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Special - Ahmet-Kolumne: Hacker vs. PSN & XBL : Un, DDoS, Tres

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    Es war wie ein schlechter Film: Eine Hackergruppe namens Lizard Squad hat über Weihnachten das PlayStation Network sowie Xbox Live angegriffen und komplett lahmgelegt. Als Retter in der Not schaltete sich am 26. Dezember der am Boden zerstörte Kim Dotcom ein, um die Aggressoren mit Mega-Accounts zu bestechen. Kurze Zeit später war Xbox Live wieder zugänglich, während das PSN erst in der Nacht zum 28. einigermaßen sauber lief.

    (Anm. d. Red.: Wie immer bei Gastbeiträgen gilt: Die Meinung des Autors muss nicht zwangsläufig mit der Meinung der Redaktion übereinstimmen.)


    Könnte es wirklich sein,
    dass er unsere Rettung
    beschleunigt hat?
    (Klicken zum Vergrößern)

    Einige sind ja der Meinung, Sony und Microsoft könnten nichts dafür, dass sie von Hackern angegriffen wurden. In einem Interview mit Dailydot behauptet Lizard-Squad-Mitglied Omari: “Microsoft und Sony sind fucking zurückgeblieben, sie sind buchstäblich Affen hinter Computern. Sie hätten deutlich bessere Chancen, wenn sie Leute anheuern, die wissen was sie tun. Sie müssten einfach nur Gefängnisse abklappern und Typen anwerben, die für solche Hacks verurteilt wurden. Dann könnten sie solche Angriffe verhindern.“ Lizard Squad wollte Sony und Microsoft also vor allem deren Inkompetenz unter die Nase reiben.

    "Wenn ich bei denen arbeiten würde und ein ausreichend großes Budget hätte, könnte ich diese Angriffe problemlos stoppen“, fügt sein Partner Ryan Cleary hinzu. "Ich würde mehr Bandbreite sowie spezielles Equipment kaufen und das Ganze richtig konfigurieren. Man braucht einfach nur Programmierkenntnisse.“ Ich habe von solchen Dingen keine Ahnung und möchte deshalb auch gar nicht darüber streiten, ob man sich gegen solche Angriffe wehren kann oder nicht. Denn selbst wenn man sich mit sehr viel Geld schützen könnte, bleibt am Ende die Frage, ob das Ganze dann noch lukrativ wäre für Microsoft oder Sony. Die Worte eines anonymen Reddit-Users: „Man könnte das PSN oder XBL komplett gegen solche Attacken schützen, aber dann müssten die User wahrscheinlich den doppelten Preis für ein Jahresabo bezahlen.“

    Geld löst nicht alle Probleme


    Auf dem Ohr waren Sony und Microsoft
    anscheinend taub.

    Lizard Squad hatte die Attacke im Vorfeld angekündigt und trotzdem waren Sony und Microsoft völlig wehrlos. Dummheit? Inkompetenz? Überheblichkeit? Ignoranz? Jedenfalls haben sich im Vorfeld nicht nur die Angreifer, sondern auch eine Gruppe namens FinestSquad die Finger blutig getwittert: „Seht ihr nicht, dass der Traffic auf euren Servern nicht gefiltert wird? IHR MÜSST EINGEHENDE BAD-TRAFFIC-REQUESTS BLOCKIEREN!“ Gebracht haben die Warnungen und Hinweise aber nichts. Ich hätte ja kein Problem damit, 100 Euro pro Jahr für PlayStation Plus zu blechen, wenn ich dafür über Weihnachten störfrei Destiny spielen könnte. Allerdings ist das ein Wunschtraum. Denn selbst wenn Sony oder Microsoft mehr Geld investieren würden, um die Sicherheit ihrer Netzwerke zu verbessern – der nächste Angriff wäre trotzdem nur eine Frage der Zeit.

    Es wird immer irgendwelche Penner geben, die der Welt beweisen müssen, dass sie die dicksten Eier haben. Was mich am aktuellen Angriff besonders gestört hat, ist die behinderte Informationspolitik von Sony und Microsoft. Die Beschwerden der Xbox-Live-User wurden völlig ignoriert. Dafür wurden sie auf Facebook und Twitter mit „Bald kommt die Halo-5-MP-Beta!“-Beiträgen zugeschissen. Zugutehalten muss man Microsoft, dass Xbox Live im Vergleich zum PSN deutlich früher wieder online war. Hatte Microsoft besser vorgesorgt oder liegt es einfach nur daran, dass kaum mehr jemand mit einer Xbox spielt?

