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Test - Call of Duty: Infinite Warfare : Zurück in die Zukunft

  • PS4
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Im Vorfeld rebellierte ein Teil der CoD-Community im Internet gegen die futuristische Ausrichtung des diesjährigen Call-of-Duty-Ablegers. Infinity Ward fuhr schwere Geschütze auf: Mit der Verpflichtung von Kit Harrington, den die meisten wahrscheinlich als Jon Schnee aus “Game of Thrones” kennen, soll die Kampagne die Spieler in den Bann ziehen. Zusammen mit neuen Multiplayer-Optionen und der 80er-Jahre-Zombie-Gaudi bekommen Call-of-Duty-Fans auf jeden Fall wieder die volle Dröhnung.

An einem bedeutsamen Feiertag, an dem die UNSA in Genf dem eigenen Militär mit einer großen Parade Respekt zollt, schlägt Salen Kotch zu. Mit einem kolossalen Schlag radiert der Admiral der Settlement Defense Force den Großteil des UNSA-Militärs aus. Lieutenant Reyes wird mitten im Chaos zum Kommandanten der Retribution. Das riesige Schlachtschiff schafft es ziemlich demoliert aus dem Krisengebiet. In seiner neuen Position muss Reyes dafür sorgen, dass die Erde vor weiteren Angriffen geschützt wird.

Bloß nicht Schema F

Startet man in eine Call-of-Duty-Kampagne, dann findet man sich oft in der Rolle des Grünschnabels wieder, der frisch von der Akademie kommt und jetzt bei den großen Jungs mitmischen darf. Bei Infinite Warfare ist das anders. Ihr als Kommandant Reyes habt nicht nur die Kontrolle, sondern auch die Verantwortung für eine der letzten Verteidigungslinien der UNSA und gleichzeitig für viele Menschenleben. Hunderte von Soldaten, die alle auf sein Kommando hören.

Infinity Ward bricht gleich auf mehrere Arten mit der klassischen Erzählstruktur der Reihe. Raumkämpfe wechseln sich mit Gefechten auf dem Boden ab. Selbst wenn ihr ein Flugzeug steuert, das Bewegungsspektrum wird nicht völlig auf den Kopf gestellt. Die meisten Funktionen befinden sich auch im Cockpit des Jackal-Kampfjets auf den gleichen Tasten und Knöpfen. Einerseits fällt die Umgewöhnung nicht schwer, andererseits fühlen sich die Flugeinlagen etwas fremd an. Als würde man kein Flugzeug fliegen, sondern in einem galaktischen Helikopter sitzen.

Der Kapitän hat das Sagen

Die Dogfights im All lockern aber das Gameplay auf und sind ein wichtiger Bestandteil der Nebenmissionen. Ihr habt richtig gehört: Als Kapitän der Retribution wählt ihr auf der frei begehbaren Brücke die Einsätze aus. Optionale Missionen belohnen euch mit dauerhaften Verbesserungen, wie beispielsweise schnellerer Regeneration der Lebensenergie. Außerdem arbeitet ihr so die Most-Wanted-Liste ab, die ihr in der Kabine von Reyes begutachten könnt. Wer jetzt befürchtet, sich mit ähnlich faden Abstechern wie den Strikeforce-Missionen aus Call of Duty: Black Ops II quälen zu müssen, kann beruhigt sein. Die meisten Nebenmissionen machen Laune.

Prinzipiell unterhält die Kampagne von Infinite Warfare auf gutem Niveau. Gerade die Inszenierung ist beeindruckend. Dennoch leidet der Einzelspielermodus an Krankheiten, die die Reihe seit einiger Zeit mit sich herumschleppt. Während beispielsweise Titanfall 2 regelmäßig mit cleveren Gameplay-Kniffen überrascht und euch so aus der Reserve lockt, verfällt die Action hier stets dem gleichen Trott. Ihr habt ein Ziel, rennt hin und ballert auf dem Weg dahin alles und jeden, der das Feuer erwidert, über den Haufen.

Zwar wird öfters mal das Tempo herausgenommen, doch nur, um am Ende eines Kapitels wieder voll aufzudrehen. Es fehlen die frischen Reize, trotz der neu eingeführten Elemente. Oberflächlich wehrt sich Call of Duty: Infinite Warfare gegen festgefahrene Konventionen der eigenen Reihe, doch im Kern wird es die alten Gameplay-Gewohnheiten nicht los.

Salen wer?

Das ist aber halb so wild, die Inszenierung fängt eine Menge auf. Tragischer ist da schon das verschenkte Potenzial des Bösewichts. Anfangs macht Salen Kotch einen wirklich bedrohlichen Eindruck. Ihr bekommt das Gefühl, es mit einem gefährlichen Gegenspieler zu tun zu haben. Admiral Kotch ist rücksichtslos, zutiefst von sich selbst überzeugt, scheint euch immer einen Schritt voraus zu sein und mischt sich regelmäßig in eure Angelegenheiten ein. Hat Infinity Ward einen Antagonisten geschaffen, der euch die Stirn bietet?

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Nein. Dafür verblasst Kotch gegen Ende zu sehr. So gesehen gibt es nicht mal einen richtigen Showdown. Zwar wird im Vorfeld einer aufgebaut, die Auflösung ist trotz eines netten Gimmicks aber ziemlich enttäuschend. Habt ihr jemals voller Vorfreude einen Feuerwerkskörper angezündet und auf den großen Knall gewartet, nur um den Böller wenige Sekunden später leise verpuffen zu hören?

So ungefähr handhabt Infinity Ward das erste richtige Aufeinandertreffen zwischen Reyes und Kotch. Vielleicht hätte es anders auch nicht zum militärischen Ton der Handlung gepasst. Die Geschichte von Call of Duty: Infinite Warfare ist keine über Helden oder Heldentum. Es gibt keine übermenschlichen Supersoldaten, sondern “nur” Menschen mit Verantwortung und Opferbereitschaft. Dennoch: Salen Kotchs Rolle ist letztendlich enttäuschend.

Anders und doch vertraut

In der Kampagne erwartet euch also durchaus eine Menge Licht, aber auch Schatten. Sitzt ihr nach gut acht Stunden vor den Credits, bleiben einige Momente in Erinnerung, besonders die Persönlichkeiten des engeren Umfelds von Kommandant Reyes: Omar ist der stolze Marine, der Anfangs gar nicht so gut auf den neuen Chef der Retribution zu sprechen ist. Lieutenant Salter ist die engste Verbündetete von Reyes. Man merkt, beide haben schon eine Menge durchgemacht. Besonders gelungen ist Ethan: Eigentlich ein Kampfroboter, strotzt die ballernde Blechbüchse nur so vor Charme und Persönlichkeit. Unter der Oberfläche schlummert jedoch der gleiche Kern: Die Kampagne macht Spaß, haut aber nicht aus den Socken.

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