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Test - Call of Juarez: Gunslinger : Es war einmal im Wilden Westen

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Solltet ihr es mal mit einer feindlichen Übermacht zu tun bekommen, dürft ihr per Tastendruck einen Zeitlupenmodus à la Max Payne auslösen, in dem ihr die anrückenden Horden in aller Ruhe dezimieren könnt. Silas' blitzartige Reflexe kommen euch auch dann zu Hilfe, wenn ihr verwundet seid: Im richtigen Augenblick auf die Richtungstasten gehämmert, verfehlt euch die letzte, tödliche Kugel. Allzu oft werdet ihr allerdings nicht in die Verlegenheit kommen, denn die Gesundheit eures Protagonisten regeneriert sich in Ruhepausen von selbst. Eine Ausnahme stellen die Scharmützel mit Bossgegnern dar, die nicht nur deutlich mehr einstecken, sondern mit Maschinengewehren oder Dynamitstangen auch kräftiger austeilen – aber auch die Oberbösewichte sind mit etwas Geschick schnell überwunden.

Spielt doch keine Rolle

Aufgelockert werden die anspruchslosen, aber spaßigen Schießbudensequenzen von Quick-Time-Events, bei denen es ähnlich wie beim beschriebenen Ausweichen darauf ankommt, den richtigen Button zur richtigen Zeit zu erwischen. Das resultiert dann in so spektakulären Szenen wie einem Klippensprung, bei dem Silas im Flug um die eigene Achse rotiert und auf allen Seiten Kontrahenten umnietet. Oder er entkommt einem Hinterhalt, indem er mit zwei Pistolen rechts und links austeilt und über eine Mauer in Sicherheit hechtet. Da solche Ereignisse bisweilen recht unerwartet auftauchen, werdet ihr dabei öfter mal in den Staub beißen. Die Macher haben aber so großzügig Speicherpunkte verteilt, dass das nicht weiter ins Gewicht fällt.

Dann sind da noch die Duelle, die sich die Entwickler für besonders mächtige Fieslinge aufsparen, die meist historisch verbrieften Persönlichkeiten nachempfunden sind. Wenn Silas einem solchen Obermotz gegenübertritt, tauscht ihr die Ego-Perspektive gegen eine Schulterkamera. Während ihr mit der Maus versucht, das wackelige Fadenkreuz auf eurem Kontrahenten zu halten, richtet ihr mit den Richtungstasten die Hand über eurem Colt aus. Der erste Mausklick zückt die Waffe, der zweite zieht den Abzug. Es braucht etwas Übung, die Aktionen korrekt zu koordinieren, dafür gehören die Zweikämpfe aber auch zu den spannendsten Momenten von Call of Juarez. Wenn ihr es euch einfacher machen wollt, dürft ihr auch vor eurem Gegner ziehen – das gilt aber als unehrenhaft und bringt weniger Punkte.

Klonfabrik im Wilden Westen?

Punkte sammelt ihr, um ähnlich wie bei Borderlands nach und nach Fähigkeiten in drei Talentbäumen freizuschalten. Es gibt einen für den Fernkampf mit dem Gewehr, einen für Doppel-Pistoleros und einen für den Nahkampf, an dessen Spitze zwei abgesägte Schrotflinten mit mächtig Bumms baumeln. Womit übrigens auch euer komplettes Waffenarsenal aufgelistet wäre, von den stets knappen Dynamitstangen als Granatenersatz mal abgesehen. Die Vorteile der Talente sind nicht spielentscheidend, motivieren aber dennoch zu möglichst einträglichen Kombos: Den ersten Gegner zwischen die Augen, den zweiten auf der Flucht in den Rücken, den dritten auf Distanz durch die Deckung erschossen – und die Punktekasse klingelt. Wirklich brutal geht es bei Gunslinger übrigens trotz der martialischen Beschreibung und allen Bildschirmbluts nicht zu, dafür wirkt das Geschehen einfach zu klischeehaft und albern.

