Test - Lords of the Fallen : Test: Ihr werdet sterben. Oft!
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Falls euch der Name Lords of the Fallen seltsam bekannt vorkommt, dann leidet ihr nicht an Wahnvorstellungen. Das deutsche Studio Deck13 warf bereits 2014 ein Souls-like dieses Titels in den noch relativ jungen Genre-Ring. Als Publisher fungierte schon damals CI Games, noch unter dem Namen City Interactive. Jetzt steht der zweite Teil und gleichzeitige Reboot der Serie in den Startlöchern, der dieses Mal aus der jungen Entwicklerschmiede Hexworks stammt. Als Debüt gleich ein Souls-like? Das ist definitiv ein ambitioniertes Unterfangen und entsprechend habe ich dem neuen Lords of the Fallen ordentlich auf den Pixel gedrückt.
Direkt zu Beginn zeigt sich schmerzlich, wie strikt sich Lords of the Fallen an die bewährte Souls-Formel hält. Respawnende Gegner nach dem Ableben oder bei Rast am Lagerfeuer? Check. Nahkampfsystem mit Fokus auf Duellen, Ausweichen und Parieren? Check. Düsteres Fantasy-Setting? Check. Knackiger Schwierigkeitsgrad? Check. Kryptisches Storytelling durch Item-Beschreibungen und sparsame Dialoge? Check. Vorgefertigte Charakterklassen mit spezifischen Start-Items und Stats? Check. Diese Liste könnte ich jetzt noch ewig fortführen, vor allem auch mit Punkten, bei denen sich Lords of the Fallen als eigenständig hervortun könnte, etwa dem Art-Design, Gegner-Design, Spielwelt-Design.
Doch auch wenn die Klon-Frucht ziemlich tief hängt, greife ich hier nicht nach ihr. Denn Hexworks bringt durchaus eigene Ideen auf den Teller, von denen aber nicht alle so aufgehen, wie es sich das Studio wohl wünscht.
Das Beste beider Welten
Wohl am meisten hebt sich Lords of the Fallen durch seine zwei Welten von der Konkurrenz ab. Ihr bewegt euch durch Axiom, solange ihr am Leben seid. Klopft euch ein Gegner aber den Lebensbalken auf null herunter, landet ihr in Umbral, dem Reich der Toten, quasi eine geisterhafte Parallelversion der Realität. Das verschafft euch nach dem gewaltsamen Ableben nicht nur eine zweite Chance, euch offenbaren sich auch viele optionale Routen und zusätzliche Möglichkeiten. Beispielsweise verschwinden ganze Flüsse oder zusätzliche Leitern tauchen auf.
Nach Umbral wechseln dürft ihr zwar jederzeit, eine Rückkehr aus der Totenwelt gestaltet sich hingegen schon kniffliger. Entweder nutzt ihr bestimmte Statuen für den Ausstieg oder aber ihr geht den ganz altmodischen Weg und sterbt. Es will also wohlüberlegt sein, ob ihr den Abstieg wagt. Dabei hilft euch eine spezielle Laterne, die ihr standardmäßig am Gürtel tragt und via Tastendruck zückt. Sie gewährt einen ersten Blick nach Umbral, ohne dass ihr direkt übertreten müsst – ähnlich also wie die Scherbe im genialen Zeitreise-Level von Dishonored 2. Praktischerweise überwindet ihr auf diese Weise auch kleinere Hindernisse wie Zäune und schmale Brücken.
Neben dem problematischen Ausstieg bringt das Totenreich noch eine weitere unangenehme Nebenwirkung mit sich: Je mehr Zeit ihr hier verbringt, umso mehr werden die Geister der Verblichenen eurer Anwesenheit gewahr und entsprechend machen sie Jagd auf euch. Idealerweise verbringt ihr also nur so viel Zeit wie nötig in Umbral, sonst passiert es schnell, dass sie euch von hinten überraschen und endgültig totprügeln.
