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Special - Wie man seine Spielesammlung auflöst ... : … und sich gut dabei fühlt

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    Scheiden tut weh, sagen die Leute. Und das dachte ich auch. Eigentlich wollte ich mich nie von meiner Spielesammlung trennen. In rund 30 Zockerjahren hatten sich viele Module und Discs verschiedenster Systeme angesammelt, die ich hegen und pflegen wollte. Aber die Realität hat mich eingeholt ...

    Vielleicht kennt ihr das aus anderen Bereichen, beispielsweise Filmen: Man stellt sich Regale auf und füllt diese mit seinen liebsten Streifen, um sie jederzeit herausgreifen und anschauen zu können – ein tolles Gefühl! Dazu sieht es hübsch aus, wenn bestimmte Serien oder Genres dicht beieinander stehen. So war das bei mir mit den Videospielen.

    Ursprünglich verfolgte ich dabei ein klares Konzept: Ich wollte mir nur Spiele holen, die ich als Kind geliebt, aber später verkauft oder nie besessen habe. In den umliegenden Videotheken gehörte ich zu den absoluten Stammgästen, dazu wurden im Freundeskreis fleißig Sachen getauscht, um stets etwas Frisches im Modulschacht oder Laufwerk zu haben. Somit stand einiges auf dem Zettel, das irgendwann einmal in meinen Besitz übergehen sollte.

    Großeinkauf im Retro-Paradies

    In meinen Zwanzigern verfügte ich schließlich über das nötige Kleingeld, um das Vorhaben in die Tat umzusetzen. Es war eine tolle Zeit, weil es auch im Freundeskreis Leute gab, die meine Sammelleidenschaft teilten. Also nahmen wir jede Spiele-Börse mit, machten zig Flohmärkte unsicher und klapperten nahezu alle Retro-Händler sowie An- und Verkaufsläden in der Umgebung ab. Viele Spiele sind darum mit einer schönen Geschichte und netten Menschen verbunden, an die ich mich gerne erinnere.

    Doch der anfängliche Vorsatz wurde schnell aufgeweicht. Ein Streets of Rage 2 fürs Mega Drive sah etwas verloren aus, darum kaufte ich auch Teil eins und drei. Donkey Kong Country hatte mich auf dem Super NES umgehauen, aber auch die Nachfolger machten mächtig Laune – also rein damit in den Einkaufswagen. Es wurde immer wilder: Ich baute eine Sammlung von Lightgun-Shootern auf, holte mir Steel Battalion samt Ungetüm-Controller ins Haus, importierte Shoot-‘em-Ups aus Japan und machte selbst vor exotischen Konsolen wie NeoGeo und TurboGrafX nicht halt.

    Dazu gesellte sich reichlich Merchandise wie Shirts und Figuren. Das (fragwürdige) Highlight war ein mannsgroßer Jin Kazama aus Tekken 3. Davor habe ich mich anfangs selbst erschrocken, wenn ich morgens schlaftrunken aus dem Bett kroch und beim Blick ins angrenzende Wohnzimmer dachte, jemand wäre in meine Bude eingebrochen!

    Der Platz wird knapp

    Über die Jahre wuchs die Sammlung immer weiter an, nur der Platz dafür nicht. Selbst größere Wohnungen und die besten Konzepte zur Organisation und Verteilung reichten nicht aus, um den ganzen Kram in Sicht- und Griffweite unterzubringen. Daher blieb mir nichts anderes übrig, als vieles davon in Kisten zu verstauen und im Keller sowie auf dem Dachboden zu lagern. Erstmals kam ich ins Grübeln: Was bringen mir all die Spiele, wenn sie kaum oder gar nicht gezockt werden?

    Ihr kennt das sicher vom Überangebot auf Netflix und Co.: Je mehr Auswahl vorhanden ist, desto schwerer fällt es, sich überhaupt für etwas zu entscheiden. Mehrfach stand ich vor meiner Sammlung und fühlte mich beinahe überfordert. Was sollte ich spielen? Ein Jump-‘n’-Run auf dem SNES? Ein Beat-‘em-Up auf dem Mega Drive? Ein Action-Adventure auf der PS1? Oder einen Shooter auf der 360? Mehrfach griff ich mir drei oder vier Titel raus, nur um jeden davon maximal eine halbe Stunde zu zocken. Denn bis ich mich wieder halbwegs an die harte Gangart eines Castlevania oder Super Probotector gewöhnt hatte, war fast schon der nächste Morgen angebrochen. 

