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Special - Homosexualität : Von YouTube-Stars und Spieleredakteuren

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Interview: Redmaker* (Nickname, Realname der Redaktion bekannt)

Gameswelt: Stell dich bitte kurz vor. Was machst du in der Spiele-Branche?

Redmaker: Hi, ich bin der Redmaker! In der Branche bin ich hauptsächlich als Blogger und Livestreamer unterwegs, ein klassischer Fall von „Ich mach irgendwas im Internet“ also. Dabei habe ich keinen speziellen Fokus, sondern mache sozusagen mein Ding. Mal wird über alte Sachen vom NES geschrieben, dann sende ich was von der Dreamcast. Zwischendurch rege ich mich noch ein wenig über mangelnde Innovation aktueller Titel auf oder schwärme über irgendwas fürs Smartphone – wenn etwas zockbar ist, dann ist’s mein Ding.

Gameswelt: Mit dem Coming-out von Hitzlsperger ist das Thema "Homosexualität" in den Medien wieder in den Vordergrund gerückt. Seit wann weißt du, dass du dich zum gleichen Geschlecht hingezogen fühlst?

Redmaker: Eigentlich müsste ich jetzt „schon immer“ antworten, nur habe ich da nie wirklich drüber nachgedacht. Geoutet habe ich mich jedenfalls mit ungefähr 18, nachdem ich jemanden kennengelernt hatte. Da der nun mal ein Typ war und ich wusste, dass ich genau das will, war es dann ja recht offensichtlich.

Gameswelt: Die Spiele-Branche, allen voran Online-Communitys, gilt als relativ intolerant gegenüber Homosexualität. Ähnlich wie beim Fußball sind das Geschlecht sowie die sexuelle Orientierung eher kein Gesprächsthema. Wie hast du die Community erlebt?

Redmaker: Schwierige Frage, die ich nicht pauschal beantworten kann. Generell würde ich eher sagen: Das hat da nichts zu suchen. Damit meine ich, dass es schlicht keine Relevanz hat. Wenn ich mich mit jemandem über die Qualität eines Spiels unterhalte, irgendwelche Features ausdiskutiere oder einfach nur eine Runde Battlefield spielen will, tut es einfach nichts zur Sache. Andererseits kommt es natürlich immer vor, dass es dann eben doch eine Relevanz hat. Wenn zum Beispiel die liebsten Charaktere bei Soul Calibur das Thema sind, fällt halt schnell auf, wo meine Interessen liegen. Ich für meinen Teil kann jedenfalls sagen, dass ich bisher nicht wirklich damit Probleme gehabt habe. Natürlich findet sich hier und da immer mal wer, der dann mehr als nur ein paar dumme Sprüche auf Lager hat, generell ist’s den meisten allerdings egal. Wenn mich ein 12-Jähriger jetzt bei Halo als Schwuchtel bezeichnet, dann liegt es halt nie daran, dass ich schwul bin, ich habe ihn gerade nur plattgemacht. Damit kann ich leben.

Gameswelt: Hast du Probleme beruflicher Natur durch deine sexuelle Orientierung gehabt? Wenn ja: Was ist passiert und wie bist du mit diesen Problemen oder Nachteilen umgegangen?

Redmaker: Bisher hatte ich nur einen Fall, der da ein wenig extremer war. Bei meiner Ausbildung war leider auch jemand dabei, der seine komplett unterirdischen Kommentare nicht lassen konnte. Bis zu einem gewissen Punkt habe ich es toleriert, weil ich schlicht über so was stehen kann. Auch ohne hier den gesamten Kontext zu liefern zu wollen: Ein „Homosexuelle sind schließlich schuld an Aids“ war dann der berühmte Tropfen zu viel. Für mich endete der Tag dann mit einem kurzem Gespräch beim Chef, der dankbarerweise Verständnis hatte, für den Kollegen allerdings mit einer Abmahnung. Leider war es nicht die einzige, die er in der Zeit sammeln durfte (nicht nur durch mich), manche Leute sind leider unbelehrbar.

Gameswelt: Wie siehst du das Thema Homosexualität in Videospielen vertreten? Dort treffen wir in Verbindung mit homosexuellen oder Transgender-Charakteren oft auf alte Stereotype wie Schwäche oder extreme Verweiblichung.

