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Test - Fallout 3 : Voll die Seuche oder strahlend schön?

  • PC
  • PS3
  • X360
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Spätestens wenn ihr den Fatboy im Inventar habt, der Mini-Atombomben verschießt, oder die selbst gebaute Gleisnagel-Wumme oder die mit Bonuswerten versehene Perücke aus dem 18. Jahrhundert, bleibt ein zufriedenes Grinsen nicht aus. Und immerhin: Im Kampf pausiert das Spiel, wenn ihr ins Inventar geht, sodass die Mühe nicht zulasten der Gesundheit eures Charakters geht. Schlussendlich gibt es immer noch die Händler, bei denen ihr etwas Ordnung ins Chaos bringen und euch mit Munition, Waffen, Rüstungen, Drogen und Stimpacks (das Pendant zum Medikit) ausrüsten könnt.

Das Menüsystem selbst orientiert sich stark am Look der Vorgänger und bietet, wenn auch leider oft in rudimentärer Form, Karte, Inventar, Charakterwerte, Questlog und Notizen. Kompass und Map-Markierungen sorgen weitgehend für Orientierung, ohne es dem Spieler aber zu leicht zu machen. Das clevere Level-Design ermöglicht es zumeist, dass ihr ohne große Orientierungsprobleme durch eure Quests kommt. Und wer schon mal in U-Bahn-Tunnels unterwegs war, der weiß, dass das zuweilen nicht ganz so einfach ist.

Waffen gibt es übrigens zuhauf. Das ist auch gut so, denn ihr habt einige Gegner zu knacken. Mutierte Hunde, Maulwurfsratten, biestige Riesenskorpione, Mutanten, Ghule, Plünderer, Söldner und natürlich die Mitglieder der verschiedenen Fraktionen. Vom Kampfmesser über Pistole und Sturmgewehr bis zu exotischen Vernichtungsgeräten mit Originalitätsfaktor ist so ziemlich alles vorhanden, was das Herz begehrt. Wäre da nur nicht die Munitionsknappheit ... und die Tatsache, dass Waffen und Rüstungen Schaden nehmen und mit der Zeit unbrauchbar werden. Reparatur ist aber möglich, entweder durch euch selbst oder beim Händler.

Der Knackpunkt: Was taugt das Kampfsystem?

Damit kommen wir langsam zum spannenden Punkt: dem Kampfsystem. Viel wurde drüber gemutmaßt und auch nach Hands-on-Sessions waren noch Zweifel vorhanden. Immerhin hatten die alten Fallout-Teile ein Rundensystem basierend auf Aktionspunkten. Fallout 3 hingegen bietet eine Shooter-Steuerung mit RPG-Berechnung der Treffer und ein auf Aktionspunkten basierendes System für gezielte Schüsse auf Körperteile der Gegner. Klingt verwirrend, ist es am Anfang auch. Speziell für Spieler, die Fallout 3 wie einen Shooter spielen möchten. Aber in Fettdruck: FALLOUT 3 IST KEIN SHOOTER.

Klar, das Spiel wird wie ein Shooter wahlweise aus Ego- oder Schulterperspektive gesteuert. Wenn ihr jedoch auf einen Gegner zielt, werden eure Charakterwerte berücksichtigt und bestimmen im Wesentlichen, ob ihr den Gegner trefft oder nicht. Was recht ungenau ist. Wer nur mit diesem System arbeitet, vergeigt Munition bis zum Gehtnichtmehr. Dafür gibt es aber das V.A.T.S.-System, welches per Tastendruck aktiviert wird. Dort zielt ihr, während das Spiel pausiert, auf bestimmte Körperteile des Gegners, wobei die voraussichtliche Trefferchance angezeigt wird.

Das hat seinen Sinn, denn ihr könnt damit deutlich öfter kritische Treffer erzielen, Gegner verlangsamen oder gar durch gezielte Schüsse in die Arme entwaffnen. Gerade in Kämpfen gegen mehrere Gegner oder richtig harte Brocken wie die Supermutantenbiester glänzt das System und belohnt mit wuchtigen Treffern - in Deutschland allerdings ohne Splatter-Szenen und ohne Blut. Beim Spielen hat sich eine gute Mischung aus beiden Möglichkeiten bewährt - dem Gegner per V.A.T.S. erst mal richtig eins reinbraten und ihm dann „normal" den Rest geben. Zugegeben, es braucht etwas Eingewöhnung, aber nach kurzer Zeit geht es leicht von der Hand.

Euer Held zeigt echten Charakter

Bleibt noch das Charaktersystem, und das ist ohne Fehl und Tadel. Geboten werden neun Attribute, die im Grunde aber nur eine Nebenrolle spielen. Viel wichtiger sind die Skills und Perks, die ihr im Laufe des Levelns sammelt. Die Skills sind zweckorientiert und erlauben Spezialisierungen - wobei aber zu beachten ist, dass ihr ohne Kampf nicht auskommen werdet. Verschiedene Waffen-Skills, Reparatur, Wissenschaft zum Bedienen von Computern, Schlösser knacken als Minispiel, Sprachgewandtheit, Feilschen - es gibt Unmengen von Möglichkeiten, je nach Laune des Spielers. Und damit auch ein gehöriges Maß an Wiederspieltauglichkeit - das ist Rollenspiel!

