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Preview - R.U.S.E. : Ein Reich für Sofageneräle

  • X360
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Ein wenig verwirrend und besonders im Multiplayer-Modus nachteilig ist, dass die eigenen Leute bei Sichtkontakt sofort das Feuer eröffnen, ohne dass man viel dagegen tun könnte, außer sie manuell auf ein anderes Ziel anzusetzen oder zum Rückzug anzustubsen. Auf Nachfrage hin nannte Producer Matthieu Giard spielmechanische Gründe, da es keine Pausenfunktion gibt und man schnell auf feindliche Züge reagieren müsse. Interessant bleibt vor allem die Frage, wie sich dieser Automatismus auf Mehrspielerpartien auswirkt. Immerhin stellt er einen taktischen Einschnitt dar, der einem viel Arbeit abnimmt. Auch dass Flammenwerfer über gefühlte 200 Meter ihre feurige Ladung verschießen und dass es keine Trefferzonen gibt, ist im Grunde ein Kniefall vor der Einsteigerfreundlichkeit. Es entsteht der Eindruck, als stelle R.U.S.E. Inszenierung über Tiefgang, Bombast über Finesse.

Mit List und Tücke

Obwohl in gewisser Weise die taktischen Dimensionen eingeengt und bei einem Mouse-over über eine gegnerische Einheit sofort die Siegchancen dargelegt werden, ist die Spielmechanik ausgefeilter, als man auf den ersten Blick annehmen möchte. Denn neben dem üblichen Selektieren-Bewegen-Feuern-Motor sind es vor allem listige Täuschungsmanöver, die namensgebenden Ruse-Aktionen („ruse" = engl. für „täuschen"), die im Herzen des Spiels verankert sind. Insgesamt zehn Stück sollen es am Ende sein, einige davon werden tagtäglich in Sachen Balancing überarbeitet, diskutiert, verstärkt oder in ihrem Ausmaß zurechtgestutzt, meint Giard.

Diese bedeutenden Trumpfkarten ermöglichen es zum Beispiel, die feindlichen Züge auf dem in Sektoren unterteilten Schlachtfeld sichtbar zu machen. Anhand von roten Pfeilen kann man so die Bewegungen abschätzen, die eigene Taktik anpassen und dynamisch auf die Befehle des Computers reagieren. Oder man tarnt die eigenen Leute, bis der Gegner dort ist, wo man ihn haben will, und nutzt das Überraschungsmoment aus. Wer mag, kann auch Phantompanzer als Lockvögel in die Flanke schicken und hoffen, dass das Gegenüber drauf reinfällt - was vor allem im Multiplayer-Modus zum reizvollen Trumpf werden könnte, wenn da kein CPU-gesteuerter, sondern ein menschlicher General Aktionen befiehlt.

Wichtig ist außerdem die Aufklärung, da rivalisierende Einheiten so lange als Pokerchips übers Terrain kreuchen, man also keine Einschätzung über ihre Stärke oder Anzahl vornehmen kann, bis man einen Aufklärungsjoker in den entsprechenden Bereich schickt. Der umgekehrte Fall versteckt die eigenen Leute vor dem feindlichen Radar, ermöglicht schnelle und überraschende Überfälle, wenn sich etwa die Infanteristen zwischen den Häusern einer Stadt verschanzen.

Basenbau light

Man sollte daher in einer Tank-Kolonne äußerte Vorsicht walten lassen, da Infanterie-Einheiten in städtischer Umgebung einen entscheidenden Vorteil gegenüber den Stahlschweinen besitzen und sie mit Leichtigkeit in einem Flammenmeer verpuffen lassen. Überhaupt sollte man auf die Stein-Schere-Papier-ähnliche Mechanik achten und die fünf zur Verfügung stehenden Gebäude, aus denen dann Infanterie-, Tank-, Antitank-, Artillerie- und Lufteinheiten purzeln, klug auf dem Schlachtfeld platzieren. Eine Taste auf dem Digikreuz genügt, und schon brummen schwere Flieger durch die Wolken, die ihre explosive Ladung ausklinken und das Ziel in Schutt und Asche legen.

Zumindest dann, wenn der Gegner sich nicht hinter seinen Anti-Luft-Einheiten einigelt und die himmelnahe Unterstützung krachend auf dem zur Einöde gewordenen Boden der Tatsachen zerschellen lässt. Mit dem Hauptquartier über Straßen verbundene Nachschublager, zwischen denen Lkw hin und her pendeln, lassen zudem die Kasse klingeln. Denn die einzige Ressource in R.U.S.E. ist der schnöde Mammon, kein Holz, kein Stahl, keine Steine oder Schweinebäuche. Und da auch der Gegenspieler über derartige Strukturen in einem Netz aus Versorgungsgebäuden verfügt, ist es keine schlechte Idee, zuerst seine Linien zu kappen, bevor die Depots in euren Besitz übergehen.

Fazit

von Sebastian Thor
Der Verzicht auf dösiges Micromanagement, das gemächliche Spieltempo und das Ausweiten der stiefelnahen Schlachtfeldansicht auf die globale Feldherrenperspektive machen R.U.S.E. für jeden Sofageneral interessant, der liegenderweise in einen leicht abgespeckten taktischen Pool abtauchen will. Mit wenigen Tasten und zwei Sticks kann man bequem Befehle erteilen, Einheiten bündeln, Panzer durchs Terrain juckeln lassen, Verstärkung anfordern oder mit List und Tücke gewichtige Trumpfkarten ausspielen. Auch wenn wir bislang nur zwei Missionen ausprobieren und nicht mal die Hälfte dieser reizvollen Joker sehen durften, bleibt der Mantel der Täuschung die größte Stärke dieses Spiels, das mit seinen Vereinfachungen (nicht abschaltbares Autofeuer, keine Trefferzonen bei Tanks, wenig realistischer Flammenwerfer) einen Kniefall vor der Einsteigerfreundlichkeit macht. Wie tief der geht, ist noch nicht abzusehen. Aber rein technisch haben die Act-of-War-Macher hier ein ganz großes Kaliber im Angebot: Wenn die Kamera aus der bewölkten Perspektive, an Bergen und Fliegern vorbei, bis auf wenige Zentimeter in die tobende Schlacht zoomt, bevor man am Boden explosiv zur Sache kommt, macht selbst der Zweite Weltkrieg Spaß. Die Frage ist nur: mit wie viel Tiefgang und wie lange? Die Testversion wird’s zeigen.

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