Optisch kommt das inzwischen vierte Call of Juarez nicht an aktuelle Rivalen aus dem Shooter-Lager wie Crysis 3 heran. Dazu ist die Grafik einfach zu detailarm und die Spezialeffekte sind zu schwach. Dafür läuft der Titel aber auch noch auf Mittelklasserechnern in der höchsten Qualitätsstufe butterweich. Dass man bei Gunslinger dennoch ab und an stehen bleibt, um die Szenerie zu bewundern, liegt am gekonnten Level-Design. Die Grafiker haben die staubigen Wüstenstädte und malerischen Landschaften, die man aus Wildwestfilmen kennt, gekonnt eingefangen. Nur bei den Gegnern hätten sie sich mehr Mühe geben sollen: Es gibt gerade mal ein halbes Dutzend Outfits für die Standardschergen, die sich doch sehr schnell wiederholen. Akustisch unterhält Gunslinger mit seinem treibenden Western-Soundtrack und den professionellen englischen Sprechern auf höchstem Niveau.

Fazit

von Rüdiger Steidle

Gunslinger ist ein richtiger kleiner Überraschungs-Hit! Wer hätte gedacht, dass Techland nach dem vermurksten dritten Teil der Call-of-Juarez-Serie wieder einen überaus soliden Shooter abliefert? Zwar zeigt sich Gunslinger wenig einfallsreich und unterfordert Mausakrobaten die meiste Zeit mit Fließbandschießereien nach Schema F. Manche Spielbestandteile haben die Entwickler sogar dreist bei der Konkurrenz geklaut, sich etwa die Talentbäume und die Comic-artige Vorstellung der Bossgegner bei Borderlands abgeschaut. Die gelungene Inszenierung macht die kleinen spielerischen Mängel und technischen Schwächen aber wieder wett. Silas Greaves ist ein grundsympathischer Protagonist und seine abenteuerliche Geschichte dürfte auch Miesepetern das eine oder andere Grinsen entlocken. Der einzige Wermutstropfen ist die geringe Dauer des Story-Modus von fünf bis sechs Stunden. Für 15 Euro geht die Spielzeit aber absolut in Ordnung – längere Unterhaltung als ein vergleichbar teurer Kinobesuch bietet Gunslinger allemal. Obendrein warten nach dem Abspann noch der Duellmodus und eine virtuelle Schießbude, bei der nimmer enden wollende Wellen von Fieslingen anstürmen. Wer also einen kurzweiligen Shooter für zwischendurch sucht und mit dem entfernten Verwandten Far Cry 3: Blood Dragon nichts anfangen kann, sollte sich das neue Call of Juarez nicht entgehen lassen.

Überblick

Pro

  • souverän inszenierte Geschichte
  • spielt gekonnt mit Westernklischees
  • nimmt sich selbst nicht ganz ernst
  • sympathischer Hauptcharakter
  • spannende Duelle
  • gute Sprecher und treibender Soundtrack
  • malerische Landschaften
  • wenig innovative, aber solide Massenschießereien
  • motivierendes Kombo-System
  • spektakuläre Quick-Time-Stunts
  • cooler Zeitlupenmodus
  • geringe Systemanforderungen
  • versteckte Gegenstände, die historische Hintergründe aus der Wildwestzeit erläutern
  • Budget-Preis (um 15 Euro als Download, etwa bei Steam)

Contra

  • sehr kurze Spielzeit (fünf bis sechs Stunden)
  • Schwierigkeitsgrad auch auf „Hard“ nicht sonderlich fordernd, außer bei Bosskämpfen
  • kleines Waffenarsenal (Pistolen, Gewehre, Schrotflinten, Dynamit)
  • detailarme Grafik mit teils groben Texturen
  • zu wenige verschiedene Gegnertypen
  • Talente haben nur geringen Einfluss
  • eingeschränkte Bewegungsfreiheit (Schlauchlevels)

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