Nahezu grandios sind die Perks. Pro Level-up erhaltet ihr einen davon. Prinzipiell sind das Verstärkungen der normalen Skills. Der Waffennarr erhält zum Beispiel einen Bonus auf bestimmte Waffentypen sowie deren Reparatur. Der Kannibale kann seine Lebenspunkte durchs Anknabbern von Leichen verbessern. Mit Solarenergie regeneriert ihr Lebenspunkte, wenn ihr im Hellen unterwegs seid. Dazu gibt es multiple Boni auf Waffen, Stärke, Erfahrungspunkte und vieles mehr. Die Auswahl ist immens und beeinflusst den Charakter maßgeblich. Viel individueller geht es kaum. Neu ist das natürlich nicht, denn dieses System dürfte Fallout-Veteranen bekannt vorkommen. Aber es ist verdammt gut umgesetzt.

Atmosphäre pur - leider mit Abstrichen

Was bleibt noch zu sagen? Dass man mit Quests nicht überschüttet wird, selbige aber abwechslungsreich und motivierend gestaltet sind. Dass man immer wieder etwas Neues entdeckt, immer wieder mal einen zusätzlichen Raum findet. Dass man viele Quests auf unterschiedlichem Weg lösen kann. Dass man nicht mal einfach so was klauen kann, weil die Leute dann sauer werden. Dass hin und wieder sogar recht clevere Rätseleinlagen eingebaut wurden. Dass es immer wieder Infohäppchen für Veteranen und Neulinge gibt. Und dass diese verdammte öde Endzeitwelt deutlich mehr Leben bietet als die afrikanische Savanne eines Far Cry 2.

Okay, ein paar Worte noch zu den visuellen Eindrücken. Die Außenlandschaften sind ein Augenschmaus. Sicher, es gibt realistischer aussehende Spiele. Aber nur wenige, die authentischer aussehen. Die Landschaften und die Ruinenstädte sind einfach grandios. Nur schade, dass eine Mini-Nuke, abgeschossen in ein halb zerstörtes Gebäude, dort keinen Schaden anrichtet. Die „Dungeons" in Form von Tunneln, U-Bahn-Stationen, Bunkern und Kellergeschossen wirken beklemmend: Also Atmosphäre pur, zudem gut untermalt mit einem dezenten, atmosphärischen Soundtrack.

Dazu kommen Unmengen an Dialogen, komplett mit Sprachausgabe. Hier zeigt sich leider ein kleines Manko, genauer gesagt zwei: Die Übersetzung ist nicht in jedem Fall optimal gelungen. Und bei einigen Sprechern wurde einfach unglücklich gewählt. Manche von ihnen sind schlicht grandios, andere wieder wirken völlig überfordert und unpassend. Eine etwas unglückliche Mischung. Vermutlich wäre (nicht zuletzt auch aufgrund der USK-bedingten Schnitte) der eine oder andere Spieler mit der englischen Version besser bedient. Aber das ist im Grunde meckern auf hohem Niveau.

Fazit

Andreas Philipp - Portraitvon Andreas Philipp
Fallout 3 braucht ein bisschen Zeit, bis es richtig in Gang kommt und man damit warm wird, speziell aufgrund des gewöhnungsbedürftigen Kampfsystems und des umständlichen Inventars. Das zeigen auch die Einzelbewertungen, von denen im Grunde keine grandios ist. Aber die Summe macht es. Nach einiger Zeit entfaltet das Spiel seinen vollen Reiz, packt einen und lässt einen nicht mehr los. Immer wieder gibt es etwas zu entdecken, die Kämpfe sind spannend und knackig, die Atmosphäre ist stimmig. Klar, Fallout 3 ist anders als seine legendären Vorgänger, immerhin liegen da etliche Jahre dazwischen. Aber es fügt sich gut als moderner Nachfolger ein. Wer sich nur auf die packende Hauptstory konzentriert, erlebt allerdings nach etwa 12-15 Stunden den Abspann - für ein Rollenspiel viel zu wenig, weswegen es nicht für eine Wertung im 90er-Bereich reicht. Wer tief in die Welt des Spieles eintaucht, wird trotzdem nicht enttäuscht: Die vielen Locations in der Spielwelt, sowie die Entscheidungen und das Charaktersystem bieten Anreiz zum Erkunden und erneuten Spielen, denn beim ersten Durchlauf ist bei weitem nicht alles zu entdecken. In Summe ist Fallout 3 ein famoses Rollenspiel und gehört in die Sammlung jedes Genre-Fans.

Überblick

Pro

  • interessante Quests
  • streckenweise gute Dialoge
  • irrsinnig viele Gegenstände
  • spannende Kämpfe
  • überall was Neues zu entdecken
  • tonnenweise Waffen
  • gelungene Atmosphäre
  • coole Retro-Spielsequenz
  • viel Bezug zu den Vorgängern
  • speichern überall möglich
  • geringe Ladezeiten
  • tolles Charaktersystem
  • viele Entscheidungsfreiheiten
  • häufig mehrere Lösungswege (oft auch gewaltfrei)
  • gute und böse Taten mit Auswirkungen

Contra

  • grauenvolles Inventar-Handling
  • teilweise unglücklich gewählte Sprecher
  • Gegner nicht besonders helle
  • ein paar Patzer bei der Übersetzung
  • sporadische Memory Leaks
  • gelegentliche Wegfindungsfehler der KI
  • Humor nicht so ausgeprägt wie bei den Vorgängern
  • nicht alle Lösungswege komplett durcherzählt
  • ein Tick zuviele Ubahn-Tunnel
  • Hauptstory sehr kurz

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