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Test - Blackwater : Schuss ins Knie

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Luftgitarre war gestern, heute ballert man einfach mit der leeren Hand und dem Zeigefinger auf böse Terroristen. Dies ist die Grundidee des Kinect-Shooters Blackwater. Weshalb dieser Schuss aber gehörig nach hinten losgeht, lest ihr im folgenden Test.

Name verpflichtet?

Immer mehr Söldnertruppen scheinen in Krisengebieten mitzumischen. Eine der bekannteren dieser Art war die Firma Blackwater, die einst mit NATO und US-Streitkräften in Libyen und an anderen Brandherden der Welt kämpfte. Nach einigen blutigen Skandalen wurde die Söldnertruppe aufgelöst beziehungsweise agiert heute unter anderem Namen. Dieses zweifelhaften Erbes nehmen sich die Zombie Studios (SAW, Blacklight: Tango Down) an, um augenscheinlich mit kleinem Budget (die Lizenzkosten der Söldner dürften nicht allzu hoch gewesen sein) ein Kriegsspiel aus der Ego-Sicht zu fabrizieren.

Das klingt nach einem dubiosen Fall für die Spielegrabbelkiste, ist in Wahrheit aber schon durch den Kinect-Schwerpunkt etwas Aufmerksamkeit wert. Tatsächlich protzt Blackwater damit, der erste Militär-Shooter für das Bewegungserkennungszubehör auf Xbox zu sein. Damit ist er auch einer der wenigen Kinect-Titel, der eindeutig keine Gelegenheitszocker als Käufer ansprechen will. Eher noch Oldie-Fans scheinen auf den ersten Blick auf ihre Kosten zu kommen, orientiert sich der Rail-Shooter doch an Klassikern wie Virtua Cop, Time Crisis oder am Wii-Titel Dead Space: Extinction.

Vier Zonks in Nordafrika

Ihr schlüpft in die Rolle einer Viererbande an Blackwater-Söldnern, die in einem nordafrikanischen Land einen Diktator stürzen wollen und dabei möglichst den einen oder anderen unschuldigen Zivilisten vor dem Tod bewahren sollen. Je nach Spielabschnitt wechselt ihr zu einem anderen der vier Haudegen. Zwar haben die Entwickler merklich versucht, den vier Protagonisten Leben einzuhauchen. Aufgrund der mehr schlecht als recht erzählten Hintergrundgeschichte und des zuweilen unmotivierten Wechsels der Figuren bleibt dies ein gut gemeintes, letztendlich aber gescheitertes Unterfangen. Das liegt auch an den enorm lustlos eingesprochenen englischen Dialogen. Wenn etwa der Feind angreift, der Söldner aber nur ein monotones „Kontakt, Kontakt“ spricht, ist das irgendwo zwischen peinlich und unfreiwillig komisch anzusiedeln.

Blackwater - Tutorial Trailer
Wie es der Name schon verrät, handelt es sich hierbei um ein Tutorial zu Blackwater.

Peinlich ist auch die Inszenierung: Die Grafik erinnert an schwach präsentierte Titel aus der frühen PS2- oder Dreamcast-Ära. Weder Charaktere noch die Umgebung können auch nur ansatzweise mit dem aktuellen Grafikstandard mithalten – zu matschig die Texturen, zu eckig die Leveldetails, zu schlicht die Figuren. Dazu fehlt es an Spezialeffekten und einer dynamisch eingefangenen Action. Stattdessen wechselt das Geschehen von einer statischen Situation zur nächsten. Sobald ihr also alle Feinde erledigt habt, läuft euer Held zum nächsten Scharmützel. Aufgrund des lahmen Level-Designs und der tumben Gegner macht dies selbst hartgesottenen Arcade-Shooter-Anhängern wenig Spaß.

Luftgitarrengewehr zum Abgewöhnen

Das größte Problem von Blackwater ist aber die Steuerung: Ihr müsst ständig mittels Ducken und Seitwärtsbewegung in Deckung gehen. Mit ausgestrecktem Arm schießt ihr „automatisch“ auf Feinde, die ihr anvisiert. Auch die obligatorischen Fässer und Granaten sind vorhanden. Das Deckungssystem funktioniert selten gut, meistens eher schlecht. Noch ungenauer erfolgt die Zielerfassung – so kommt es häufig vor, dass ihr innerhalb von Sekunden das Leben lasst, weil eure Spielfigur nicht richtig in Deckung ging oder weil das Fadenkreuz wild um den Gegner herumspringt, obwohl ihr euren Arm ganz ruhig in Richtung Gegner ausgestreckt habt. Das ist frustrierend! Wobei: Die Tatsache, dass ihr jedes Mal wieder am Beginn des Levels beginnen müsst und somit locker durchaus fünfzehn Minuten bis zur Stelle des vorherigen Ablebens wiederholen müsst, ist noch frustrierender.

Die Willkür und die vielen Tode ohne eigenes Verschulden, gepaart mit der schwachen Steuerung und dem langweiligen Spielinhalt, machen Blackwater schon im ersten Level zur Tortur. Da passt es perfekt, dass selbst der Umfang und der Sound tiefer anzusiedeln sind als Saddam Husseins Erdloch. Wer übrigens glaubt, die alternative Controller-Steuerung sei besser, der irrt, denn dort fällt das Deckungssystem ebenfalls mangelhaft aus. Zum Schluss noch ein Wort zum Mehrspielermodus: Wer will (und das will niemand), der kann mit bis zu acht Kumpels antreten, wobei hier alle Spieler alleine nacheinander zocken, was zu einer langwierigen und vor allem für die nicht aktiven Spieler langweiligen Angelegenheit wird. Übrig bleibt das Rennen gegen die Zeit, um sich in eine Bestenliste einzutragen. Da man aber das Spiel mehrmals durchspielen muss, um ordentliche Zeiten abzuliefern, verzichten wir darauf gerne.

Fazit

von David Stöckli
Ich hätte gewarnt sein sollen, als sich beim ersten Kalibrieren das Kinect-Feintuning-Programm von Blackwater so hoffnungslos falsch einstellte, dass ich die Konsole neu starten musste … Ja, Zombie Studios, ich hab’s begriffen: Ihr wolltet unbedingt ein ganz böses Ballerspiel mit viel Militärpathos auf die Beine stellen und im Gegensatz zu den meisten anderen Kinect-Titeln keine Gelegenheitszocker ansprechen. Schön und gut, mit der miesen Qualität des Spiels sprecht ihr in Wahrheit aber überhaupt niemand an. Wer soll denn ein derart technisch vergeigtes und inhaltlich schwaches Spiel allen Ernstes kaufen? Bewegungssteuerung hin oder her, im Shooter-Sektor gibt’s unzählige andere um Welten bessere Spiele. Um diesen Bewegungssteuerungskrampf macht man besser einen großen Bogen.

Überblick

Pro

  • interessante Spielidee
  • Deckungsfunktion in einigen Momenten halbwegs brauchbar
  • Zwischensequenzen lassen sich abbrechen

Contra

  • katastrophales Level- und Figuren-Design
  • frustrierendes Checkpoint-System
  • unausgegorene Steuerung mit häufigen Aussetzern
  • mäßiger Umfang

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