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Test - The Lost Crown : Gruselgeschichten des Geisterjägers

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Da erhält man ein Indie-Adventure zum Rezensieren und ahnt als Redakteur schon, was auf einen zukommt. Wieder so ein Spiel, bei dem man nicht so recht weiß, wie es einzuordnen ist. Wahrscheinlich ist die Grafik mies, aber dafür die Geschichte toll. Die Bedienung lässt zu wünschen übrig, aber die Rätsel sind ausgefeilt. Und gerade ist The Lost Crown auf unserem Schreibtisch gelandet ...

Gruselgeschichten des Geisterjägers

Bei Indie-Titeln müssen tatsächlich immer einige Abstriche gemacht werden, und das ist auch bei The Lost Crown nicht anders. Deswegen soll vorab nicht unerwähnt bleiben, dass das komplette Spiel von Jonathan Boakes fast in Eigenregie entwickelt worden ist. Aus derselben Feder stammen übrigens auch die Adventures Dark Fall und Dark Fall 2. Hut ab also und einen Pluspunkt vorweg schon einmal für die beeindruckende Arbeit, die hier geleistet wurde.

Boakes bleibt auch hier in seinem Metier und erzählt eine traurige, schaurig-schöne Geistergeschichte. Geisterjäger Nigel Danvers hat seinem Boss zu tief in die geheimen Akten geschaut, ist nun auf der Flucht und landet im kleinen englischen Küstenstädtchen Saxton. Schnell wird ihm klar, dass hier nicht alles mit rechten Dingen zugeht. Verschlossene Einwohner, Geistererscheinungen und eine alte angelsächsische Legende halten den neugierigen Danvers ordentlich auf Trab.

Die Geschichte braucht etwas, bis sie in Gang kommt, wird aber spätestens, wenn Danvers seine Geisterjägerausrüstung erhält, richtig spannend. Die Spannung wird denn auch fast das ganze Spiel aufrechterhalten, was erstaunlich ist, wenn man die Spielzeit von 25 bis 30 Stunden bedenkt. The Lost Crown ist tatsächlich kein Spiel für ein kurzes Wochenende. So sind die Geschichte und die Spielzeit auch zwei der ganz großen Pluspunkte dieses Titels.

Silly Walk

Allerdings kommt die enorm lange Spielzeit auch durch einige Punkte zustande, die weniger erfreulich sind. So schwebt der Hauptcharakter im Tempo einer schläfrigen Schnecke durch das Bild, was nicht nur unschön aussieht, sondern auch Zeit kostet und streckenweise sehr an den Nerven des Spielers zerrt. Eine flüssige Animation ist bei einem Indie-Titel natürlich nicht zu erwarten, aber was ihr hier geboten bekommt, ist teilweise schon grenzwertig.

Und das ist schade, weil die Grafik ansonsten zumindest außergewöhnlich ist. Das komplette Spiel ist in Schwarz-Weiß gehalten, von einigen Farbtupfern wie Blüten oder einer Kerzenflamme mal abgesehen. Zudem sind alle Hintergründe bearbeitete Fotos. Das ist auf jeden Fall eine interessante Idee, wenn das Budget etwas dünn ist. Die Wirkung ist erstaunlich und kann fast immer überzeugen. Die Charaktere wirken allerdings vor diesem Hintergrund umso deplatzierter. Vielleicht wäre eine First-Person-Perspektive doch angebracht gewesen.

In dieselbe Kategorie fällt auch der Sound. Tolle Musik, die die gruselige Atmosphäre gut unterstützt, klasse Geistereffekte, aber eine durchschnittliche Sprachausgabe. Hier fällt vor allem negativ auf, dass sich bestimmte Sätze ständig wiederholen. Nach dem hundertsten „Das ist so nicht richtig" möchte man nur noch den Sound abstellen. Das war zwar bei so einer Produktion nicht anders zu erwarten, aber „Edna bricht aus" hat gezeigt, dass es auch besser geht.

Ghostbuster-Gadgets

Die Bedienung des Spiels ist klassisch: Der Mauszeiger verändert sich, wenn Interaktionen mit Gegenständen oder Personen möglich sind. So lassen sich die Bildschirme meist schnell einmal absuchen. Da die Hotspots streckenweise aber recht klein sind und eine Anzeige fehlt, könnt ihr schon mal etwas übersehen. Macht aber nicht so viel, denn um euch überflüssiges Rumgerenne zu ersparen, verlässt Danvers einen bestimmten Ort erst, wenn ihr wirklich alles gefunden und getan habt, was möglich ist.

Ein wirklicher Hit ist die Geisterjägerausrüstung. Mit EMT (misst paranormale Störungen), Nachtsichtcamcorder, Digitalkamera und Tonbandgerät ausgestattet, macht sich Danvers an die Geister heran. Und das ist wirklich spannend, denn wenn im grünlichen Schein des Kameramonitors sich auf einmal Lichterscheinungen bewegen, wo mit bloßem Auge nichts zu erkennen war, kommt so richtig Geisteratmosphäre auf. Um nicht ständig und überall die Geräte ausprobieren zu müssen, flüstert eine Geisterstimme übrigens „Hier", wenn etwas im Busch ist.

Die Ausrüstung ist natürlich nicht nur Spielzeug, sondern dient vor allem dem Sammeln von sachdienlichen Hinweisen, die die Geschichte, neben reichlich Lesestoff und einigen Infos der Einwohner, vorwärtsbringen. Und sie werden auch zum Lösen der Rätsel eingesetzt, die anfangs noch einfach und überschaubar sind, im Laufe des Spiels aber an Komplexität deutlich zulegen. Bei der Länge des Spiels nicht verwunderlich, kommt in The Lost Crown doch alles zum Einsatz, was auch nur annähernd mit Rätseln zu tun hat. Inventar- und Kombinationsrätsel, Puzzle- und Schieberätsel, Zahlen- und sogar Soundrätsel. Erstaunlicherweise sind fast alle Kopfnüsse logisch und sinnvoll in die Geschichte eingebunden.

Fazit

Stephan Fassmer - Portraitvon Stephan Fassmer
The Lost Crown ist halt wieder mal so ein Indie-Titel. Aber ein kleines Stückchen besser als das meiste, was sonst so auf dem Schreibtisch landet, ist er schon. Nun gut, die Animationen, vor allem die des Hauptcharakters, sind grottenschlecht. Die Grafik ansonsten ist zwar schlicht, aber durch die Schwarz-Weiß-Malerei mit Farbtupfen originell und schön anzusehen. Der Sound ist toll, solange er mit Musik und Effekten im Hintergrund bleibt, die Sprachausgabe im besten Fall noch durchschnittlich. Was aber zumindest Mystery-Adventure-Freunde begeistern wird, sind die spannende, atmosphärische Geschichte und die wirklich enorm lange Spielzeit. Die meist guten und logischen Rätsel sind da natürlich eine nette Dreingabe. Trotzdem ist The Lost Crown wohl kein Spiel für jedermann. Wie an dieser Beurteilung scheiden sich wohl auch da die Geister.

Überblick

Pro

  • spannende Geistergeschichte
  • gruselige Atmosphäre
  • enorm lange Spielzeit
  • interessante Hintergrundgrafik
  • tolle Geisterjägerausrüstung
  • viele, meist logische Rätsel

Contra

  • gruselige Charakteranimationen
  • kleinere Bedienschwächen
  • sich wiederholende Sprachausgabe

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