Test - World of Warcraft: The War Within : Test: So gut war WoW schon lange nicht mehr
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Als vor nunmehr 20 Jahren der Startschuss für das Online-Rollenspiel World of Warcraft fiel, dürften selbst die größten Optimisten bei Blizzard nicht mit einem dermaßen durchschlagenden Erfolg gerechnet haben. WoW setzte dem gesamten Genre seinen Stempel auf. Doch in den vergangenen Jahren ging dem MMO spürbar die Puste aus. Die neueste Erweiterung The War Within soll nicht nur für etwas frischen Wind sorgen, sondern nichts weniger als eine umfassende Reanimierung einleiten. Ist World of Warcraft überhaupt noch zu retten? Tatsächlich ja.
Bei der letzten BlizzCon ließ das kalifornische Entwicklerstudio eine richtig dicke Katze aus dem Sack. Mit The War Within kündigte es nicht nur eine komplett neue Erweiterung für World of Warcraft an, sondern im selben Atemzug noch zwei weitere – nämlich Midnight und The Last Titan. Gemeinsam bilden sie die umfangreiche Weltenseele-Saga, quasi eine Art Langzeitprojekt für das mittlerweile reichlich angestaubte Online-Rollenspiel.
Die Ankündigung weckte bei den Fans seinerzeit jedoch gemischte Gefühle. Einerseits zeigt sie zwar deutlich, dass Blizzard noch einiges mit World of Warcraft vorhat und entsprechend viel Vertrauen in das Franchise setzt. Andererseits herrschte eine gewisse Skepsis, ob ein solch langfristig angelegter Plan überhaupt aufgehen kann. In den mindestens vier bis sechs Jahren, bis all diese Add-ons auf dem Markt sind, kann viel passieren. Doch wenn The War Within als der Maßstab für die WoW-Zukunft gelten soll, können wir bereits jetzt sagen: Das Warten wird sich lohnen!
Auf in neue Gefilde
Es ist kein Geheimnis, dass die richtig fetten Jahre für World of Warcraft schon lange vorbei sind. Blizzard hat zwar mithilfe zahlreicher Features, Umbrüchen und anderer Experimente krampfhaft versucht, an die alten Erfolge anzuknüpfen. Dabei sind dem Team aus Kalifornien allerdings auch einige Fehler unterlaufen.
Vor allem die sogenannte „Borrowed Power“ ist den Fans verdammt sauer aufgestoßen: Die Spieler haben über Monate hinweg ihren Ingame-Charakter verstärkt, nur um am Ende des Add-on-Lebenszyklus plötzlich ohne diese mühsam erarbeitete Macht dazustehen. Von diesem unsäglichen Konzept sind die Entwickler glücklicherweise bereits bei Dragonflight abgerückt und bringen es auch in The War Within nicht zurück – schon mal ein dicker Pluspunkt.
Die großen Ambitionen von Blizzard machen sich bereits jetzt bei der mitreißenden Geschichte bemerkbar. Schon immer lag darin eine der unbestreitbaren Stärken von WoW. Doch mit The War Within legt das Team spür- und sichtbar eine Schippe drauf. Schon in den ersten Stunden ziehen voll vertonte Zwischensequenzen überraschend tief in die Story rund um das unterirdische Reich Khaz Algar und der düsteren Xal'atath als neuer Antagonistin.
Seit geraumer Zeit war die Welt von World of Warcraft nicht mehr dermaßen einsaugend. Das liegt übrigens auch an der grandiosen Musikuntermalung, die Emotionen und Dramatik auf akustische Weise hervorragend herausarbeitet. Hinsichtlich der Atmosphäre zählt The War Within definitiv zu den besten Erweiterungen überhaupt. Doch was nützt das alles, wenn der Rest nicht passt?
Wie von früheren Add-ons gewohnt, verschlägt es euch auch diesmal wieder in eine neue Region. Die Spieler können insgesamt vier zusätzliche Gebiete erkunden, die sich thematisch voneinander unterscheiden und ihren ganz eigenen Charme versprühen. Das reicht von den anfangs fast schon idyllisch wirkenden Inseln von Dorn, über die schallenden Tiefen bis hin zum deutlich düsteren Azj-Kahet, dem Zentrum der feindlichen Neruber.