    Ein weiterer Faktor: Hatte ich in meinen Schul- und Studientagen noch reichlich Luft für den Retro-Zock am Abend oder Wochenende, sah es mit Beginn des Berufslebens anders aus. Klar dreht sich mein Job um Videospiele, aber dabei stehen Neuheiten im Mittelpunkt. Und weil es davon bekanntlich auch nicht wenige gibt, fielen die Klassiker noch häufiger unter den Tisch.

    Das große Entrümpeln

    Zum Ende des vergangenen Jahres fiel – nach langer und reiflicher Überlegung – der Entschluss, einen Kahlschlag zu machen. Die Herangehensweise war simpel: Ich sah mir jeden einzelnen Titel an und behielt nur, was einen echten emotionalen Wert für mich darstellt und außerdem gut spielbar ist. Alles andere wurde aussortiert, katalogisiert und zum späteren Verkauf freigegeben. Das Aufräumen brachte einige Dinge zum Vorschein, die ich längst vergessen hatte – mal zu meiner Freude, häufiger aber zu meinem Erstaunen. Mehrere Gurken für die Xbox 360 wurden nur geholt, um damit den Gamerscore nach oben zu treiben. Es war das deutlichste Zeichen dafür, dass ich über die Stränge geschlagen hatte.

    So groß mein Respekt ich vor der Zäsur war, so gut hat sie mir letztendlich getan. Denn nun bin ich zurück am Ausgangspunkt, nur Spiele zu besitzen, die mir tatsächlich wichtig sind. Bei anderen reicht es, sie als digitale Sammlung oder Neuauflage für eine der aktuellen Konsolen zu haben – davon gibt es inzwischen reichlich. Manche der alten Systeme behalte ich zwar aus nostalgischen Gründen, aber die übrig gebliebenen Spiele werden vorwiegend auf dem RetroN 5 gezockt, das verschiedene Module aufnehmen und in erstklassiger Qualität auf den HD-Fernseher bringen kann. Zugegeben, das mag nicht „retro“ sein. Es ist aber bequem und vor allem viel angenehmer fürs Auge als das siffige Bild auf einer kleinen Röhren-Glotze, die noch dazu mehrere Kilo wiegt.

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    Vielleicht bin ich weich geworden. Vielleicht liebe ich die Klassiker nicht mehr so wie früher. Aber ich fühle mich überraschend wohl mit meiner Entscheidung. Sie kam nicht über Nacht, sondern ist das Ergebnis eines langen Prozesses. Daher habe ich auch keine Sorge, den Schritt zu bereuen. Was ich die letzten zehn Jahre nicht angerührt habe, wird mir auch in den kommenden zehn nicht fehlen.

    Der einzige Verlust wird finanzieller Art sein, denn viele Spiele haben ohne Zweifel deutlich an Wert verloren. Aber zumindest besteht dieser Tage noch Aussicht darauf, ein paar Euro wieder reinzuholen. Denn noch gibt es Leute, die Interesse an den alten Sachen haben. In einigen Jahren kann ich das Zeug vermutlich nicht mal mehr verschenken. Das ist ein weiterer Grund, nun loszulassen.

    Weniger ist manchmal mehr

    Und die Moral von der Geschicht’? Leute, hortet Spiele besser nicht?! Nein, ich weiß ja sehr gut, dass es viel Spaß macht und ein wohliges Gefühl vermittelt. Es muss an diesem Jäger-und-Sammler-Urtrieb liegen, den der Mensch innehat. Doch es ist wichtig, sich dabei immer wieder zu hinterfragen und Grenzen zu setzen. Ich für meinen Teil habe endlich erkannt, dass es gleichermaßen am Platz und an der Zeit fehlt, um eine üppige Sammlung vor mir selbst zu rechtfertigen.

    Aus meiner Sicht sind Spiele da, um gespielt zu werden – wenn das nicht mehr passiert, läuft etwas schief. Glücklicherweise habe ich den Absprung geschafft, bevor meine Leidenschaft eines Tages vielleicht sogar Leiden schafft. Und sei es nur, massig Stauraum zu verschwenden, der für andere und eventuell sogar wichtigere Dinge als Videospiele genutzt werden könnte ...

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