Test - Tekken 8 : Test: Dieses Fighting Game macht jeden glücklich!
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Gut Ding will Weile haben. Und das dauert mitunter sieben lange Jahre. Tatsächlich war es 2015, als Tekken 7 erschien. Seitdem ist einiges passiert im Genre. Die Konkurrenz um Street Fighter und Mortal Kombat ist längst mit neuen und hochkarätigen Ablegern auf dem Markt. Beide Titel bieten zudem reichlich Inhalt für Solisten und freischaltbare Extras. Wie behauptet sich Tekken 8 dagegen? Mit toller Grafik, dickem Singleplayer-Umfang und einem ganz besonderen Spielgefühl.
Manch einer fühlt sich alt, wenn er auf bestimmte Videospiel-Serien schaut. Mir geht es ganz besonders bei Tekken so. Mit Teil zwei auf der legendären Playstation und einem tonnenschweren Röhrenfernseher fing meine Begeisterung an – das liegt rund 27 Jahre zurück! Weil die Reihe aber schon 1994 ihr Debüt in den japanischen Arcades feierte, darf man 2024 auf satte 30 Jahre Tekken anstoßen. Prost und herzlichen Glückwunsch, so viel Zeit muss sein.
Willkommen zur großen Prügel-Party
Die eigentliche Party schmeißen Tekken-Chefentwickler Katsuhiro Harada und sein Team jedoch im neuen Spiel. Das geht bereits mit dem Roster los: Ganze 32 Charaktere stehen zum Start bereit und decken fast alles ab, was im Eisenfaust-Kosmos Rang und Namen hat. Mit dabei sind unter anderem Kazuya, Nina, Paul, Marshall Law, Yoshimitsu, Lee, Kuma, Panda, Xiaoyu, Lars, Alisa, Bryan, Steve, Feng, Lisa und Hwoarang. Auch wenn sie sich optisch verändert haben und einige neue Moves mitbringen, bleiben die Grundzüge unverändert. Wer seinen Lieblingscharakter also zum ersten Mal spielt, fühlt sich gleich pudelwohl.
Dass aber auch Leute mit Tekken 8 klarkommen, die bislang weder einen Teil der Reihe, noch ein Fighting Game überhaupt angerührt haben, ist eine der großen und durchgängigen Stärken der Serie. Zwei Schläge, zwei Tritte, zwei Griffe, fertig ist die grundsätzliche Steuerung. Der neue Heat-Modus bietet zwar taktische Tiefe, ist in seinem Aufbau aber ebenfalls schnell verstanden: Einmal pro Runde könnt ihr Heat via R1 aktivieren, damit euer Charakter für eine kurze Zeit kräftiger zuschlägt und selbst blockenden Gegnern ein wenig Schaden zufügt.
Wer total entspannt drauf los prügeln möchte, freut sich über die neue Spezialstil-Steuerung. Einmal L1 gedrückt, schon übernimmt der Computer die Auswahl der Moves und Combos – ihr müsst nur die angezeigten Knöpfe drücken. Diese Unterstützung kann jederzeit ein- und ausgeschaltet werden, sogar zwischen zwei Aktionen. Selbst ich als langjähriger Tekken-Zocker nutze den Spezialstil zwischendurch gerne, weil es einfach Spaß macht, eigentlich knifflige Combos ganz locker rauszuhauen. Und die sehen noch dazu fantastisch aus!
Grafisch ist Tekken 8 das bisher schönste Fighting Game. Fein modellierte Kostüme mit satten Farben, ausdrucksstarke Gesichter, erkennbare Muskelstränge, harmonische Bewegungen und krachende Angriffe verbinden sich mit üppig ausstaffierten Stages samt intensiver Beleuchtung zu einem Augenschmaus in 4K und HDR. Die Kostüme und Körper verschmutzen zudem, wenn die Kämpferinnen und Kämpfer beispielsweise in einer Pfütze landen. Darüber hinaus bersten einige Böden und Wände unter allzu kräftiger Beanspruchung – das sieht nicht nur klasse aus, sondern befördert die Fighter zudem in neue Bereiche der Stage.
Im Vergleich zu den ebenfalls sehr ansehnlichen Street Fighter 6 und Mortal Kombat 1 legt Tekken 8 in beinahe jeder grafischen Kategorie mindestens eine Schippe oben drauf. Dass alles jederzeit mit astreinen 60 Bildern pro Sekunde über den Bildschirm läuft, versteht sich von selbst. Über so manches Ruckeln in den ebenfalls schicken Zwischensequenzen lässt sich darum problemlos hinwegsehen.
