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Test - Dreamfall Chapters : Das Ende einer langen Reise?

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Wir erinnern uns: Dreamfall Chapters ist die über Kickstarter finanzierte Fortsetzung zu den Adventure-Klassikern The Longest Journey und Dreamfall. Sie wurde in fünf Bücher eingeteilt, die nach und nach im Laufe der letzten 18 Monate erschienen sind. Während unsere Kritik bezüglich des ersten Buches sehr positiv ausfiel, machte Red Thread Games bereits mit dem zweiten einen unerwarteten Kurswechsel.

Drei spielbare Charaktere, zwei verschiedene Welten und ganz viele Verknüpfungen: Zoë Castillo ist nach langer Zeit aus dem Koma erwacht und muss sich langsam wieder an ihr Leben im futuristischen Stark gewöhnen. Kian Alvane wartet im mittelalterlichen Arcadia auf seine Hinrichtung und wird ausgerechnet von den Rebellen gerettet, gegen die er einst als treuer Azadi-Soldat gekämpft hat. Und dann ist da noch das Mädchen Saga, deren Rolle ihr in verschiedenen Lebensstadien übernehmt.

Fragen über Antworten

Die Story von Dreamfall Chapters ist umfangreich, komplex und für Nichtkenner der beiden Vorgänger schwer zu verstehen. Ursprünglich sollte sie den Abschluss der Reise bilden, die mit April Ryan in The Longest Journey begann, und alle wichtigen Fragen beantworten, die sich nach dem Cliffhanger von Dreamfall stellten. Allerdings fühlt sich das Ergebnis alles andere als endgültig an.

Während manche Aspekte bewusst offen gelassen werden und gekonnt eure Fantasie anregen, wirken die Geschichten einiger Nebencharaktere unvollendet. In der Tat spekulierte Regisseur Ragnar Tørnquist zwischenzeitlich auf eine weitere Fortsetzung, die jedoch laut seiner eigenen Aussage derzeit nicht finanzierbar sei.

Regelrecht enttäuschend sind die Auswirkungen eurer Entscheidungen: In der Regel beschränken sie sich auf ein bis zwei Dialogzeilen, nur selten führen sie zu einer entscheidenden Veränderung eines Ereignisses. Dies fällt besonders im letzten Buch auf, in dem wir so gut wie keine Unterschiede zwischen unseren beiden Spieldurchläufen entdecken konnten.

Erzähltechnisches Kleinod

Zum Glück besitzt Dreamfall Chapters auch einige unbestreitbare Stärken: Die Dialoge sind hervorragend geschrieben und die Charaktere sehr authentisch. Besonders gelungen ist die Entwicklung von Saga: Ihre Rolle wirkt zunächst sehr mysteriös und gewinnt zunehmend an Bedeutung, was sie zu einer wichtigen Leitfigur macht. Die mit ihr verbundene Endsequenz ist äußerst stark inszeniert und bildet den emotionalen Höhepunkt des Spiels.

Im Gegensatz dazu enttäuscht leider das Rätsel-Design, das wir in unserem Test des ersten Buchs noch gelobt hatten. Anfangs gelang Red Thread Games eine vorbildliche Balance aus guten Puzzles und einer spannend geschriebenen Geschichte. Doch der Entwickler driftet bereits mit dem zweiten Buch mehr in die Richtung eines interaktiven Filmes ab und entfernt sogar nachträglich ein paar Rätsel aus dem ersten. Das ergibt zwar im Sinne eines einheitlichen Spielerlebnisses Sinn, jedoch wäre uns eine Weiterführung des ursprünglich angepeilten Anspruches lieber gewesen.

Dreamfall Chapters: The Longest Journey - Book #5: Redux Launch Trailer
Mit Redux startet das nächste Kapitel von Dreamfall Chapters durch.

Über die Präsentation können wir hingegen nicht meckern: Dem Titel ist sein geringes Budget speziell in der karg gestalteten Kulisse von Arcadia anzusehen, trotzdem erscheint er dank geschickt gewählter Farbpalette und gut animierter Charaktere modern. Besonders hervorzuheben ist der Sound, der enorm von Simon Pooles exzellenter Musik profitiert.

Fazit

Andreas Altenheimer - Portraitvon Andreas Altenheimer
Wenn die Stärken über die Schwächen triumphieren

Ich weiß noch, wie mich das erste Buch von Dreamfall Chapters aufgrund seiner tollen Mischung aus Story und Rätseln begeisterte. Leider verwarf Red Thread Games das Konzept nachträglich und liefert unterm Strich ein Adventure, das vom Anspruch her an spielerisch leicht verdauliche Kost à la Telltales The Walking Dead erinnert. Das ist zwar kein grundlegend verkehrter Ansatz, jedoch hätte der Titel ein vorbildlicher Hybrid aus klassischem Rätsel-Design und leicht zugänglichem Abenteuer sein können.

Schiebe ich diese Enttäuschung beiseite, dann kommt am Ende trotzdem eine klare Empfehlung heraus. Die Dialoge und Charaktere halten das Niveau der starken Vorgänger, speziell was die Abschnitte mit Saga anbelangt. Bei der Inszenierung hängt Red Thread Games einen Großteil der oftmals viel zu steifen Adventure-Konkurrenz ab. Das Ende wird mir besonders dank Simon Pooles meisterhafter Musik lange Zeit im Gedächtnis bleiben. Somit lässt eine Revolution des Genres weiter auf sich warten, aber genau wie bei Dreamfall kann ich mit den Mängeln erstaunlich gut leben und die Stärken genießen.

Überblick

Pro

  • größtenteils herausragend geschriebene Dialoge
  • hervorragendes Charakter-Design
  • stark inszenierte und sehr emotionale Endsequenz
  • wundervolle Musik

Contra

  • enttäuschendes Rätsel-Design
  • Entscheidungen des Spielers haben kaum Auswirkungen auf den Verlauf der Geschichte
  • das Ende lässt viele Fragen bezüglich einiger Nebencharaktere offen

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