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Special - Xbox – Der Rückblick: Interview mit Daniel Hess (Xbox Schweiz) : Special

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Einen Blick auf die Lebensjahre einer Konsole aus Sicht des Journalisten und Konsumenten zu werfen, ist eine Sache. Aber wie haben die Verantwortlichen die Zeit der Xbox erlebt? Wir fragen Daniel Hess, seines Zeichens Schweizer Chef von Microsofts Xbox. Lest im folgenden Interview, was er zur ersten Microsoft-Konsole, zur Konkurrenz und zur Xbox 360 zu sagen hat.

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Daniel Hess

Gameswelt: Microsoft ist die wohl bekannteste Marke im PC-Bereich. Als Konsolenhersteller war Microsoft aber 2001 noch ein völliger Neuling. Wie schwierig war es, als solch ein Neuling im Konsolengeschäft Fuß zu fassen? Wie gingen Sie in der Schweiz vor?

Daniel Hess: Als wir daran gegangen sind, eine Konsole zu realisieren, haben wir uns überlegt, wie man im Videospielbusiness Fuß fassen kann. Wir wussten, wir brauchten eine konkurrenzfähige Hardware, sie muss stärker sein als die Konkurrenz, besser in puncto Grafik. Aber es sind zwei Sachen: Zum einen eben die Grafik, zum anderen aber auch die Franchises, die wir aufbauen mussten und die schlussendlich die Hardware verkaufen sollten. Als Drittes hatten wir von Anfang an schon Xbox Live im Kopf. Wir hatten uns schon lange mit der Frage beschäftigt, wie Leute auf einer Konsole zu Hause gegen andere Spieler über Breitband zocken können. Allerdings war Breitband zum Xbox-Start noch nicht so weit. Die Kombination dieser drei Dinge war unsere Vision.

Als Erstes war die Hardware fertig – sie war groß, schwer, schwarz, ein Klotz. Alle haben geschrieen, wie hässlich das Gerät und wo der Produktdesigner sei. Könnten wir die Zeit zurückdrehen, würden wir mehr Zeit in das äußere Design der Xbox investieren (lacht). Bei der Xbox 360 haben wir das besser gemacht.

In puncto Brands hatten wir einen Rückstand aufzuholen: Sony war zuerst auf dem Markt mit der PlayStation 2, Sony war zuerst mit der PSone, Sony hatte eine Vorlage von etwa 50 bis 60 Millionen Konsolen – sie hatten also einen Vorsprung von sechs bis sieben Jahren und einen Vorsprung durch die schon installierte Basis. Die Leute kannten die Marke, die Spielehits, den Controller – dies aufzuholen, war tatsächlich nicht einfach. Auf der anderen Seite stand damals Nintendo. Nintendo ist eine richtige Games-Company, Sony ist eine Hardware-Company, Microsoft ist eine Software-Company. Unsere Absicht war nie, gegen Nintendo zu kämpfen, sondern wir kämpften gegen Sony. Nintendo hatte eine sehr gute Nische, die sie mit dem GameCube auszubauen versuchten, was nicht so recht geklappt hat, mit der Wii nun anscheinend schon. In dieser Situation wollten wir eine neue Konsole platzieren. Wir wollten die Marke so positionieren, dass eine Menge Leute sagen „Wow, die Konsole ist cool, die muss ich haben“. Wegen super Grafik, großartiger Games. Okay, nun brauchten wir Knaller-Spiele. So eines war ’Halo’. In der Schweiz haben wir uns außerdem auf das Snowboard-Spiel ’Amped’ fokussiert. Wir überlegten uns, wie wir die Xbox in dieser angesagten Freestyle-Szene neben der typischen Hardcore-Gamer-Szene positionieren können. Wir haben diese Community mit einigen kreativen Aktionen aufgemischt. Wir gingen an verschiedene Events und Contests. Den harten Kern der Gamer hatten wir ohnehin hinter uns, mit der tollen Grafik und Games wie ’Halo’. Anfangs hatten wir etwas zu wenig Spiele, später wurden es dann mehr. Dann ging es eigentlich nicht mehr darum, wer mehr Spiele hat und wer die bessere Grafik, sondern es ging nur noch um die Marke. In unserer ersten Konsolengeneration wussten wir, dass wir die PlayStation nicht überholen konnten. Wir wollten etwa 20 Prozent Marktanteil haben, und das ist uns auch mit der ersten Xbox gelungen. Wir haben 25 Millionen Einheiten und enorm viel ’Halo’ verkauft, wir waren in der Schweiz mit ’Amped’ erfolgreich und wir konnten durch diverse Aktionen den Gamer-Kreis etwas ausdehnen. Ein Jahr später haben wir dann Xbox Live gestartet, das ziemlich einzigartig war. Und dann hatten wir starke Marken wie ’Halo’ und ’Project Gotham Racing’ in petto, welche die Plattform definiert haben, aber auch einige Spiele, die anfangs sehr cool waren und sehr gehypt wurden wie 'Oddworld: Munch’s Oddysee’.

