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Test - Kingdoms of Amalur: Reckoning : Kunterbunt und farblos

  • PC
  • PS3
  • X360
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Handwerk spielt ebenfalls eine große Rolle. Dieses könnt ihr wie andere Fähigkeiten, etwa Schlösserknacken, Überzeugung und mehr, nach einem Level-up per Punktvergabe verbessern. Schmiede basteln Rüstungen und Waffen für alle Klassen und zerlegen nutzlose Beute zu Einzelteilen. Alchemisten sammeln die unzähligen Kräuter in der Spielwelt ein, experimentieren, um neue Rezepte zu lernen, und brauen hilfreiche Tränke. Gemmenschleifer setzen Scherben zu Juwelen mit magischen Eigenschaften zusammen und integrieren diese in Waffen und Rüstungen mit entsprechenden Sockeln. Das System ist enorm umfangreich und die Ergebnisse können sich durchaus sehen lassen. Und wenn mal etwas nicht so Tolles herauskommt, zerlegt ihr es einfach wieder.

Rübe runter, Feindespack

Bleibt zum Abschluss noch der Kern des Spiels, nämlich der Kampf. Ihr steuert eure Spielfigur aus der Third-Person-Perspektive und dürft euch vor allem am PC, aber auch an den Konsolen mit einer furchtbar inkonsequenten Kameraführung herumschlagen, die euch im Kampf mehr als einmal die Orientierung verlieren lässt. Erschwert wird das dadurch, dass ihr keinen Gegner fokussieren könnt. Ansonsten entspricht die Steuerung typischen Third-Person-Standards und geht recht gut von der Hand.

Der Kampf ist … anders. Irgendwie. Das geht los bei den Waffen. Ihr verfügt über eine Primärwaffe und eine Sekundärwaffe, die ihr jeweils mit einer Aktionstaste bedient. Das klingt erst mal nach Button-Mashing. Ist es aber nur bedingt, denn Timing und Dauer der Nutzung bieten euch mit zunehmendem Spielverlauf immer mehr Attacken und Kombos. Drückt ihr auf den linken Trigger, erscheint wie von Geisterhand ein Schild, mit dem ihr Angriffe blocken könnt. Drückt ihr den rechten Trigger, könnt ihr mittels zusätzlicher Aktionstaste einen von vier vorher frei belegten Skills auslösen. Das kann ein Zauberspruch sein oder eine spezielle Attacke.

Das klingt etwas ungewöhnlich und ist zu Beginn auch gewöhnungsbedürftig. Hat man diese Phase hinter sich, geht das Ganze aber flott von der Hand, zumal das System euch in Verbindung mit einem frei belegbaren Gegenstandsrad viel Flexibilität verleiht. Das ist auch notwendig, denn unterschiedliche Gegner müssen mit unterschiedlichen Methoden angegangen werden. Leider arten zu viele Kämpfe am Ende doch in ein eher planloses Herumgedrücke aus, die durchaus vorhandenen Finessen des Kampfsystems werden nur selten wirklich benötigt oder sind aufgrund der Gegnerzusammensetzung oft nicht nutzbar.

Über die stilistische Umsetzung der Kämpfe kann man sich streiten. Warum hat man als Krieger seine Einhandwaffe in der Hand, aber der Schild taucht wie aus dem Nichts auf, wenn ich blocken will? Warum geht jede Waffe in den Ruhezustand, wenn ich zwar im Kampf bin, aber gerade nicht zuschlage. Überhaupt merkt man deutlich, dass die Entwickler sich bei der Darstellung der Kämpfe ein wenig an fernöstlichen Rollenspielen orientiert haben, was die Angelegenheit zuweilen sehr „konsolig“ wirken lässt. Insgesamt ist es aber schön zu sehen, dass es noch Entwickler gibt, die den Mut haben, mal Dinge etwas anders anzugehen, auch wenn das vielleicht nicht in jeder Beziehung gelingt oder gefällt.