Die Idee hinter den zwei Welten von Lords of the Fallen birgt also jede Menge Potenzial, und Hexworks nutzt diese auch regelmäßig. Fast immer lohnt sich ein Abstecher nach Umbral, und in knackigen Kämpfen verschafft euch die zweite Chance einen kleinen Vorteil.
Klassische Kämpfe mit neuen Facetten
Prinzipiell laufen eure Auseinandersetzungen in Lords of the Fallen wie in jedem anderen Souls-like ab. Ihr visiert eure Gegner an, umkreist sie, rollt unter ihren Attacken hindurch und wartet auf eine Gelegenheit, um selbst ein paar Treffer zu landen. Die Waffenauswahl reicht von Dolchen über Einhandklingen hin zu mächtigen Streitkolben und Großschwertern, nicht selten mit Zusatzeffekten wie Feuerschaden oder Lebensraub. Natürlich diktieren eure Charakterwerte die Schadensskalierung und ob ihr einen Prügel überhaupt führen dürft.
Eingehende Hiebe blockt ihr zudem mit eurem Schild weg, bei perfektem Timing pariert ihr den jeweiligen Angriff. Das verursacht zusätzlichen Haltungsschaden beim Feind. Gerät er aus der Fassung, drückt ihr ihm einen mächtigen kritischen Angriff rein. Magie-Attacken und Fernkampfwaffen wie Bögen und Armbrüste runden das Kampfsystem in einfallsloser Standard-Manier ab.
Bei all dem 08/15-Gefühl attestiere ich Lords of the Fallen aber doch, dass sich die Scharmützel angemessen wuchtig anfühlen. Das Spiel lässt euch jeden Schlag förmlich spüren, egal ob ihr austeilt oder einsteckt. Dennoch muss ich einige Kritikpunkte anbringen, die mich regelmäßig zur Weißglut trieben und fast einen Controller kosteten.
Aus der Balance geraten
Lords of the Fallen zählt im Vergleich mit seinen Genre-Verwandten zweifelsfrei zu den knackigsten Vertretern. Dabei trappen Hexworks in eine typische Souls-like-Falle. Denn oftmals fühlt sich das Spiel einfach nur schwer an, um schwer zu sein. Wo From Software und andere Studios nuancierte Akzente setzen und penibel auf Gegnerplatzierung achten, hauen die Entwicklerinnen und Entwickler hier oftmals ziemlich daneben.
Hierfür zeichnen mehrere Faktoren verantwortlich. Zunächst neigt Lords of the Fallen dazu, euch mit zu vielen Feinden auf einmal zuzuschmeißen. Wenn euch mehrere Gegner auf einmal ans Leder wollen und ihr gleichzeitig über absurde Distanzen von Pfeilen oder Feuerbällen malträtiert werdet, dann steigt der Puls schnell in hochalpine Regionen.
Dazu gesellt sich der simple Faktor, dass Standardangriffe etwas zu viel Ausdauer verbrauchen. Wenn ihr also den teils absurd langen Angriffsketten der Standard-Mobs ausweicht und sich endlich die Chance zum Gegenschlag bietet, fehlt es eurem Helden oder eurer Heldin nicht selten an der nötigen Puste. Auch die Hitboxen neigen dazu, nicht ganz sauber auszufallen. Es sieht so aus, als hättet ihr einen Gegner getroffen, der Treffer wird aber nicht registriert. Noch kritischer gestalten sich diese Umstände freilich bei den Bossen.
Manche Obermotze stellen sich euch alleine in den Weg, wieder andere bringen Gehilfen mit. Entsprechend viel Zeit verbringt ihr mit panischem Wegrollen oder dem genauen Beobachten des Geschehens. Werden sie von Umbral-Helfern geschützt? Wie lange fällt eine bestimmte Angriffskette aus? Die Attacken fallen zudem oftmals schlecht lesbar aus, weshalb ihr nur bedingt ausmachen könnt, was euch der Boss als nächstes um die Ohren haut. Besonders stark fiel mir das bei unmenschlichen Kreaturen wie dem Fleischsammler auf.