Dem Erkundungsdrang wird somit Genüge getan, auch viele andere Inhalte folgen der Standardformel von World of Warcraft. Es stehen acht neue Dungeons, (zu Beginn) ein großer Schlachtzug und Neuerungen bei den Berufen auf dem Programm. Das alles ist für sich gesehen keine große Besonderheit, wird sogar von den Fans regelrecht erwartet. In diesen Bereichen liefert Blizzard gewohnt gute Kost ab, wobei auch hier die faszinierende Geschichte besonders hervorsticht und für mehr Atmosphäre sorgt.
Es gibt viel zu tun
Glücklicherweise hat The War Within abseits dieser etwas ausgelatschten Pfade genügend Features und Inhalte zu bieten, um die Erweiterung aus der großen Masse hervorzuheben. Besonders interessant sind die sogenannten Tiefen. Dabei handelt es sich quasi um Mini-Dungeons, durch die sich Spieler wahlweise alleine oder gemeinsam mit Freunden kämpfen können. Der Clou: Ein KI-Begleiter steht hilfreich zur Seite, er kann sogar im Level aufsteigen und somit immer stärker werden. Diese Neuerung ist ideal für WoW-Fans, die nicht an jedem Tag stundenlang vor dem Bildschirm sitzen können, aber dennoch gerne wertvolle Belohnungen verdienen wollen.
Apropos verdienen: Dank der neuen Kriegsmeuten-Funktion hat zumindest ein Großteil der ebenso nervigen wie zeitaufwändigen Grind-Sessions für Zweit- oder Drittcharaktere ein Ende. Das Feature fasst sämtliche Charaktere eines Battle.net-Accounts quasi in einer Art großer Familie zusammen und teilt den Zugriff auf bereits errungene Ruhmstufen, Erfolge, Sammlerobjekte und vieles mehr. Damit können Spieler den Fokus auf die wesentlichen Inhalte von The War Within legen, ohne bei einem Charakterwechsel stets dieselben Prozeduren wiederholen zu müssen.
Wo wir gerade beim Komfort sind: Das Drachen- beziehungsweise Himmelsreiten haben die Entwickler aus Dragonflight übernommen. Somit steht dem schnellen Reisen in den neuen Gebieten nichts entgegen.
Über das Klassenbalancing lässt sich zum aktuellen Zeitpunkt noch kein finales Urteil fällen, hierfür müssen noch einige Wochen ins Land ziehen. Beim Leveln scheint jedoch die Skalierung völlig aus den Fugen geraten zu sein, selbst größere Gegnergruppen lassen sich mit Dragonflight-Ausrüstung mühelos wegkloppen. Erst im Endgame wird sich zeigen, welche Klassen sich auf Dauer an die Spitzen setzen werden.
Hierbei spielen übrigens auch die neuen Heldentalente eine wichtige Rolle. Mit deren Hilfe können die WoW-Abenteurer ihre Charaktere noch detaillierter und vor allem nach dem Vorbild legendärer Heroen ausarbeiten. Grundsätzlich ist das eine nette Idee, allerdings ist die Wahl bei den Heldentalentbäumen letztendlich etwas eingeschränkt, da es oftmals sehr offensichtliche Optionen gibt, um das Maximum herauszuholen. Sehr viel Varianz wird es hierbei nicht geben.
Abschließend wollen wir noch auf die Grafik von The War Within eingehen. Die Engine von World of Warcraft ist einiger Updates zum Trotz sichtbar in die Jahre gekommen und kann mit aktuellen Spielen nicht mithalten. Allerdings ist es Blizzard erneut gelungen, mithilfe von kleinen Kniffen das Maximum aus der Technologie herauszuholen und vor allem unfassbar atmosphärische Szenerien zu erschaffen. Nicht selten mussten wir bei unseren Reisen durch Khaz Algar unbedingt für einige Sekunden innehalten, um den sich bietenden Anblick zu genießen.
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