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Test - Bubble Bobble 4 : Die Kult-Drachen sind zurück!

  • NSw
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Wenn du allein beim Anblick der beiden Drachen auf dem Cover jetzt einen Ohrwurm im Kopf hast, dann bist du wahrscheinlich genau wie ich in den 80ern mit Bubble Bobble aufgewachsen. Das Jump‘n‘Run aus dem Hause Taito war seinerzeit auf dem C-64 (oder einer der 18 anderen Plattformen, auf dem es erschien) der Gute-Laune-Garant nach langweiligen Schultagen. Jetzt ist es wieder da, exklusiv für Switch, und wird dir den tristen Winter aufhellen!

Bubble Bobble ist Kult – und war das schon lange, bevor dieser Ausdruck seinen Weg in die Jugendsprache fand, aus der es zusammen mit seinen damaligen Spielern schon seit Langem wieder entwachsen ist. Bubble Bobble war gute Laune auf Knopfdruck, nicht nur wegen der bunten Farben, den drolligen Drachen und der fröhlichen Musik, sondern vor allem weil man es zu zweit spielen konnte, was stets mit viel „Juchhe!“ und „Hui!“ begann und darin endete, dass man sich gegenseitig die wertvollsten Bonusgegenstände vor der Nase wegschnappte – also im Grunde wie bei Borderlands, nur schon ein paar Jahrzehnte früher.

Aus heutiger Sicht mag der Erfolg von Bubble Bobble und die Verehrung, die ihm bis in die Gegenwart zukommt, seltsam erscheinen. Verglichen mit anderen Klassikern des Genres, von Mario bis Sonic, wirkt Bubble Bobble auf den ersten Blick auffallend reduziert, möglicherweise gar primitiv: Statt sich einen Weg durch große vorbeiscrollende Level zu bahnen, war jede Stage von Bubble Bobble lediglich einen Bildschirm groß, statt sich als heldenhafter Abenteurer auf großer Rettungsmission zu wähnen, wie etwa Mario, wusste man in Bubble Bobble eigentlich gar nicht genau, was man da eigentlich tat und warum.

Doch gerade in dieser Reduziertheit lag das Erfolgsgeheimnis des Spiels: Jeder der immerhin 100 bildschirmgroßen Level besaß seine ganz eigene Besonderheit und Herausforderung. Die unterschiedlichen Gegner und vielen kleinen Details machten immer wieder andere Vorgehensweisen nötig. Vor allem aber verschoss man in Bubble Bobble keine Geschosse, sondern Blasen, die den Gegner nicht sofort beseitigen, sondern ihn zunächst einhüllen und forttragen. Erst wenn die Blase, in der er schwebt, zum Platzen gebracht wird, ist er besiegt – bis dahin hat er aber die Chance, sich wieder daraus zu befreien, wenn man nicht rechtzeitig zur Stelle ist. Gleichzeitig können die Blasen zweckentfremdet werden, um auf ihnen zu hüpfen und dadurch an Orte zu gelangen, die auf normalem Wege unerreichbar sind. Allein mit solcherlei Kleinigkeiten ergab sich mit Bubble Bobble ein Spielgefühl, das es vollkommen von allen anderen Spielen des Genres unterschied.

Vor allem aber seinem Zwei-Spieler-Modus verdankt Bubble Bobble seinen Legendenstatus. Er allein macht das Spiel zu einer einzigen großen Gaudi – nicht nur, weil zu zweit sowieso alles besser geht, sondern weil das Spiel insgeheim eine Anleitung zu gewissermaßen sozial-asozialem Verhalten enthält. Denn indem man sich ständig gegenseitig die Punkte für den Highscore vor der Nase wegschnappt, entsteht irgendwann ein bizarr-dynamisches Wechselspiel aus nobler Zusammenarbeit und gehässigem Wettkampf.

4 gewinnt

Diesen Punkt haben die Entwickler von Bubble Bobble 4 Friends offensichtlich begriffen und mit sich selbst multipliziert. Denn Teil 4 trägt die Zahl nicht nur als Seriennummerierung im Titel, sondern gleichzeitig als Motto, weil jetzt bis zu vier Freunde gemeinsam spielen - und sich dabei nicht mehr die Bonusgegenstände vor der Nase wegschnappen - können. Bubble Bobble 4 ist ein rundum familienfreundlich soziales Spiel, in dem man kollektiv zum gemeinsamen Punktestand beiträgt und Gehässigkeiten außen vor bleiben.