Eine Reise durch die Spielhallen
Besonders viel fürs Auge bietet die Kampagne mit dem Titel “Die Dunkelheit erwacht”. Sie knüpft an die Ereignisse von Tekken 7 an: Nach Heihachi Mishimas Tod strebt Kazuya danach, die Erde zu unterwerfen – einzig sein Sohn Jin könnte ihn noch stoppen. Der kämpft jedoch buchstäblich mit seinen eigenen Dämonen: Er hat die in ihm wohnende Teufelskraft nicht im Griff, und ohne sie ist er kein Gegner für Kazuya.
Der jedoch ruft ein neuerliches The King of Iron Fist Tournament ins Leben, an dem auch Jin teilnimmt. So hofft er, seine Kräfte endlich unter Kontrolle zu bekommen und den bösen Papa ein für alle Mal besiegen zu können. Ja, die Kampagne ist bisweilen etwas kitschig aufgemacht, gefällt zugleich aber mit ständig wechselnden Schauplätzen und manch zünftig inszeniertem Schlagabtausch.
Obwohl der Konflikt zwischen Jin und Kazuya im Mittelpunkt steht, spielt ihr im Verlauf der Story mehrere Charaktere aus dem Roster. Es mutet wie ein Speed Dating an, bei dem die Kandidaten sich euch mit ihren Kampfkünsten vorstellen – ideal für Einsteiger. Sie sollten allerdings den ersten von drei Schwierigkeitsgraden auswählen, denn bereits auf der mittleren Stufen teilen die Gegner so manche schmerzhafte Kombination aus.
Eine umfangreichere Angelegenheit ist die Arcade Quest. Mit eurem selbstgestalteten, knuffigen Avatar zieht ihr durch diverse Spielhallen, um viele Kämpfe zu bestreiten und zum Tekken-Superstar aufzusteigen. Zur Seite steht euch Kumpel Max: Schrittweise führt er euch in verschiedene Spielmechaniken ein und stellt damit verbundene Aufgaben, etwa das Ausführen einer bestimmten Combo. Pflicht ist das zwar nicht, aber ein praktisches Training, das euch die wichtigsten Techniken und Systeme näher bringt, darunter natürlich die Heat-Techniken.
In der Offensive führt ihr mit dem Heat Smash eine kurze, selbstablaufende Kombination aus, die für jeden Charakter individuell ist und reichlich Schaden verursacht. Diese Attacke lässt sich natürlich mit weiteren Moves kombinieren, um eigene und sehr durchschlagskräftige Combos zu kreieren. So bringt euch ein kleiner Sprint direkt zum (kurzzeitig) wehrlosen Gegner, den ihr sogleich mit einer kräftigen Juggle-Combo versohlen könnt.
In der Defensive kontert ihr mit der Heat-Aktivierung die meisten gegnerischen Angriffe. Steht der K.o. kurz bevor, könnt ihr mit den Rage Arts eine äußerst mächtige Kombination ausführen – in der Hoffnung, das Blatt noch zu wenden. Block, Parry und Ausweichschritt runden die Verteidigung schließlich ab. Die Möglichkeiten sind vielfältig und von Charakter zu Charakter teils sehr unterschiedlich, sodass Abwechslung garantiert ist.
Neben dieser schrittweisen Einführung gibt es einen weiteren Ansporn: Jeder absolvierte Kampf bringt euch einen Batzen Fight Money ein. Davon kauft ihr im Shop für euren Avatar und die Figuren ein: Frisuren, Make-up, Schmuck, Shirts, Jacken, Schuhe und ausgeflippte Sachen wie Motorradhelm oder Panda-Maske sind nur ein Bruchteil des Angebots. Dank mehrerer Speicherplätze könnt ihr euch bei den Kreationen richtig austoben. Außerdem dürft ihr im Verlauf der Arcade Quest jederzeit zwischen den Charakteren und Outfits wechseln. Schade ist lediglich, dass sich bestimmte Kleidungsstücke nicht miteinander kombinieren lassen. Darum müsst ihr euch manchmal entscheiden, ob es die Fliegerjacke oder doch der Pyjama sein soll.
Übung macht den Meister
Bereits Kampagne und Arcade Quest unterhalten euch einige Stunden mit ihrem gelungenen Mix aus Story, Kämpfen und freischaltbaren Extras. Dazu gesellen sich der klassische Arcade-Kampf sowie die Charakter-Episoden mit ihren kurzen Geschichten rund um die Protagonisten, in deren Verlauf ebenfalls ordentlich geprügelt wird.
Seine volle Sogwirkung entfaltet Tekken 8 aber, sobald ihr euch intensiver mit einer Figur auseinandersetzt. Am Anfang wollt ihr vielleicht nur ein paar neue Moves ausprobieren, um nicht immer die gleichen vier oder fünf Aktionen rauszuhauen. Ein paar Stunden später findet ihr euch beim Studium einer 10-Hit-Combo, nagelt euer Gegenüber mit gut getimten Treffern an der Stage-Mauer fest und erkundet die verschiedenen Möglichkeiten, das Heat-System gewinnbringend einzusetzen. Schlussendlich wagt ihr euch sogar an die Königsdisziplin in Form der Juggle-Angriffe, mit denen sich euer Kontrahent ebenso ansehnlich wie effektiv durch die Luft prügeln lässt.