Redmaker: Schwierige Frage. Einerseits, weil sich das Bild hier mit der Zeit tatsächlich wandelt, andererseits, weil es nicht überall gleich ist. Bei größeren Rollenspielen wie Mass Effect oder der Elder-Scrolls-Reihe ist es ziemlich normal, dass ich einen Charakter eben auch schwul spielen kann. Das Spiel gibt mir hier auch die Freiheit, eben das in der virtuellen Welt auszuleben. Der Fokus liegt natürlich nicht darauf, das finde ich persönlich aber auch nicht wichtig. Die Möglichkeit anzubieten reicht ja völlig. Ansonsten fällt mir neben den Sims nur wenig ein, wo Homosexualität überhaupt wirklich eine Rolle spielt. Bei Fahrenheit war ein Nebencharakter schwul, der Nachbar von Carla. Abgesehen von seiner kleinen, nebensächlichen Rolle war’s das allerdings auch schon. Positiv fiel mir tatsächlich vor kurzem GTA V auf – Trevor ist bi. Es wird auch in einigen Momenten fleißig diskutiert, was genau Trevor jetzt eigentlich ist, aber es wird schon ziemlich deutlich. Auch hier passiert das total beiläufig, aber genau das finde ich tatsächlich super! Trevor ist als Charakter dermaßen vielschichtig, dass das einfach nur ein kleiner, unbedeutender Teil von ihm ist – was also so ziemlich dem entspricht, wie ich es für mich selber auch empfinde. Wer mich nur darauf reduziert, dass ich schwul bin, hat eine merkwürdige Art, über Menschen zu urteilen.

Gameswelt: Inwiefern, glaubst du, muss und soll sich eine Spiele-Community mit der Sexualität anderer Spieler beschäftigen – auch in Spielen?

Redmaker: Diese Spiele-Community ist auch nicht viel anders als jede andere. Hier sind einfach eine Menge Emotionen dabei und natürlich hat jeder mehr recht als der andere. Auf YouTube und Co. sieht es in den Kommentaren halt nicht besser aus als im Voice-Chat einer durchschnittlichen Call-of-Duty-Runde.

Natürlich wäre es schön, mal weniger als Schwuchtel bezeichnet zu werden, nur wird das so schnell nicht passieren. Ich denke, man muss einfach deutlich sehen, was damit gemeint ist: Nicht meine Homosexualität wird angegriffen, sondern schlicht etwas gesagt, was mich verletzen, mich als verweichlicht hinstellen soll. Ich beachte das ehrlich gesagt nicht weiter, es ist einfach nicht persönlich gemeint und für mich nicht weiter wert, beachtet zu werden.

Allgemein finde ich, dass dieses Thema absolut nicht im Fokus stehen muss. Ja, es sollte "normal" sein. Solange es das nicht ist, darf und muss natürlich schon eine gewisse Präsenz ganz einfach passieren, damit dieser Normalstatus erreicht werden kann. Muss es dafür ständig das Topthema sein? Nein, absolut nicht. Wie ich gerade schon sagte: Wer einen Menschen nur auf seine Sexualität reduziert, übersieht einfach alles andere und hat eine sehr eindimensionale Sicht.

Gameswelt: Hast du über die vergangenen Jahre eine Veränderung der Menschen, was ihre Reaktion in Bezug auf deine Position in Sachen Sexualität und Videospiele angeht, bemerkt?

Redmaker: Bei den Videospielen ganz klar nein. Ich finde einfach, dass es hier keine große Relevanz hat. Ich würde mich über mehr schwule Charaktere freuen, natürlich. Einfach aus dem Grund, dass es für mich halt eine Normalität ist. Wir haben schwule Politiker, wir haben schwule Sportler, wir haben überall Menschen, die kein Geheimnis aus ihrer Sexualität machen – warum kommen also so wenige offen homosexuelle Charaktere in Spielen vor? Da sind Filme, Bücher und andere Medien einfach weiter, deswegen würde ich mir hier etwas mehr Mut wünschen, so was hier einfach mal zu machen. Was mein persönliches Leben angeht, gibt es schon eine spürbare Veränderung. Ich habe nie ein Geheimnis daraus gemacht und dankbarerweise kann ich auch kaum von schlechten Erfahrungen berichten. Allerdings merke ich schon, dass dieses Thema einfach viel seltener überhaupt ein Thema ist. Das ist gut, offensichtlich ist es immer weniger ein Problem, wenn man anders ist.

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Wir danken allen Beteiligten für die aufschlussreichen Gespräche und freuen uns, dass wir einen gemeinsamen Nenner finden mit der Bitte, dass alle ein wenig näher zusammenrücken und Respekt vor dem Gegenüber haben.

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