Preview - Saints Row : Fasching auf mexikanisch
- PC
- PS5
- PS4
- XSX
- One
Wie viel Sandbox in einem Spiel drinsteckt, erkennt man am besten dort, wo persönliche Entscheidungen am meisten Ausschlag geben. Wie viel Freiheit Saints Row allgemein gewährt, lässt sich jetzt noch nicht sagen, aber beim Blick auf den Charakter-Editor wird eines klar: Am Design des eigenen Avatars scheitert die gefühlte Vogelfreiheit garantiert nicht.
Wer hat eigentlich behauptet, Gangster müssten immer finster dreinblicken und Coolness ausstrahlen? Wenn uns Batman eines gelehrt hat, dann dass die Unberechenbarkeit eines anarchistischen Freaks viel furchteinflößender ist. Manche Menschen wollen die Welt einfach nur brennen sehen, andere ergötzen sich daran, wenn ihr vor lauter WTF-Bekundungen nicht wisst, ob ihr schießen oder lachen sollt.
Entwickler Volition zufolge könnte das schon bald mehr als eine Floskel sein. Wenn das neue Saints Row im August erscheint, wird euch jedenfalls niemand daran hindern, es dem Joker gleich zu tun oder noch krassere Modeverbrechen zu begehen.
Style für jedes Körperteil
Moment mal. Modeverbrechen? Wer stellt den sowas fest? Die Modepolizei? Pah, die soll mal kommen. Cool ist, was ihr und eure Freunde cool finden. Schön ist, wie ihr euch schön findet. Und genau diese Philosophie dürft ihr in Saints Row voll ausleben. Männlein, Weiblein oder divers ist hier nur die Speerspitze der Designentscheidungen, die keinen Schubladen zugewiesen wird. Ihr dürft alles sein, alles tragen, euch beliebig schminken und eure Attitüde frei Schnauze spazieren führen. Werdet Teil der Sparcle Army, tragt einen Kilt über Blümchensocken oder zollt einer Vogelscheuche Tribut. Kurzum, tut was ihr wollt.
Einfach nur einen noblen Anzug tragen und auf Al Pacino machen? Ja, das geht auch. Zwingt euch ja keiner zu Extravaganzen. Aber wer will denn so langweilig sein, wenn das bereitgestellte Design-Werkzeug derart vielseitig ist? Aus den acht Basis-Charaktermodellen, die ihr als Rohlinge wählt, könnt ihr beinahe alles gestalten, was euch vorschwebt. Muskulös, fett, alt jung, völlig egal. Anything goes.
Selbst asymmetrische Gesichter bis hin zu entstellten Gestalten mit Beulen und kranken Auswüchsen berücksichtigt das entsprechende Menü durch mehrere Slider für rechte und linke Körperhälfte. Horror-Fantasien wie etwa drei Pupillen je Auge, Vampirbleiche und Narben gehören ebenfalls zur Gesichtsgestaltung.
Get your freak on
Der Charaktereditor in Saints Row geht wahrlich ins Detail. Unterwäsche, Socken, Shirts und Hosen decken nur das Gröbste ab. Einzelne Haare in einer üppigen Frisur färben, Tattoos platzieren oder ein Metallgebiss anlegen, das an den Beißer aus den James Bond-Filmen erinnert, ist dagegen ein ganz anderes Kaliber persönlicher Freiheit. Und wenn ihr so weit geht, warum dann nicht gleich eine Captain-Hook-Gedächtnis-Armprothese anlegen? Oder einen Vollkörper-Hautersatz aus Holz? Vielleicht einen wabbeligen Pferdekopf als Verzierung? Ihr seht, wohin das führt.
Wer braucht schon Marvel-Adaptionen, wenn man sich den grünen Hulk selbst basteln kann. Superhelden, die fliegen? Die mag es nicht geben, aber sich per Schleudersitz aus dem Auto werfen lassen, um mit einem Wingsuit über die Dächer der Stadt zu schweben, kommt dem recht nah. Wenn ihr wollt, beginnen Deadmau5- und Elton-John-Lookalikes im Fiederkleid eine Verbrecherkarriere in eurer Gang.
Die schiere Anzahl wie auch die Qualität der Assets verdeutlichen, warum das neue Saints Row nur auf den neuen Konsolen erscheint. Mannigfaltige und detailreich gestaltete Accessoires, aber auch etliche mögliche Animationsroutinen verbraten sicherlich irre viel Grafikspeicher und sollten der offenen Welt trotzdem nicht die Show stehlen, beziehungsweise die Handbremse bei der Bildrate ziehen.
Ballern und fahren inbegriffen
Als das neue Saints Row letztes Jahr angekündigt wurde, rollte ein kollektiver Seufzer der Enttäuschung quer durch das Netz. Viele hatten sich ein total verrücktes Open-World-Spiel erhofft, das sich als würdiger Nachfolger des gefeierten vierten Teils erweist. Mit den neuen, abgefahrenen Einstellungsmöglichkeiten dürfte selbst beim größten Skeptiker die Hoffnung aufkeimen, dass es sich unterm Strich doch noch in eine ähnliche Richtung entwickeln könnte. Schon die Gestaltung der Autos und der Waffen lässt irres Zeug erahnen – ein Gitarrenkoffer lässt sich zum Beispiel mal eben zu einer Bazooka umfunktionieren. Es geht dabei nicht um Verkleidungen für Waffen. Nein, ihr nehmt euch tatsächlich Knochen oder Piñatas und ballert damit tödliche Kugeln. Was für ein abgefahrener Shit.
Bei 80 aufbrezelbaren Fahrzeugen und einer Vielzahl abgefahrener Waffendesigns dürfte eine Menge Spielzeit beim Finden und Gestalten etlicher Nebensächlichkeiten draufgehen. Auf Hoverboards gleiten? Aus einer Krücke ballern? Eine Familienkutsche als Segelschiff tarnen? Realismus ist in keiner Hinsicht ein Maßstab.
Alle Gestaltungsmuffel, die nun aufstöhnen, dürfen beruhigt aufatmen. Wer keine Lust hat, jede Schraube an einem Fahrzeug eigenhändig umzufärben, kann auch eine große Anzahl an harmonisch abgestimmte Presets zurückgreifen, bei denen ein persönlicher Touch nur wenige zusätzliche Handgriffe benötigt.
Die praktische Seite
Freakiges Aussehen schön und gut, aber was hat man denn davon, abseits der optischen Spielerei? Nun, nicht alle Einstellungsmöglichkeiten betreffen Äußerlichkeiten. Größere Reifen an eurem Auto helfen euch beispielsweise beim Durchqueren der Wüste, Nitros bringen euch schneller ans Ziel und ein Armeepanzer kommt erwartungsgemäß mit einer harten Hülle daher, die selbst großkalibrigen Waffen widersteht.
Da Saints Row großen Wert auf Kooperation im Multiplayer-Modus legt, spielen viele Designentscheidungen auch eine Rolle beim Management der eigenen Crew und den krummen Dingern, die ihr gemeinsam dreht. So kann ein Abschleppseil praktisch sein, um fremde Fahrzeuge durch die Stadt zu schleifen, aber es gibt auch ein prima Verteidigungswerkzeug gegen die Cops ab, wenn ihr eine Abrissbirne hinter euch her zieht.
Mit einer Kirche als zentralem Anlaufpunkt, in dem ihr eure Verbrechen plant, all eure fertigen Designs als Presets ablegt oder sogar eurer Online-Crew ein Design-Motto vorgebt, entwickelt und etabliert ihr letztendlich eine ganz eigene Verbrecher-Geschmacksrichtung.
Kommentarezum Artikel