Zunächst aber mag sich mancher Fan von einst die Frage stellen: gab es wirklich auch Bubble Bobble 2 und 3? Ja, nur hießen die nicht so, sondern Rainbow Islands und Parasol Stars und hatten mit dem ersten Teil nur bedingt zu tun: So waren nicht mehr zwei knuddelige Dinos als Helden spielbar, sondern zwei Latzhosen-Rotzlöffel und statt Blubberblasen verschoss man Regenbögen oder nutzte einen Regenschirm als Schild und Waffe gleichzeitig. Bubble Bobble 4 Friends ignoriert diese Ableger und steht voll und ganz in der Tradition des Originals.

Bubble Bobble 4 Friends ist eine liebevolle Hommage an den Charme des Originals und dennoch eine konsequente Weiterentwicklung, wie man sie von einem echten Nachfolger erwartet. Wieder sind die einzelnen Level jeweils einen Bildschirm groß, woraus die Entwickler noch viel stärker als im Original ihr Kapital schlagen, indem sie wechselnde Gameplay-Konzepte in den Vordergrund stellen: Manche Level fungieren als kleine Geschicklichkeitstests, manche geben eine Art Hindernisparcour vor und andere wiederum erfordern kooperatives Zusammenspiel.

Hierzu sind den Entwicklern viele kleine Ideen eingefallen, die das Spielprinzip des Originals sinnvoll weiterdenken: neue Blasen etwa, die Blitze verschießen und Bomben durch die Level tragen, Spezialskills wie Fernschuss-Blasen und Sprungangriffe, mit denen jeder Spieler seinen Spielstil individualisiert, und auch richtige Bosskämpfe gibt es diesmal (die allerdings gerne etwas raffinierter hätten ausfallen können). Auch weht diesmal der Wind durch jeden Level und beeinflusst dadurch die Flugbahn der Blasen, was in manchen Abschnitten schon fast sowas wie kleine Rätsel aufgibt.

Ding-Ding-Ding, Ding-Ding-Ding-Ding ...

Wer über Bubble Bobble spricht, kann gar nicht anders, als auch über seinen Soundtrack zu sprechen, diese kleine, fröhliche und höchst eingängige Melodie, die sich selbst Jahrzehnte später noch mit konstanter Regelmäßigkeit als Ohrwurm zurückmeldet und der das Kunststück gelang, niemals auf die Nerven zu gehen, obwohl sie in Endlosschleife ohne Variationen in der Stimmung oder beim Tempo in einer Tour durchnudelte. Der Nachfolger greift dieses Konzept nahezu kongenial auf. Jede Spielwelt hat ihren eigenen Soundtrack, der mit ähnlich kurzen und simplen Melodien arbeitet, immer hart an der Grenze schrammt zwischen nervigem Gedudel und launiger Aufforderung zum heiteren Mitwippen, und in die sogar immer wieder, mal ganz offensichtlich, mal fast unkenntlich subtil das Originalthema eingewoben ist.

Wie schon im Original ist eine Geschichte quasi nicht existent. Sie hat irgendwas damit zu tun, dass der Sandmann die Plüschtier-Drachen zum Leben erweckt, die sich daraufhin auf eine abenteuerliche Reise durchs Kinderzimmer begeben. Dass dieser Hauch von Handlung überhaupt in diesem Test Erwähnung findet, liegt daran, dass sich daran die Themen der einzelnen Level festmachen: eine Spielzeug-Welt, eine Raumfahrt-Welt, eine Traumwelt … Insgesamt 5 Stück zu jeweils 10 Stages, 50 also insgesamt und damit halb so viele wie im Original. Maximal zwei Stunden werden dafür benötigt – je mehr Spieler, umso kürzer. Ein bisschen mehr Umfang wäre sicherlich wünschenswert gewesen, allerdings war Bubble Bobble noch nie ein Spiel, das man „durchspielt“ und dann weglegt, sondern eines, das man wie Multiplayer-Partien immer und immer wieder spielt.

