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Special - Chrono Cross: The Radical Dreamers Edition : Zweimal Chrono, aber nur einmal legendär

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Ich hätte einiges dafür gegeben, Chrono Trigger schon bei seinem Erscheinen anno 1995 spielen zu können. Doch mein ganzes Taschengeld und der Verkauf aller anderen SNES-Spiele wären wohl nicht genug gewesen, um mir eine US-Konsole samt Spiel anzuschaffen. Schließlich kam das RPG nicht nach Deutschland. Also musste ich warten – und zwar lange.

Tatsächlich habe ich Chrono Trigger erst auf dem Nintendo DS gespielt. 2009 brachte Square Enix hierzulande eine englischsprachige Fassung heraus, die ich mir nach einer Weile gebraucht für schmales Geld zulegte. Zwar besaß ich bereits ein japanisches Modul, das bei einem Tokio-Besuch für eine Handvoll Yen eingepackt wurde. Das geschah allerdings nur aus sentimentalen Gründen. Ein textlastiges RPG ohne Sprachkenntnisse spielen? Vergiss es!

Zu recht ein Klassiker

Mit der DS-Version konnte ich dann endlich durchstarten. Und das Abenteuer passte sehr gut zum Handheld, vor allem grafisch. Auf dem oberen Bildschirm lief das eigentliche Spiel und auf den unteren konnte ich das Menü sowie die Karte auslagern – eine willkommene Verbesserung. Überholt oder alt wirkte die Pixel-Optik dabei überhaupt nicht, sondern zeitlos. Was einst den geringen technischen Möglichkeiten der Konsole geschuldet war, hatte sich schließlich längst zu einem eigenen Stil entwickelt. Chrono Trigger wäre somit auch als neues Spiel im „alten“ Gewand durchgegangen.

Noch viel beeindruckender war aber die Geschichte mit ihren Zeitsprüngen. Jede Epoche, in die Crono und Co. reisten, spielte bei der Rettung der Welt vor einem gigantischen Monster eine wichtige Rolle. Ich hatte vom Start weg das Gefühl, Teil einer durchdachten Story zu sein, deren Verlauf oder Ende nicht vorauszusehen war. Vielmehr entfaltete sich der Plot langsam, aber immer weit genug, um mir Lust auf den nächsten Schritt dieser epischen Reise zu machen.

Dass ich mich voll auf die Geschichte einlassen konnte, hatte auch mit der Gestaltung der Kämpfe und Spielgebiete zu tun. Statt von einer Zufallsbegegnung in die nächste zu laufen, traf meine Party auf vergleichsweise wenige und zudem sichtbare Gegner, die sich meist sogar umkurven ließen. Crono und Kollegen mussten nämlich nicht pausenlos die Waffen schwingen, um gut voran zu kommen. Viel wichtiger war es, die Angriffe auf den Gegner abzustimmen: Passende Zauber und kombinierte Attacken zweier Figuren spielten eine weitaus größere Rolle als hohe Statuswerte. So blieben auch die Dungeons erfreulich kurz und abwechslungsreich, weil jede Epoche ihren eigenen Stil hatte.

All diese Faktoren (und ein großartiger Soundtrack) machten Chrono Trigger für mich auch mehr als 14 Jahre nach dem Release zu einem tollen Erlebnis. Ich hatte nie das Gefühl, einen alten Titel zu zocken, sondern ein frisches und fortschrittliches Rollenspiel zu erleben. Und das war der beste Beweis dafür, dass diese Zeitreise ihren Legendenstatus vollends verdient hatte.

Eine schwierige Nachfolge

Im Gegensatz dazu spielte der Nachfolger Chrono Cross für mein Videospiel-Seelenheil keine Rolle. Ich wusste zwar um den 1999 erschienenen Titel. Doch der kam – genau wie sein Vorgänger – damals nicht nach Europa. Damit hatte sich das Thema für mich erledigt. Jahre später bekam ich eine US-Version in die Finger, die allerdings niemals gespielt wurde. Denn insbesondere PS1-Titel in 3D alterten enorm schnell ...