Wir hatten aber den einen oder anderen Titel nicht, den wir hätten haben sollen. Das eine war ’Grand Theft Auto’, das haben wir erst später irgendwann im Package bekommen, als es niemanden mehr interessiert hat. ’Amped’ auch, das hat später allerdings nicht mehr so gut funktioniert, vor allem der dritte Teil funktionierte kommerziell überhaupt nicht mehr. Von ’Amped 2’ hatten wir immerhin in der Schweiz so viel verkauft wie in Deutschland. Die meisten Third-Party-Entwickler hatten wir schon zu Xbox-Anfangszeiten hinter uns, Electronic Arts allerdings nicht. EAs Unterstützung mussten wir uns hart erkämpfen. Deshalb entwickelte Microsoft die ganzen Sportspiele zuerst alleine, das würden wir heute nicht mehr tun.

GW: Wie haben Sie den Launch der Xbox im März 2002 erlebt? Erinnern Sie sich an ein spezielles Ereignis?

DH: Am ersten Dezember 2000 wurde ich von Microsoft für diesen Job angeheuert und bereits in der ersten Woche habe ich erfahren, dass der Xbox-Start in Europa um vier Monate verschoben wurde. Da wurde mir bewusst, wie viel Zeit ich noch hatte, den Start vorzubereiten. Eine zweite Geschichte zeigt, was man alles erreichen kann, wenn man es richtig anpackt: Am Launch-Tag veranstalteten wir hier im Schweizer Microsoft-Gebäude eine Pressekonferenz, zu der 70 Pressevertreter kamen. Und gleichzeitig hielt die Swiss bzw. die Swissair eine große Pressekonferenz, zu der bloß 30 Leute erschienen sind. So ein großes Interesse an einem "Spielgerät" konnten sich viele Leute gar nicht vorstellen. Spätestens jetzt merkten viele Personen, dass in dieser Branche was los ist und dass die involvierten Leute etwas bewegen. Das war wirklich cool. So wie wir die Dinge angegangen sind, haben wir mit dafür gesorgt, dass Medien über Videospiele berichtet haben, die sich zuvor noch nicht für das Thema interessiert hatten. Da fällt mir noch eine weitere witzige Geschichte zum Xbox-Start ein: Die allererste Schweizer Xbox wurde damals von der berüchtigten Motorradgang Hell’s Angels vom Flughafen durch die vornehme Zürcher Bahnhofsstraße gefahren. Das gab ziemlich Aufruhr, natürlich bereits intern bei Microsoft, dann bei der Presse – solche Aktionen haben wir ganz bewusst gemacht, um zu zeigen, dass wir Konventionen brechen wollen. Wir wollten nicht einfach in der Spielwarenabteilung landen wie Nintendo oder ein zwanghaftes Cool-Image wie Sony aufbauen, sondern wir sind was anderes mit Ecken und Kanten.

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