Dank mannigfaltiger Übungen und der Möglichkeit, euch alles detailliert anzeigen und im Video demonstrieren zu lassen, legt ihr das für euch richtige Tempo ein und entscheidet selbst, was und wie viel ihr machen wollt. Könner und Profis müssen sich bisweilen an veränderte Timings gewöhnen und ihre Routinen anpassen. Dank der vielfältigen Optionen im Training stellt das jedoch kein Problem dar.
Ich habe zu Beginn auf meine alten Lieblinge Paul und Kazuya gesetzt. Doch schnell probierte ich andere Charaktere aus, allen voran natürlich die drei Neuzugänge. Kaffee-Liebhaberin Azucena setzt ihre MMA-Angriffe und Ausweichmanöver in verschiedenen Positionen ein, die sie schwer ausrechenbar machen. Reina erinnert in ihren Bewegungen und Angriffen an Heihachi und Kazuya, bringt aber auch neue Elemente ins Mishima-Karate ein. Spezialagent Victor wiederum integriert sowohl Pistole als auch Schwert in seinen besonderen Super-Spy-Stil, bei dem sogar kurze Teleportationen zum Einsatz kommen.
Dank der perfekten Steuerung fühlen sich neue wie alte Figuren einzigartig und hervorragend an. Sowohl mit einem Fight Stick als auch via Controller geht jede Bewegung absolut butterweich und präzise von der Hand. Alles fühlt sich noch geschmeidiger, noch wuchtiger, noch griffiger als beim Vorgänger an. So konnte ich im Sparring geübte Angriffe rasch im eigentlichen Kampf einsetzen, was mich direkt motivierte, weiter dazulernen zu wollen. Selbst Leute, die ich über die Jahre kaum angefasst habe, schicke ich inzwischen gerne für ein paar Fights in den Ring.
Ein Tekken für alle
Nun findet sich die Kombination aus erstklassiger Spielbarkeit und stetigem Fortschritt auch in anderen Fighting Games wieder. Allerdings muss ich dort relativ schnell den Online-Wettkampf suchen, um spürbar besser zu werden. Das wiederum verlangt nach einer gewissen Frusttoleranz, denn im Kampf gegen andere Menschen setzt es mitunter ganz böse Abreibungen.
Natürlich nimmt der Online-Wettkampf auch in Tekken 8 eine wichtige Rolle ein. Schnelles Spiel, Ranglistenkampf und verschiedene Lobbys zählen zu den Standards. Hinzu kommt die Tekken-Kampflounge: In einer großen Arcade könnt ihr euren Avatar frei bewegen und zwischen den Kämpfen mit anderen Leuten interagieren. Könner und Profis finden hier zweifellos ein zweites Zuhause. Wer nicht dazu zählt oder einfach keine Lust darauf hat, darf aber getrost offline weiter prügeln und trotzdem besser werden.
Zu den bereits erwähnten, sehr umfangreichen Trainingsmöglichkeiten gesellt sich mit dem Super-Geisterkampf eine neue Option, am eigenen Können zu feilen. Regelmäßig lädt das Spiel eure Geist-Daten hoch, die aus Kämpfen in den Solo-Modi gewonnen werden. Gegen diese Geister könnt ihr antreten, um eure Spielweise zu analysieren. Bei meinen Testläufen wurden mir tatsächlich häufige Fehler und Verhaltensweisen aufgezeigt, an denen ich prompt arbeiten konnte.
Insgesamt geht Tekken 8 einen großen Schritt auf alle zu, die am liebsten allein zocken, aber dennoch nach einer gewissen Herausforderung und dem Potenzial zur Verbesserung des eigenen Skills suchen. Zusammen mit der enormen Bandbreite unterschiedlicher Kampfstile, dem einzigartigen Juggle-System und der überaus schicken Grafik schnürt der Titel ganz klar das beste Gesamtpaket für Solisten, das die Reihe jemals zu bieten hatte. Und ein letztes Schmankerl kommt noch obendrauf: die Rückkehr von Tekken-Ball nach 12 Jahren Pause.
Ihr tretet vor sonniger Strandkulisse im Eins-gegen-Eins an, doch verprügelt wird ein bunter Ball. Der lädt sich dadurch auf und fliegt ins Feld des Gegners – wird dieser getroffen, schrumpft seine Lebensenergie. So geht es hin und her, bis ein Knockout dieses alternative Beachvolleyballspiel beendet. Heute wie damals ist das keine langfristige Beschäftigung, sondern ein feiner Zeitvertreib abseits der üblichen Keilerei.
Anmerkung: Tekken 8 wurde auf der Playstation 5 getestet.
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