Damit das nicht nur möglichst, sondern absolut frustfrei verläuft, kommt Bubble Bobble 4 Friends seinen Spielern maximal entgegen. Sind alle Leben verbraucht, könnt ihr per „Continue“ direkt im selben Level weitermachen und müsst nie wieder ganz von vorne beginnen. Scheitert ihr mehrfach hintereinander, bietet euch das Spiel gar die Unsterblichkeit an – was aber allenfalls in den etwas knackigeren Bosskämpfen nötig sein dürfte, denn im Gegensatz zu seinem Original, das als Spielhallen-Automat seine Spieler dazu verführen wollte, eine Münze nach der anderen einzuwerfen, ist Bubble Bobble 4 Friends rein auf die gemeinsame Erfahrung und nicht auf Herausforderung ausgelegt. Für diese gibt es nach dem Durchspielen den härteren Schwierigkeitsgrad, in dem zwar die gleichen Level, aber besonders tückische Gegner auf euch warten.

Das komplette Original ist übrigens ebenfalls im Spiel enthalten und zwar in der ursprünglichen Arcade-Automatenversion (leider nicht optional auch in der neuen Grafik-Engine), wodurch sich die individuellen Stärken und Schwächen zwischen Vorgänger und Nachfolger, Original und Hommage, direkt einander gegenüberstellen lassen. Dabei fallen zahlreiche, mitunter nur winzig kleine Änderungen auf, die Teil 4 vermissen lässt und ihm womöglich das letzte Quäntchen fehlender Raffinesse verliehen hätten.

Während die Gegner im neuen Teil etwa lediglich in streng geometrischen Bahnen unterwegs sind und allenfalls nach dem jederzeit vorhersehbaren Gesetz von Einfalls- und Ausfallswinkel die Richtung ändern, fielen ihre Wege seinerzeit völlig unberechenbar aus und trugen mit überraschenden Richtungswechseln genau zu dem emotionalen Auf und Ab bei, das einen nicht zu unterschätzenden Anteil an der Sause hatte. Auch dass sie gegen Ende einer Runde schneller und aggressiver wurden, fiel in Teil 4 ebenso der Schere zum Opfer wie die Löcher im Boden, durch die man am oberen Ende des Levels wieder herausfiel, was fiese Abkürzungen im Wettlauf um die meisten Punkte ermöglichte.

Besser spät als nie

Doch das sei nur der Vollständigkeit halber erwähnt. Ich rechne es den Entwickler jedenfalls hoch an, dass sie mit Bubble Bobble 4 nicht einfach nur Leichenfledderei an einem Götzen der Spielegeschichte betreiben, um den Fans von damals mit überteuerten Special-Editions das Geld aus der Tasche zu ziehen, sondern in einer feinfühligen Mischung aus liebevoller Hommage und vollwertiger Fortsetzung einem Klassiker der Spielegeschichte gleichermaßen Reverenz erweisen und dennoch dessen Spielkonzept weiterdenken, als sei es schon vor 30 Jahren erschienen.

Bubble Bobble 4 Friends - Announcement Trailer 2019
Announcement Trailer 2019 zu Bubble Bobble 4 Friends

Ist es damit vielleicht auch 30 Jahre zu spät dran? Nun, zweifellos sollte man Bubble Bobble 4 Friends nicht als Konkurrenten zu Mario Odyssey, Donkey Kong Country: Tropical Freeze und all den anderen modernen Jump‘n‘Runs sehen – das ist es nicht und will es auch nicht sein. Darüberhinaus mangelt es ihm an spielerischer Raffinesse, Umfang und einem gebührenden Drumherum, das Spiele heutzutage routinemäßig auszeichnet. Auch sollte man es auf keinen Fall alleine spielen – darauf ist das Spielprinzip nicht ausgelegt. Doch mit jedem zusätzlichen Spieler wird das Chaos größer und das Gejohle schon bald so laut wie damals.

Für Spieler von heute ist Bubble Bobble zweifellos in vielerlei Hinsicht nicht mehr zeitgemäß. Für die Fans von einst ist es aber das ideale Spiel, um es heute gemeinsam mit den eigenen Kindern zu spielen, die jetzt etwa im gleichen Alter sein dürften wie sie selbst damals, und mitzuerleben, wie deren und die eigene Freude an Videospielen (neu) entfacht wird …

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