Internet deutschlandweit fast vollständig allein. Die Belegschaft wechselte fast täglich, aber ich blieb. Hier war keine Zeit und kein Platz für Freundschaft. Lediglich Herr Bhattacharya war meine einzige Konstante. „Sie sind der Beste in ihrem Job.“ - „Ich weiß.“

Nach vier Monaten hatte ich mein Soll erfüllt, für das ich eigentlich sechs Monate Zeit hatte. Ich wurde müde, hatte genug Geld für das kommende Jahr und wollte zu neuen Ufern aufbrechen. Ich betrat das Büro von Herrn Bhattacharya und warf ihm einen Schnellhefter auf den Tisch. „Ich bin fertig.“ Er blätterte sich durch die Seiten des Ordners. „Ihr Wissen der letzten Monate ... in einem Ordner. Sie verlassen uns?“ Ich zog mir die Kapuze ins Gesicht. „Ich habe einen Freund, Jonas. Er wird hier morgen vorbeischauen. Ich habe ihn in alle wichtigen Vorgänge eingewiesen. Die Unterlagen sind für ihn bestimmt. Ihm können Sie vertrauen.“ Der kleine Mann richtete sich auf, rückte seine Brille auf die Nase und streckte mir die Hand über den Schreibtisch. „Dann heißt es wohl auf Wiedersehen.“ - „Ich glaube nicht, dass das passieren wird.“ Ich reichte ihm die Hand, nickte und verschwand aus seinem Büro.

Ich streifte durch die langen Gänge und verabschiedete mich von niemandem. Die Belegschaft drehte sich um und tuschelte, keiner traute sich aber, mich direkt anzusprechen. Ich verließ die Firma bei strömendem Regen in abendlicher Dunkelheit über den Parkplatz. Herr Bhattacharya blickte zum Fenster hinaus. Seine Lippen formten meinen Spitznamen, der sich über die Monate unter den restlichen Mitarbeitern verbreitet hatte: Heisenwerk.

Warum ich euch diese wirklich sehr wahre, ergreifende Geschichte erzähle? Weil ich möchte, dass ihr wisst, auf was ihr euch einlasst mit dem Lesen meiner Kolumne. Hier geht es um Spielsucht, den Kampf um Gamerscore. Es geht um die Xbox 360 und um mein Windows Phone. Und meine erste Xbox 360 wurde damals eben von Blood Money finanziert. Das alles ist kein Spaß, Homie. Gameswelt hat sein Ohr ab sofort auf der Straße. Willkommen zu „Shit, I did Videogames ... again.“

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