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Test - Black Mirror : Horror-Klassiker für eine neue Generation

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Vermutlich kommt man in einem Artikel zu Black Mirror immer noch nicht umhin zu erwähnen, dass das Spiel mit der gleichnamigen Netflix-Serie nullkommanichts zu tun hat. Die Entwickler, die auf der Gamescom unermüdlich diesen Umstand enttäuschten Gesichtern erklären mussten, tun mir immer noch leid. Aber genug davon, Haken drunter. Lasst uns aufhören darüber zu sprechen, was Black Mirror nicht ist, sondern darüber, was es stattdessen ist.

Das Original von Black Mirror datiert zurück ins Jahr 2003 und war damals maßgeblich für die Renaissance von Adventurespielen mitverantwortlich. Die Gruselmär vom Geisterschloss und dem jahrhundertealten Fluch, der seine Bewohner heimsucht, fand seine beachtliche Zahl an Fans vor allem auch deshalb, weil es zwischen all den komödiantischen Monkey-Island-Verschnitten, die das Genre sonst am Fließband hervorbringt, zur Abwechslung einen ernsthaften, erwachseneren Ansatz wagte.

Black Mirror erzählte eine düstere Gothic-Horror-Geschichte in der Tradition von Edgar Allen Poes „Untergang des Hauses Usher“, eine Moritat über Wahnsinn, Mord und mit einem schockierenden Ende, das noch lange nachhallte. Wenngleich dieses und - wenn man ehrlich ist - Großteile der Story nicht nur recht unverfroren von einer ganzen Ahnenreihe an Vorbildern aus Literatur und Film zusammengeklaubt waren, sondern auch deren Fußstapfen im Rückblick betrachtet ein paar Nummern zu groß ausfielen, als dass Black Mirror sie ausfüllen konnte.

Das Reboot macht nun glücklicherweise nicht den Fehler, lediglich den Pfad abzuwandern, den der Klassiker seinerzeit schon beschritt. Stattdessen orientiert es sich grob an dessen Marschrichtung und pflastert die Straße dorthin neu. Black Mirror 2017 ist die erfrischend moderne Interpretation eines zeitgemäßen Adventurespiels und dadurch sowohl für Spieler geeignet, die die Vorgänger nie gespielt haben, als auch für eingefleischte Fans, die sich sofort heimisch fühlen, aber dennoch eine komplett neue Erfahrung machen.

Des Wahnsinns fette Beute

Das neue Black Mirror beginnt ganz ähnlich wie das alte: Der Vater des Protagonisten ist auf grausame Weise ums Leben gekommen, indem er sich bei einem abscheulichen Ritual selbst in Brand steckte. Der Sohn David Gordon, der seit Jahren keinen Kontakt mehr zu seiner Familie pflegte, reist aus dem fernen Indien nach Black Mirror Castle ins schottische Hochmoor, um die Erbschaftsangelegenheiten zu regeln. Doch schon die erste unheimliche Nacht in dem uralten Gemäuer wird zur Bewährungsprobe für seine Nerven.

David sieht auf einmal schemenhafte Gestalten, einen seltsamen Jungen, den es gar nicht geben kann, und verstörende Szenen zügelloser Gewalt. Sind es die Echos verschütteter Erinnerungen aus seiner Kindheit? Rastlose Geister, die um Hilfe flehen? Oder Visionen, die ihn auf die Fährte eines jahrhundertealten Druidenfluches führen wollen? Zunehmend zweifelt David an seiner geistigen Gesundheit, scheint dem Schicksal seiner Familie hilflos ausgeliefert, das bereits etliche seiner Vorfahren in den Wahnsinn trieb.

Seine Verwandten und das typische Ensemble der Hausangestellten, der Butler, Gärtner, Anwalt und die Dienstmädchen, sie alle scheinen jedenfalls mehr zu wissen als sie vorgeben und ihre eigenen Leichen im Keller zu haben – und das irgendwann nicht mehr nur sprichwörtlich. Denn bei seinen Nachforschungen stößt David schließlich auf eine Reihe vertuschter Morde und die Macht eines sagenumwobenen Schwarzen Spiegels, der seine dunkle Magie durch die Ritzen im Gemäuer unerbittlich in den Verstand jedes Schlossbewohners sickern lässt, bis diese dem Wahnsinn anheimfallen.

Dunkel ist die Nacht

Black Mirror beginnt mit einem Paukenschlag. Die Flucht des Vaters vor den Dämonen, die seine Seele peinigen und ihn zur Selbstentzündung treiben, die Schreie, treibende Musik, der geisterhafte Nebel des schottischen Moores, das alles setzt eine gelungene Marschrichtung für das unbestreitbare Aushängeschild des Spiels: die unheimliche Gothic-Horror-Stimmung wie aus einer Gruselgeschichte vom Lagerfeuer oder klassischen Spukschlossfilmen wie Bis das Blut gefriert. Wobei ... wohl doch eher Edel-Trash der Marke Die Frau in Schwarz.

Man muss Entwickler King Art ein großes Lob dafür aussprechen, auf welch geschickte Weise sie mit ihren bescheidenen technischen Mitteln diesem toten Gemäuer Leben einhauchen. Auch wenn hier kein Millionenbudget zur Verfügung stand, ist ihnen eine beeindruckend detaillierte Rekonstruktion dieser Burg des Schreckens gelungen. Wenn man in der ersten unheimlichen Nacht das Schloss erkundet, nur den Schein einer flackernden Kerze vor sich hertragend, während sie geisterhafte Schatten an die Wand wirft und die dunklen Ecken den Ahnungen und Albträumen überlässt, ist Black Mirror voll in seinem Element.

Black Mirror malt seine Stimmung, wie große Künstler es tun: mit Licht. Ein Großteil des Spiels findet bei unheilvollem Kerzenschein statt, bei flackerndem Kaminfeuer und überforderten Funzeln auf dem Schreibtisch. Das nächtliche Gewächshaus wirkt geflutet vom Mondschein so unwirklich verträumt wie ein Gemälde der Romantik, und in den seltenen Momenten, da sich das Sonnenlicht Bahn bricht, schneidet es sich regelrecht den Weg durch verbarrikadierte Fensterverschläge und Dachluken wie durch eine Wunde. Da verzeiht man dem Spiel auch gerne die bisweilen einbrechende Performance, hölzerne Animationen und minimalistische Gesichtsmimik.

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