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Special - Spielserien-Förderung - Kolumne : Der Untergang der Kreativität

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Ubisoft verkündete vor Kurzem, nur noch Spiele zu produzieren, die für Fortsetzungen taugen. Daraufhin folgte internetweit eine ganze Reihe an besorgten Spielerreaktionen, die ich aber beim besten Willen nicht verstehen kann. Was bedeuten Fortsetzungen denn? Und sind große Reihen der Untergang von Originalität und Qualität? Ich denke nicht.

Einer der Kritikpunkte, die ich aufgeschnappt habe, ist die Befürchtung, dass Ubisoft mit dieser Entscheidung gegen kreative Ideen arbeite. Da mag zum Teil tatsächlich ein wenig Wahrheit drinstecken, schließlich fallen nicht umsonst vor allem Indie-Titel mit dem Mut zu Neuem auf. Dennoch koexistieren daneben große Serien, die den kleinen Kreativlingen nicht wehtun. Das macht das Angebot für uns Käufer nur bunter und es bleibt schlussendlich uns selbst überlassen, ob wir Neues probieren und fördern möchten oder unser Geld in große Serien stecken. Das eine kannibalisiert nicht das andere – oder nur so geringfügig, dass keine Seite gleich aufgefressen wird. Letztendlich setzt sich auf beiden Seiten ohnehin die Qualität durch.

Und genau darum geht es meiner Meinung nach auch bei Ubisofts Ankündigung. Klar wird da primär aufs Geld geschaut. Aber Ubisofts Vorhaben funktioniert eben nur, wenn die Qualität ihrer Spiele stimmen. Denn wer will schon eine Serie aus einem schlechten ersten Teil machen? Wo genau liegt – mit diesem Gedanken im Hinterkopf – dann der Nachteil für uns Spieler? Mit etwas Schwarzseherei höchstens bei den Nachfolgetiteln, die theoretisch(!) schlechter werden könnten. Aber bei welchem Spiel, ob nun Teil einer Serie oder nicht, ist das nicht so? Auch Spiele, die nicht zu einer etablierten Reihe gehören, entstehen unter Zeitdruck und bergen nicht nur deshalb ein ähnlich hohes Fehlerpotenzial.

Bug-Hölle dank Zeitdruck?

Beim Stichwort „Fehlerpotenzial“ erinnere ich mich natürlich sofort an Assassin’s Creed III. Der Auslieferungszustand war wegen zahlreicher Bugs im Vergleich zu den Vorgängern erschreckend. Trotzdem konnte das Spiel noch überzeugen. Sicher, nicht jeden, aber insgesamt war es meines Erachtens trotzdem ein würdiger Teil der Serie. Wenn wir schon bei Assassin’s Creed sind: Was wäre denn gewesen, wenn man es beim ersten Teil belassen und keine große Reihe daraus gemacht hätte? Wir hätten heute weder das klar bessere Assassin’s Creed II noch das großartige Assassin’s Creed: Brotherhood.

Ein weiterer Kritikpunkt ist die Möglichkeit, dass kleinere Titel keine Unterstützung mehr seitens Ubisoft erfahren könnten, wenn das Geld nur noch in große Spielserien fließt. Aber auch diese Befürchtung halte ich für übertrieben. Nehmen wir beispielsweise Trials HD. Der Titel war zweifellos großartig. Also was geschah? Mit Trials Evolution wurde ein ebenso großartiger Nachfolger geschaffen – unterstützt von Ubisoft. Weitere Teile folgen. Wieder hat die Qualität gesiegt und nebenbei zeigt das, dass große Reihen auch aus zunächst kleinen Titeln entstehen können. Ich würde mich wundern, wenn Ubisoft das von heute auf morgen plötzlich vergessen sollte.

Trials Evolution - Die Redaktion spielt
Felix, Kuro, Michi und David haben sich ins Studio verbarrikadiert um im 4er-Koop das neue Trials Evolution zu zocken - Schadenfreude inklusive.

Die bösen Werbetreibenden

Was ebenfalls nicht gut ankam, war die Aussage, man wolle in Zukunft mehr Geld ins Marketing stecken. Aber mal ehrlich: Wenn ein tolles Spiel erscheint, das nirgendwo beworben wird, wie viele Leute werden es niemals bemerken? Viele, sehr viele. Wäre das fairer den Entwicklern gegenüber? Zumal die Entwicklungskosten massiv zu steigen scheinen. Hierzu hat Kollege Andreas bereits einige Worte geschrieben, die ihr unter diesem Link nachlesen könnt.

„Wer nicht wirbt, stirbt“, heißt es oft. Ich mag den Spruch nicht, doch die darin liegende Wahrheit ist nicht zu verleugnen. Dass insbesondere das Etablieren von neuen Marken Geld schluckt, da man nicht auf einen bereits bekannten Namen zurückgreifen kann, dürfte klar sein. Aber generell gilt ohnehin: Produkte müssen beworben werden. Wird das auf schlechte Weise gemacht, beschwere auch ich mich gerne darüber. Erscheint aber beispielsweise so etwas wie das spektakuläre Skyrim-Werbevideo mit echten Schauspielern, verschicke ich den Clip sogar an Freunde – und war damit sicher nicht der Einzige im Netz, der das getan hat. Und wie entstehen solche Werke? Durch Geld, das ins Marketing gesteckt wird.

Mir sagt all das Folgendes: Nur weil ein großer Konzern offensichtlich – und wenig überraschend – Geld machen möchte, heißt das noch lange nicht, dass das zum Nachteil der Spieler ist. Zu leicht verarscht man sich selbst, wenn man das Gefühl hat, als kleiner David gegen einen großen Goliath kämpfen zu müssen. Gewinnmaximierung muss nicht zwangsweise der Tod der Leidenschaft sein. Große Spielserien müssen nicht automatisch herz- und seelenlose Fließbandfortsetzungen gebären. Und Ubisofts Entscheidung ist nicht der Untergang der Kreativität.

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