    Sonys AskPlayStation-Account rotzte per Twitter immer wieder dieselben nichtssagenden Phrasen ins Netz. „Uns ist bewusst, dass manche User Probleme mit ihrem PSN-Zugang haben. Unsere Techniker arbeiten hart an einer Lösung. Danke für ihre Geduld.“ Dass Sony „manche User“ schreibt, ist wirklich die Untertreibung des Jahres. Das ist so, als hätte Malaysia Airlines damals geschrieben: „Manche Passagiere von Flug MH17 hatten Probleme damit, den Zielflughafen lebend zu erreichen.“

    Schnell ist was anderes

    Warum haben Sony und Microsoft nicht wenigstens eine Pressemitteilung verschickt? Diese hätte man dank der Vorwarnungen locker vorab verfassen können – nur für den Fall. Ich verstehe einfach nicht, wie man seine zahlenden Kunden derart im Regen stehenlassen kann. Wieso wurden nicht sofort in allen Sprachen entsprechende Beiträge in den sozialen Netzwerken prominent platziert? Wieso gab es bis heute kein deutsches Statement? Erst am 28. Dezember, als der Spuk quasi vorbei war, veröffentlichte der europäische PlayStation-Blog ein englischsprachiges Statement.

    Ein Hauptgrund dafür ist, dass die Niederlassungen nicht mal furzen dürfen, wenn sie kein grünes Licht von der Firmenzentrale bekommen. Kein Wort dringt nach draußen, bevor es nicht von unterschiedlichen Stellen geprüft und freigegeben wurde. Das dauert ewig und am Ende bleiben nur Wischiwaschi-Aussagen übrig. Ich würde mich an deren Stelle schämen und diese Katastrophe dazu nutzen, ein paar grundlegende Dinge zu ändern.

    Während wir ratlos vor unseren Konsolen saßen, hat Sony seine PlayStation-Facebook-Seite mit Maxdome-Werbung und anderen nutzlosen Beiträgen zugemüllt. Irgendwie lustig, dass Sony die PlayStation-App eines Video-On-Demand-Services anpreist, während die Kunden offline und völlig verzweifelt sind. Ein fähiges Unternehmen hätte die Nutzer sofort nach der Attacke auf allen Kanälen informiert. Da das PSN zwischendurch immer wieder kurz erreichbar war, hätte man vielleicht sogar eine entsprechende Warnung direkt als Benachrichtigung an die Konsolen senden können.

    Die Lösung: MTU 1473

    Es kommt aber noch schlimmer. In einem Destiny-Forum wurde mir von einem User geraten, in den Internet-Einstellungen der PlayStation den MTU-Wert von „1500“ in „1473“ zu ändern. Ich dachte zuerst: „Ja, klar. Verarschen kann ich mich selber.“ Aber es hat tatsächlich funktioniert. Ich konnte mich wieder einloggen und online zocken. Eine Stunde später konnte man den MTU-Tipp überall im Netz finden und plötzlich waren 60 Prozent meiner Destiny-Mitstreiter wieder im Spiel.

    Wir haben den Wert zum Test zurück auf „1500“ gestellt und schon war die Leitung wieder tot. Wobei einige Leute behaupten, dass die MTU-Umstellung ebenfalls Probleme für Sonys Server verursachen könnte. Keine Ahnung, ob das stimmt und es ist mir auch egal, so lange ich auf anderem Wege nicht ins PSN komme. Wieso hat sich Sony eigentlich nicht zu dem MTU-Workaround geäußert? Warum bekommt man so wichtige Infos nur aus dritter Hand?

    Traurig ist auch, dass Sony und Microsoft bis dato keine Entschädigung in Aussicht gestellt haben. Einen Monat XBL Gold oder PS Plus geschenkt? Irgendein altes Spiel als Gratis-Download? Das wäre wenigstens etwas, auch wenn es am Problem selbst nichts ändert. Ich erwarte einfach nur eine angemessene Reaktion. Etwas mehr Demut oder Verantwortungsgefühl wären angebracht und nicht einfach nur so ein schäbiges „Sorry, dass ihr Probleme hattet und danke für eure Geduld“-Statement. Am Ende bleiben nur zwei mögliche Gründe für diesen gigantischen Kommunikations-Fail: 1. Microsoft und Sony sind inkompetent. 2. Microsoft und Sony scheißen auf uns. Welche der beiden Möglichkeiten gefällt euch besser?

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    Über den Autor

    Unser Kolumnist Ahmet Iscitürk schreibt seit 16 Jahren über Spiele und müsste deshalb schon längst für die andere Seite arbeiten - zum Beispiel als PR-Manager. Darauf hat er aber keinen Bock. Ebenso wenig möchte er YouTube-Videos machen, denn er ist zu fett für die Kamera. Das Schreiben ist seine einzige Fähigkeit und darum wird er mit den Fingern auf der Tastatur sterben. Sein Credo lautet: „Lebe deinen Traum, auch wenn der Traum scheiße ist.“ Seinen Untergang könnt ihr unter anderem auf Twitter live miterleben.

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