Test - Call Of Juarez : Call Of Juarez

Dass Jungspund Billy ein ruhiger Vertreter ist, heißt aber noch lange nicht, dass er nicht auch mit Wummen umgehen kann. Das hat er sehr wohl drauf und steht dabei dem Priester in nichts nach, er kommt lediglich nicht annähernd so oft zum Zuge, wie der übel launige Pfarrer. Ein weiterer Unterschied zwischen beiden Parteien ist, dass sich Billy per Seil an Wänden hochziehen kann, Ray hingegen sich eine wacklige Konstruktion aus herumstehenden Kisten zusammen zimmern muss. Außerdem wird noch ganz gerne gekrochen und nach einigermaßen richtigem, physikalischem Verhalten mit Gegenstände interagiert. Ja, sogar auf Pferden darf man durch die Prärie galoppieren. Verlorene Lebensenergie füllt man kurzerhand via herumliegenden Whiskey-Flaschen auf.

Man kennt sie schon aus der 'Max Payne'-Reihe: Die 'Slowmotion'-, hier 'Akimbo-Slowmotion'-Funktion genannt. Der Unterschied zu billigen Kopien ist aber, dass man hier konsequent weiterentwickelt hat. Um diesen Modus zu aktivieren, gilt es zwei Knarren mit sich zu führen. Befinden sich diese im Halfter und drückt man beide Maustasten gleichzeitig, zieht Ray flott die Schießeisen und kann so ganz gemütlich in verlangsamter Zeit die Kontrahenten aus dem Weg räumen. Richtig gelesen: Nur für Ray. Für Billy existiert diese Funktion nicht – logisch, wenn man nach dem Spielprinzip geht. Dafür den eben angesprochenen Bogen, mit dem man zumindest in einem Level die Zeit anhalten kann.

Soweit so gut, aber wie sieht es mit dem alten Sorgenkind so mancher Actiontitel für den PC aus: Dem gegnerischen Hirnschmalz? Soweit ganz akzeptabel, man ist ja schon einiges gewohnt. Allerdings leidet die KI an kleineren Mängeln, die nicht hätten sein müssen. Wir hatten schon angesprochen, dass die Schleich-Abschnitte zu Beginn recht knackig sind. Hier ist uns aufgefallen, dass wenn wir aus einem Versteck hervorkrochen, der Gegner uns gesehen hat, es aber nicht für nötig hielt, uns weiter zu verfolgen, wenn wir in unseren alten Schutz zurückgekehrt sind. Ein wenig mehr Intelligenz wäre uns an dieser Stelle lieb gewesen, im Gegenzug hätten die Fluchtpassagen vereinfacht und Billys Tod nach ein, zwei Treffern entschärft werden können.

Die polnischen Entwickler von Techland setzen bei der Engine auf Hausmannskost. So verwendet man die hauseigene Engine, die auf den klangvollen Namen 'Chrome' hört, aber natürlich in einer weitaus verbesserten Variante ihren Platz in 'Call of Juarez' findet. Aus allgemeiner Sichtweise ist die Optik recht gut gelungen: Die Charaktere wurden hervorragend modelliert, alles wirft einen eigenen Schatten (den man aber aufgrund besserer Performance lieber ausstellt), der Lichtbruch überzeugt, Feuer oder Explosionen wirken brachial und das Western-Flair findet seinen Weg vor den Bildschirm. Störend sind hingegen die holprigen Animationen, welche ausgefeilter hätten sein können. Akustisch gibt es auch kaum etwas zu meckern. Die Hintergrundmusik wird zwar passend zur Situation (dramatisch, spannend, ...) eingesetzt, wiederholt sich aber zu oft, was auf Dauer dem Spieler gehörig auf den Senkel gehen kann. Die deutschen Synchronsprecher haben zudem eine hervorragende Arbeit abgeliefert!

Übrigens: Ein eher dürftiger Mehrspielermodus mit drei Spielmodi ist auch vorhanden. Neben dem üblichen Deathmatch und Team-Deathmatch findet sich noch ein nicht ganz neues Spielprinzip, der Bankraub. Das ist nichts anderes als Flaggenbeschützen oder dergleichen, das eine Team versucht zu rauben, das andere beschützt.

Zusammenfassend kann gesagt werden: 'Call of Juarez' präsentiert uns abwechslungsreiche, actiongeladene Shooter-Kost mit innovativen, neuen Features. So konnte man die "Wild West"-Atmosphäre wunderbar einfangen und auf die spannende Geschichte übertragen. Dass man eine Story direkt aus zwei Perspektiven erlebt, die zudem noch direkt gegeneinander kämpfen, ist nicht nur etwas besonderes, sondern treibt die Spannung noch zusätzlich in die Höhe. Darüber hinaus spielen sich beide Seiten ziemlich unterschiedlich, Langeweile kommt dadurch nur selten auf. Leider kommt der Titel nicht ohne Schwächen aus. So sind die 15 Kapitel in gut zehn Stunden durchgespielt, bei den Ladezeiten ist eine alte Frau jung geworden, der Mehrspielermodus wäre noch sehr ausbaufähig gewesen und so manch schwierige Stelle hätte man fairer gestalten können. Nichtsdestotrotz sollten Shooter-Freunde und Zocker mit einem Faible für Western und Co. schneller als ihr Schatten sein, bevor sich dieser das Spiel schon gekauft hat.