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Special - Killerspiele : Der Streit beginnt

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    Samstagabend, ZDFinfo: „Killerspiele – der Streit beginnt“. Eine Dokumentation über unser liebstes Hobby, doch der Titel verheißt Unheil. Also zücke ich meinen Notizblock und bereite mich darauf vor, aus allen Wortkanonen zurückzufeuern. Ein Streit soll beginnen? Das können sie haben. Dass es letztendlich doch ganz anders kam als befürchtet, hätte ich mir eigentlich denken müssen. Schließlich steckt hinter der dreiteiligen Doku Christian Schiffer, Herausgeber des WASD-Magazins, sozusagen „einer von uns“.

    Gunnar Lott, ehemaliger Chefredakteur der Gamestar, nimmt sich gleich zu Beginn das Unwort „Killerspiele“ vor: Es sei diffamierend. Ich stimme zu und warte gespannt darauf, wie sich Schiffer des Themas annehmen will, nachdem er bereits einen so plakativen Titel gewählt hat. Dann kommt Pong. Wir sind im Jahr 1972. Oha, diese Dokumentation holt weiter aus als gedacht. Weitere bekannte Gesichter der Branche tauchen auf: unter anderem Andreas Lange, Direktor des Deutschen Computerspielmuseums, und Boris Schneider-Johne, Ex-Powerplay – jenes Heft, das mich damals den Entschluss fassen ließ, Spieleredakteur zu werden.


    (Death Race)

    Dazwischen präsentiert Schiffer das erste „Skandalspiel“: Death Race aus dem Jahr 1976. Gewalt wird darin laut den damaligen Kritikern geübt beziehungsweise trainiert. Danach tauchen die üblichen Verdächtigen auf: River Raid, Blue Max und so weiter. Mein Notizblock bleibt derweil leer. Warum sollte ich auch gegen Kritik ankämpfen, über die heute jeder nur noch amüsiert mit den Schultern zuckt? Ich warte auf die aktuellen Killerspielschreier. Doch sie kommen nicht.

    Wo ist die Gegenseite?

    „Killerspiele – der Streit beginnt“ müsste eigentlich „Killerspiele – wie der Streit begann“ heißen. Schiffer beschränkt sich – zumindest in diesem ersten von drei Teilen – auf eine historische Abhandlung des Themas. Zu Wort kommen keine schlecht informierten Streithähne, sondern durchgehend Menschen, die sich mit Videospielen auskennen. Es gibt keine konkurrierenden Parteien, keine kollidierenden Meinungen.

    Es ist ein angenehmer Frieden. Aber auch ein trügerischer, da die aktuellen Ankläger fehlen. Kritik wird nur in Szenen aus alten Dokumentationen gezeigt. Aktuell kommentiert wird das dann ausschließlich von Leuten, die Videospiele nicht verurteilen. Als wäre das „Killerspiel“-Problem ein längst vergangenes, dem heute ausschließlich mit Vernunft begegnet wird. Es wird nicht debattiert. Es wird von Debatten erzählt.


    (Blue Max)

    Emotionen bitte!

    Das alles geschieht sehr unaufgeregt. Schiffer ist bemüht, keinen seiner Gäste ins Fadenkreuz treten zu lassen – oder hat von vornherein niemanden mit einer kontroversen Meinung eingeladen. Er präsentiert ein sehr einseitiges Bild. Fast mag man glauben, es gäbe sie gar nicht, diese Killerspielschreier. Als wären sie so irreal wie Poltergeister. Der Gedanke gefällt mir, aber glauben kann ich nicht so recht daran.

    Auf ZDF.de findet sich folgender Text zur Dokumentation: „Killerspiele – kaum ein Wort in der deutschen Gaming-Landschaft ist so aufgeladen, kaum eine Debatte wurde so emotional geführt.“ Diese Emotionen fehlten mir hier. Dennoch ist es letztendlich schön, das Thema auch im Fernsehen mal ohne das übliche Geschrei präsentiert zu sehen. Christian Schiffers Beitrag wirkt in diesem Kontext wie ein schon lange notwendiges Gegengewicht. Ich bin gespannt auf die zwei folgenden Teile. Die Hoffnung auf eine tatsächlich stattfindende Debatte bleibt aber bestehen.

    Ein Schritt vor, ein halber zurück

    Direkt im Anschluss folgt auf demselben Sender „Videospiele – Revolution einer Generation“. Eine sehr allgemeine, umfassende Dokumentation die offensichtlich an Zuschauer gerichtet ist, die selbst keine Spieler sind. Darin wird das Gewaltspielethema ebenfalls kurz angeschnitten. Grand Theft Auto V taucht auf. Eine Stimme sagt, dass darin Menschen (Plural) gefoltert werden müssten, um weiterzukommen. Dann Schnitt zum nächsten Thema.

    Ich stelle mir vor, was die Leute, die keine Ahnung von GTA haben, nun denken müssen. So wird fast völlig nebenbei schon wieder ein falsches Bild vermittelt. Prompt wünschte ich mir, dass dann doch lieber alle Videospieldokumentationen so wären wie „Killerspiele – der Streit beginnt“: zwar leider arg betont auf Frieden bedacht, aber zweifellos gut recherchiert. Mit diesem ambivalenten Gefühl beende ich den Fernsehabend schließlich, lege meinen Notizblock beiseite und starte Mortal Kombat X.

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