Seit Kurzem ist nun eine Neuauflage unter dem Namen Chrono Cross: The Radical Dreamers Edition für die aktuellen Konsolen erhältlich. Darin steckt neben dem Hauptspiel auch das illustrierte Text-Adventure Radical Dreamers: Es erschien 1996 für die (in Japan gefloppte) Satellaview-Erweiterung des Famicom und führte eine Nebengeschichte aus Chrono Trigger fort. Zwar fanden einige Elemente der Dreamers-Story ihren Weg in Chrono Cross. Insgesamt unterschieden sich beide Titel jedoch deutlich voneinander, sodass man nicht von einer Fortsetzung sprechen konnte.

Für große Fans ist es eine schöne Dreingabe, doch alle anderen werden sich – genau wie ich – allein für das Hauptspiel interessieren. Doch wer auf eine umfassende Überarbeitung gehofft hatte, wird kräftig enttäuscht. Im Gegensatz zu Secret of Mana oder Final Fantasy VII beließ es Square Enix für Chrono Cross nämlich bei dezenten technischen Anpassungen am Original.

Kein Bock auf Remaster

Und die PS1-Herkunft merkt man dem Spiel deutlich an. Der Mix aus vorgerenderten Umgebungen und Polygon-Charakteren sieht trotz generell höherer Auflösung und Kantenschärfe durchweg altbacken aus. Auf der Switch schafft das Spiel zudem nicht einmal konstante 30 Bilder pro Sekunde und auch Rückstände der einstigen Ladezeiten machen sich bemerkbar, beispielsweise beim langsamen Einstieg in die rundenbasierten Kämpfe.

Spielerisch schlägt sich Chrono Cross deutlich besser. Auf den ersten Blick scheint das Kampfsystem ganz klassisch zu sein: Ich bekämpfe allerlei phantasievolle Kreaturen mit normalen Angriffen, wirke Zauber und setzen Items ein. Für jede Aktion darf ich mir so viel Zeit lassen, wie ich möchte. Doch es gibt besondere Kniffe: Ich kann Attacken wie Combos aneinanderreihen und die Stärke magischer Aktionen steigern – das ist etwas verkürzt ausgedrückt, trifft aber ungefähr den Kern der Möglichkeiten. Zwar gibt es kein Tutorial, aber auch ohne komme ich nach einigen Kämpfen hinter das clevere und leicht taktische System.

Auch die Story nimmt schnell Fahrt auf. Diesmal stehen nicht unterschiedliche Zeitalter wie in Chrono Trigger, sondern der Wechsel zwischen zwei Realitäten im Fokus: In der einen ist Protagonist Serge quicklebendig, in der anderen seit zehn Jahren tot. Natürlich geht es in der folgenden Geschichte um mehr als nur die Umstände von Serges Ableben. Bald müssen er und seine Truppe die ganze Welt vor dem Untergang bewahren. Ähnlich wie in Chrono Trigger sind beide Zeitlinien miteinander verbunden, sodass die Ereignisse in der einen Welt ihre Auswirkungen auf die andere haben.

Aber so spannend die Ansätze von Kampfsystem und Story auch sein mögen: Mit praktisch jeder Spielminute wächst meine Ablehnung gegenüber der veralteten Aufmachung. Bereits auf dem kleinen Switch-Bildschirm entsteht kein guter Bildeindruck. Doch bei der Wiedergabe auf dem Fernseher wird mir schlagartig bewusst, warum ich meine PS1-Version nie angerührt hatte: Viele verwaschene Texturen, grobe Modelle und häufige Ruckler lassen mich die Konsole gleich wieder aus dem Dock herausnehmen.

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Kurz darauf beende ich meinen Versuch, auch diesen Chrono-Teil nachzuholen. Es ist schade, dass Square Enix dem einst großen RPG (mit einem Metascore von 94) nicht mehr Liebe zuteil werden ließ. Eine überarbeitete Grafik hätte vermutlich schon ausgereicht, um Chrono Cross gelungen in die Neuzeit zu transportieren. In seiner aktuellen Form ist es für mich dagegen nur ein Spiel, das seinen Höhepunkt längst hinter sich hat. Und Chrono Trigger? Das lacht der Zeit weiter ins Gesicht und steht noch immer da, als wäre es gerade erst veröffentlicht worden ...

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