Ach ja, um noch ein Geheimnis aufzuklären: Das „Reckoning“ im Titel hat sogar eine spielerische Bedeutung. Es gibt nämlich einen Abrechnungsmodus, den ihr auslösen könnt, wenn ihr den Seelenbalken gefüllt habt, der Gesundheit und Mana im Interface Gesellschaft leistet. Für einige Sekunden geht ihr dann in eine Art Zeitlupenmodus mit erhöhtem Schaden, in dem ihr alle vorhandenen Gegner fix runterkloppen könnt. Das könnt ihr mit mehreren Gegnern hintereinander machen. Kurz bevor der Balken weg ist, drückt ihr eine Taste, macht ein wenige Quick-Time-Button-Mashing und erlegt alle Gegner auf einmal - mit einem saftigen Erfahrungspunktebonus und einem fiesen Finisher. Empfiehlt sich vor allem bei großen Gegnergruppen oder Bossen.

Fazit

Andreas Philipp - Portraitvon Andreas Philipp
Liebes Reckoning, wie gern würde ich dein Königreich an meine Rollenspielerbrust drücken und dich als Geheimtipp des Jahres feiern. Doch ich kann es nicht, dazu fallen mir einfach zu viele Dinge ein, die dagegen sprechen. Eine oberflächlich offene Spielwelt, die mich immer wieder mit unlogischen Hindernissen, vorgegebenen Pfaden, Ladezeiten und linearen Dungeons drangsaliert. Ein durchaus originelles Kampfsystem, das mich seine Feinheiten viel zu selten ausspielen lässt. Ein enormer Umfang, der es an Spannung und Abwechslung missen lässt. Dazu kommen fragwürdige Design-Entscheidungen und handwerkliche Patzer, wie die grausige Kameraführung oder das umständliche Inventar. Was mich allerdings am meisten stört, ist, dass die vielen Inhalte des Abenteuers so dröge inszeniert sind, so unspannend bleiben und irgendwie aufgebläht wirken. Dass die Dialoge so emotionslos und die Charaktere so erschreckend farblos sind. Schon eine straffere Erzählstruktur hätte vielleicht einiges bewirken können. Kingdoms of Amalur: Reckoning schafft es zu keiner Sekunde, mich in den Bann zu ziehen und vor den Bildschirm zu fesseln. Wo ein Skyrim mich in seine Spielwelt aufsaugt oder ein Witcher 2 mich mit seinen Charakteren und seiner Geschichte fesselt, da bleibt Reckoning trotz aller Farbenpracht blass und farblos. Das ist sehr schade, denn das Spiel hat durchaus seine positiven Aspekte und hätte das Potenzial zu etwas Großem gehabt. So bleibt das Spiel am Ende nur für diejenigen eine Empfehlung, die mal ein etwas anderes Rollenspiel erleben wollen und sich von den genannten Punkten nicht ganz so sehr stören lassen.

Überblick

Pro

  • sehr freie Charakterentwicklung
  • unzählige Quests
  • interessantes Handwerkssystem
  • enormer Umfang
  • sehr viele Gegenstände
  • originelles, wenn auch ungewöhnliches Kampfsystem
  • schöne Grundidee der Geschichte
  • wirkt recht eigenständig
  • Spielwelt mit viel Inhalt
  • eigene Häuser

Contra

  • technisch durchwachsen
  • umständliches und unübersichtliches Inventar
  • Kamera zickig und oft ungünstig positioniert
  • blasse Dialoge
  • ungeschickte Erzählstruktur
  • dröge Charaktere
  • ziemlich einfallslose Quests
  • farblose Hauptfigur
  • häufige Bewegungseinschränkungen
  • Interface nicht gut an PC angepasst
  • Controller-Steuerung weit besser als Maus/Tastatur
  • Finessen des Kampfsystems zu selten anwendbar

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