Test - Blair Witch Vol. 2: Coffin Rock : Blair Witch Vol. 2: Coffin Rock
- PC
|
Nun ist die Grafik ja in vielen Spielen besser als der
Sound, nicht jedoch hier. Was die Jungs von Humanhead
Studios da alles aus der Soundkarte rauskitzeln, ist wirklich
phantastisch. Wehleidige Stimmen jammern und flüstern
im Wald, der Wind scheint direkt von vorn zu blasen, fast
spürbar auf der Haut. Kinderstimmen kichern, Steine
hört man einen Hang hinabrollen, den man gerade erst
erreicht hat, fast so als würden stets tausend Blicke
auf einen gerichtet sein, die jeden eurer Schritte beobachten.
Die äußerst gefahrvolle und gruselige Atmosphäre
wird aber auch durch das Ausbleiben von derlei Umweltsounds
erreicht. Wo Vögel zwitschern sollten ist es totenstill,
lediglich das Knacken von Zweigen ist ab und an zu hören.
Auch die Synchronisation kann voll überzeugen, Lazarus'
Sprecher verleiht ihm einen nachdenklichen, melancholischen
Charakterzug, der Rest der Synchronsprecher ist zwar auch
sehr gut, reicht aber nicht ganz an Lazarus heran.
Ihr steuert Lazarus bei seiner Suche mit einer Mischung aus Tastatur und Maus (ein Gamepad kann alternativ ebenfalls verwendet werden), wobei die Maus die Blickrichtung bestimmt, die Tasten die Fortbewegung. Das ganze ist leider vollkommen misslungen, eine präzise Steuerung wird zum Glücksfall. Hakelig und unpräzise holpert der arme Lazarus durchs Gehölz. Das Treffen eines Gegners wird hierbei wohl auch per Zufall entschieden, selbst wenn ihr direkt vor einem steht, kann es passieren, das der entscheidende Treffer ausbleibt und ihr mal wieder den virtuellen Tod sterbt. Das geschieht übrigens verhältnismäßig häufig, da Lazarus nicht allzuviele Treffer verträgt. Die Einstellung des richtigen Blickwinkels müsst ihr einer automatischen Kameraführung überlassen, allerdings sorgt diese dafür, dass der Charakter von einer unfairen Situation in die nächste hineinstolpert. So kann es passieren, dass ihr beim Ändern der Kameraperspektive mitten im Kampf euren Charakter gar nicht mehr seht, da er am Rand des Screens quasi hinter der Kamera verdeckt ist. Da dürft ihr dann schon mal getrost die Schnellladen-Taste drücken, ein Entkommen ist schier unmöglich. Das ist die andere Seite der Medaille der Nocturne'-Engine.
|
Apropos Kämpfe: Das Bestiarium reicht vom bissigen Höllenhund über Geister verstorbener Soldaten bis zum Baummonster, das sich immer wieder neu zusammensetzt. Ab und an warten auch schon mal härtere Brocken auf Lazarus, die ihr nur mit einem Trick ins Jenseits befördern könnt. Ihr habt dabei eine nicht gerade reichhaltige Auswahl an Waffen. Säbel (später alternativ eine Axt), ein Revolver und ein Kruzifix, mit dem ihr euch der Geister erwehren könnt, gehören zum Instrumentarium des Helden. Generell sind die Kämpfe mit den Monstern recht einfach, das liegt hauptsächlich an der tumben KI. Manchmal jedoch kann man die Kämpfe, wie schon erwähnt, nur als unfair bezeichnen aufgrund der schlechten Kameraführung. Blut spritzt selbst bei Baummonstern, allerdings in einer unbedenklichen Art und Weise, höchstens am Schluss wird die USK Altersfreigabe ab 16 nötig.
Doch alle diese negativen Punkte werden fast wieder aufgehoben durch etwas, was man bis heute nur selten in Computerspielen sehen und hören durfte. Das wirklich bemerkenswerte von Blair Witch Vol. 2: Die Legende von Coffin Rock' ist die Verknüpfung von zwei Handlungssträngen und die Erzählweise der Gruselmär.
|
Wenn ihr euch auf den Weg gemacht habt, werdet ihr des öfteren von Erinnerungen heimgesucht, Erinnerungen an das, was zu der Wunde an eurem Kopf geführt hat. Das Geniale daran ist, dass ihr diese Erinnerungen selber spielen könnt. Ihr erfahrt dabei mehr über den Mann Lazarus, woher er kam und was ihn in die Wälder führte, wo das kleine Mädchen Robin Weaver ihn fand. In diesen Flashbacks übernehmt ihr die Rolle eines Leutnants der Nordstaatenarmee, der den Auftrag bekommt, mit einer Handvoll Männer die Wälder nach marodierenden Rebellen abzusuchen. Doch schon bald merkt ihr, dass das die geringste Bedrohung für eure Männer war.
Beide Handlungsstränge, der reale und der vergangene, bedürfen allerdings viel Geduld. Ein Grossteil der Spielzeit könnt ihr gar nicht ins Spielgeschehen eingreifen, denn dann werden die minutenlangen Zwischensequenzen (meist Dialoge mit NPCs) abgespielt, die viel zur Atmosphäre beitragen und die Geschehnisse erläutern und illustrieren. Aber gerade am Ende spielt sich das Spiel eher wie ein interaktiver Film, immer öfter unterbrechen lange Sequenzen den eigentlichen spielbaren Ablauf, so dass ihr euch durch kleine Abschnitte selbst kämpft, dann aber wieder eine unverhältnismäßig lange Zwischensequenz zu sehen bekommt.
Kommentarezum Artikel