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Special - 2008: Übernahmepoker : Geld regiert die Welt

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Der Krake geht unter

Ein Fiasko sondergleichen erlebten wir ausgerechnet in Deutschland. Michele Pes war 2004 angetreten, um einen neuen großen Spielehersteller zu etablieren. Ausgestattet mit einem prall gefüllten Topf voll Investoren-Dollars. Über Medienfonds wurden Millionen bei gut betuchten Industriellen eingesammelt. Ein damals sehr erfolgreiches Steuersparmodell. Teure FIA-Lizenzen für hochqualitative Rennsimulationen konnten damit finanziert werden. Die Umsätze stiegen und sehr schnell wurden hohe Gewinne ausgewiesen. Jedes Jahr präsentierte der Firmenvorstand neue Höchststände, was Umsatz und Rendite betraf. Jedes Spiel schien ein voller Erfolg zu werden. Eilig wurden Entwicklerstudios gekauft und gegründet. Auch in Fernost wurde eine Dependance eröffnet. Stets fragte man sich: Wie funktioniert das Modell? Doch keiner traute sich, dies wirklich laut auszusprechen.

Ende 2007 dann der Anfang vom Ende. Noch auf der Games Convention 2007 zeigte sich 10tacle selbstbewusst mit einem der größten Stände neben den anderen Großen im Geschäft. Zahlreiche Neuankündigungen wurden gezeigt. Alle ambitioniert und von scheinbar hoher Qualität. Hinter den Kulissen rumorte es allerdings bereits. Der Flurfunk meldete: „10tacle steht vor der Pleite! Die Braut macht sich hübsch!" Doch für wen? Wer sollte die angeschlagene Firma übernehmen wollen?

Hauptproblem war, dass schon lange kein richtiger Verkaufsschlager mehr in die Händlerregale gestellt wurde, zeitgleich jedoch die Kosten stiegen. Über 400 Mann wollten bezahlt werden. Zu viel für die hochtrabenden Ziele. Schlüsseltitel wie Elveon und Totems verzögerten sich. Im Frühjahr sollte eigentlich Codename Panzers: Cold War erscheinen, die Marketingpläne lagen bereits in der Schublade. Doch dann wurde es plötzlich still. Der Jahresabschluss verzögerte sich. Anleger wurden unruhig und die Aktie verkam zum Zockerpapier, auch Pennystock genannt.

Inmitten der Turbulenzen versuchte sich 10tacle an einem weiteren Kraftakt. TGC - The Games Company, ein deutscher Entwickler und Publisher, sollte übernommen werden. Dieses Intermezzo wurde relativ schnell wieder beendet. TGC machte den Deal rückgängig und blieb lieber unabhängig. Der richtige Schritt, wenn man die weiteren Entwicklungen betrachtet.

Kurz darauf trat Vorstandschef Pes zurück, um den Weg für Umstrukturierungsmaßnahmen frei zu machen. Eilig wurde Ersatz gesucht. Ob Joachim Magin der richtige Mann war? Es darf bezweifelt werden, denn der Medien-Manager hatte bisher keine fundierten Erfahrungen im Spielebusiness sammeln können. Kurz vor der Implosion, mittlerweile war ein Großteil der Belegschaft auf die Straße entlassen worden, vermeldete 10tacle, dass eine neue Finanzierungsrunde erfolgreich platziert werden konnte. Eine Woche später dann die Insolvenz, weil Investoren angeblich fest zugesagte Gelder nicht überwiesen hatten. Wahrscheinlich war die Suppe mittlerweile zu heiß und verkocht. Ein Wirtschaftsredakteur, der sich in der Materie auskennt, erkannte zahlreiche Bilanzierungstricks und nannte dies „kreative Buchhaltung". Mit anderen Worten: Investitionen für Projekte wurden als Umsatz verbucht, obwohl noch gar keine Einnahmen erzielt wurden. Das Luftschloss brach zusammen und der Traum vom großen Global Player war ausgeträumt.

Was lief sonst noch?

Neben diesen drei Großereignissen in der Spielebranche gab es noch ein paar kleinere Transaktionen. SEGA schloss nach dem gefloppten SEGA Rally das englische Entwicklerstudio. Codemasters sah jedoch jede Menge Potenzial im Personal und war eilig zur Stelle, um sich die Programmierkraft der Schmiede zu sichern. Take 2 arbeitete weiterhin an der Strategie, externe Entwickler stärker an sich zu binden und zu übernehmen. Illusion Softworks gilt als schwierige Firma, doch mit Mafia und Vietcong zählen die Osteuropäer als sichere Bank. Mafia 2 wurde bereits angekündigt. Ab sofort arbeiten die Männer und Frauen unter dem Namen 2K Czech. Kurz vor Weihnachten tütete Atari noch schnell die Cryptic Studios ein, die als Spezialisten für Onlinerollenspiele unter anderem für City of Heroes verantwortlich zeichneten.

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