An meine Grenzen trieb mich Lords of the Fallen aber mit einer Unart, die ich schon in mehreren Souls-likes beobachten konnte: Es nimmt bereits besiegte Bosse und setzt sie in der Welt als Standard-Gegner ein, beispielsweise die besonders nervige Feuer-Zauberin. Diese platziert das Spiel auch gerne am Ende von langen Wegen, bei denen die nächste Raststätte mehrere Minuten zurückliegt.
Apropos Leuchtfeuer, hier „Überreste“ genannt: Diese findet ihr natürlich an fest vorgegebenen Orten, alternativ dürft ihr sie mit von Bossen gewonnenen Samen an bestimmten Stellen auch einfach aus dem Boden sprießen lassen. Allerdings ist diese Ressource rar gesät, weshalb ihr höchst sparsam mit ihr umgehen müsst. Besonders nervig wird das, wenn die letzten Überreste vor einem Boss ewig zurückliegen und ihr keinen Samen mehr habt, um einen näheren Checkpoint zu kreieren. Gutes System, überschaubar gelungene Umsetzung also.
Schicke Schergen
Absolut nicht meckern kann und werde ich hingegen bei den Designs der Bosse. Egal ob klassischer dunkler Ritter oder fliegende Walküre, zumeist unterscheiden sie sich deutlich voneinander und zaubern herrlich hoffnungslose Dark-Fantasy-Szenen auf den Bildschirm.
Ganz allgemein zeigt sich Lords of the Fallen auf Design-Seite richtiggehend schick. Auch wenn die Gebiete in erster Linie Standardkost darstellen, verliehen ihnen die Entwicklerinnen und Entwickler Seele. Der Giftsumpf gehört erwartungsgemäß zu den nervigsten Umgebungen aller Zeiten, sieht aber herrlich heruntergekommen aus. Ein altes Schloss an den Klippen strotzt nur so vor schicken Texturen und das Hubgebiet Himmelsrast versteckt hinter gefühlt jeder Ecke etwas.
Besonders sticht natürlich Umbral hervor. Die Totenwelt erinnert mit ihren Auswüchsen und überall wachsenden Tentakeln und Augen an die Lovecraft-inspirierten Umgebungen von Bloodborne, die sich mit dem Upside-Down aus Stranger Things unterhalten haben.
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Der Soundtrack und allgemeine Audiostimmung runden das Erlebnis auf Präsentationsseite noch weiter ab. Orchester peitschen euch durch Bosskämpfe, im Umbral hingegen umschmeicheln sphärische Klänge eure Ohren, und jeder Waffensound, jedes Monstergrunzen klingt glaubhaft.
In Sachen Story präsentiert sich Lords of the Fallen ebenfalls bemüht, ohne aber zu begeistern. Ihr bereist das Land von Mournstead und sollt hier fünf Leuchtfeuer entzünden, um die fatale Wiederbelebung des Dämonengottes Adyr zu verhindern. Ihr arbeitet mit Kreuzrittern zusammen, um den Untergang der Welt aufzuhalten und die bösartigen Bestien zurück in die Hölle zu prügeln. Durch kleinere Gespräche ergeben sich nette Details, letztlich ließ sich aber auch hier nicht abschütteln, das alles schon einmal woanders gesehen zu haben.
Übrigens: Die von mir getestete PC-Version lief auf beiden Testsystemen ohne größere Probleme. Speziell bei der PlayStation-5-Fassung hörte ich aber von mehreren Kollegen, dass massive technische Fehler auftreten, die das Spielerlebnis teilweise komplett torpedierten. Hier solltet ihr vermutlich auf Patches warten.
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