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Special - Spiel mit der Angst : Angst essen Seele auf

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Die Angst gehört zu den wichtigsten Emotionen, die uns Mutter Natur auf den Weg mitgab. Ohne Angst hätten sich unsere Vorfahren jeder noch so überwältigenden Gefahr gestellt – einfach weil sie diese gar nicht als Gefahr wahrgenommen hätten. Und ratzfatz wären wir aus der Evolutionsgeschichte ausradiert gewesen. Kurz gesagt: Erst die Angst sorgt dafür, dass wir nicht bewusst lebensgefährdenden Mist bauen.

(Anmerkung: Dieser Artikel wurde erstmals am 5. September 2012 veröffentlicht. Anlässlich des heutigen Tages haben wir uns dazu entschlossen, ihn - mit kleinen Aktualisierungen - aus unserem finsteren Artikelkeller wieder ans Tageslicht zu zerren.)

Heutzutage mangelt es an wirklichen Gefahren, denen wir nicht (fast) jederzeit ausweichen könnten - Menschen in Extremsituationen jetzt mal nicht mitgerechnet. Als Otto Normalbürger spielen wir inzwischen sogar mit der Angst. Wir lesen gruselige Bücher, sehen erschreckende Filme, begeben uns in Extremaktivitäten absichtlich an die Grenze zum Tod und saugen beunruhigende Nachrichten in den Medien auf wie Schwämme das Schmutzwasser. Das zeigt schon, wie wichtig uns die Erhaltung dieser Emotion ist. Wir erleben all diese Dinge und kommen am Ende doch wieder heil davon – die Erleichterung ist groß, das Glücksgefühl erhebend.

Isolation

Als Videospieler bekommen wir die Gelegenheit, Angst besonders intensiv zu erleben – zumindest verhältnismäßig intensiv in Anbetracht der äußerst hohen Sicherheit, in der wir uns beim Spielen normalerweise befinden. Ganz Hartgesottene steigern das Erlebnis noch durch einen gewissen Grad an Isolation. Es werden Kopfhörer aufgesetzt, um die Umweltgeräusche auszublenden. Das Raumlicht wird auf ein Minimum heruntergedreht oder gar ganz abgeschaltet, damit unser wichtigster Sinn – das Sehen – nur noch eine Realität wahrnimmt: die Realität im Spiel.

Amnesia: The Dark Descent - Gameplay Trailer
Zum PC-Titel Amnesia: The Dark Descent werden weiter fleißig Videoclips veröffentlicht.

Ab diesem Moment liegt es an den Spielentwicklern, uns einen Heidenschreck einzujagen. Oder die Angst von einer leichten Beunruhigung bis zum völligen Entsetzen langsam zu steigern. Schwieriger ist eindeutig Letzteres und nur wenige Spiele haben das bislang geschafft. In letzter Zeit ist besonders unter den „kleineren“ Titeln eine bemerkenswerte Entwicklung zu beobachten. Abseits der großen Blockbuster werden veraltete Regeln gebrochen, um dem Spieler jede Sicherheit zu nehmen. Je weniger so läuft, wie wir es bereits von Hunderten anderer Spiele kennen, desto wehrloser fühlen wir uns.

Schwäche und Unwissen

Amnesia: The Dark Descent erreicht das, indem es uns – im Gegensatz zu einem Großteil der anderen Spiele dieses Genres – zum schwächsten Glied in der Kette macht. Wir können uns nicht mit einer Pumpgun im Anschlag Monstern entgegenstellen. Wir werden nicht an immer dieselben Checkpoints zurückgesetzt mit dem beruhigenden Wissen, was vor uns liegt. Wir können uns nicht mal auf unsere (virtuellen) Sinne verlassen. Stattdessen müssen wir uns wie in unseren schlimmsten kindlichen Albträumen verstecken, sobald sich uns das unbekannte Entsetzen nähert. Wir sind schwach, wir sind verletzlich und der Tod wartet mit einer grässlichen Fratze vielleicht schon hinter der nächsten Ecke.

Slender reduziert das Erlebnis noch extremer. So sehr, dass man es fast schon eher als Angstexperiment und weniger als Spiel bezeichnen müsste. Es gibt – zumindest in der ursprünglichen Version – so gut wie keine Abwechslung in der Spielumgebung, keinen Handlungsrahmen außer die für das Erlebnis irrelevante Entstehungsgeschichte der Hauptfigur, die im Spiel selbst nicht erzählt wird. Und zu guter Letzt dauert das „Spiel“ gerade mal wenige Minuten. Definitiv nichts, in das irgendein gewinnorientierter Publisher Geld investieren würde. Und doch ist Slender bemerkenswert, weil es seinen Minimalismus zielgerichtet betreibt: Es will uns nur Angst machen.

Im Gegensatz zu Amnesia gibt es nicht mal wirkungsvolle Versteckmöglichkeiten. Stattdessen trampeln wir unangenehm laut im Verhältnis zur Stille im Gruselwald und lenken damit unausweichlich die Aufmerksamkeit von „etwas“ auf uns. Slender wirkt umso besser, je weniger man vorher über die Entstehungsgeschichte weiß, weshalb wir darüber an dieser Stelle den Mantel des Schweigens legen. Die Ungewissheit, was dieses „Etwas“ ist, steigert den Horror um ein Vielfaches.

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